Das Weserstadion erlebte am Freitag einen tollen Fußballabend: Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gewann das Endspiel um den Gruppensieg der Nations League gegen die Niederlande mit 4:0 (3:0) und zeigte im letzten Heimspiel vor der Europameisterschaft eine starke Leistung. Schon nach neun Minuten ertönte das legendäre Nebelhorn, als Linda Dallmann die frühe Führung für Deutschland erzielte. Lea Schüller erhöhte auf 2:0, ehe Sarai Linder noch vor der Pause nach einem Traumpass von Janina Minge zum 3:0 traf. In der zweiten Halbzeit schraubte Schüller das Ergebnis in die Höhe.
Beim ersten Spiel einer Frauen-Nationalmannschaft überhaupt im Weserstadion war die Stimmung fantastisch. Damit erfüllten sich die Hoffnungen von Bayerns Nationalspielerin Klara Bühl, die dem Spiel in diesem Stadion „mit Gänsehaut“ entgegengefiebert hatte. Die Mittelfeldspielerin gab zu: „Tatsächlich war ich anfangs immer ein bisschen skeptisch, wenn wir hier im Norden gespielt haben, weil ich ja aus dem Süden komme. Aber schon das Spiel in Rostock hat mir gezeigt, dass hier oben schon auch was abgeht.“ Und wie! Schon nach wenigen Minuten schwappte stimmungsvoll die Welle über die Ränge. 32.398 Zuschauer waren gekommen.
Die Bremer Fans waren bereits beim Frauen-Pokalfinale vor einigen Wochen in Köln positiv aufgefallen, als sie trotz Werders Niederlage gegen Bayern für eine tolle Atmosphäre sorgten. Jetzt gab es auch beim Länderspiel einen schönen Rahmen. „So viele Zuschauer im Weserstadion: Bremen kann inzwischen wirklich Frauenfußball“, freute sich Werders Frauenfußball-Abteilungsleiterin Birte Brüggemann auf der Tribüne. Sie hat den Frauenfußball beim SV Werder einst mitbegründet und aufgebaut. Sie wirkt als Herz und Motor der Abteilung bei den Grün-Weißen und erntet mit so emotionalen Abenden nun die Früchte einer lange Zeit mühsamen Arbeit.
Schön für Brüggemann und das heimische Publikum: Mit der gebürtigen Bremerhavenerin Giovanna Hoffmann war eine Spielerin aus der Region dabei, auch wenn sie zunächst auf der Bank Platz nahm, weil Bundestrainer Christian Wück das Spiel gegen die Niederlande rund einen Monat vor der Europameisterschaft mit der besten Elf begann. „Das ist ein Fußball-Märchen“, schwärmte Brüggemann über den Auftritt der 26 Jahre alten Hoffmann im Weserstadion. Zu Wochenbeginn hatten sich beide in Bremen zum Essen getroffen und in Erinnerungen geschwelgt. Brüggemann: „Ich freue mich riesig für sie. Es ist großartig, dass eine Spielerin, die bei Werder groß wurde, nun mit der Nationalmannschaft in ihr Wohnzimmer zurückgekommen ist.“
Von Bremen war Hoffmann im Sommer 2020 zum SC Freiburg gewechselt, inzwischen spielt sie für RB Leipzig. Auch Bundestrainer Wück ist von der Angreiferin überzeugt. Er halte „sehr, sehr viel“ von Giovanna Hoffmann, betonte Wück während der Trainingswoche in Bremen, „sie hat ihr erstes Spiel in Wembley von Anfang an gemacht, hat sich dort sehr gut eingefügt und ihre Qualitäten auf dem Platz gezeigt“. Hoffmann sei „eine Mittelstürmerin, so wie wir sie uns alle vorstellen. Sie hat Qualitäten, den Ball festzumachen. Sie schießt Tore. Sie hat eine gewisse Körpergröße, um den Ball zu verteidigen und den Ball zu verteilen“. Es dürften also noch einige Länderspiele auf Hoffmann zukommen. Im Weserstadion kam sie zu ihrem sechsten Einsatz im Deutschland-Trikot.
In Zukunft könnte das DFB-Team noch mehr grün-weiße Berührungspunkte haben, wie Wück dieser Tage andeutete. Der Bundestrainer lobte die drei Bremer U23-Nationalspielerinnen Sophie Weidauer, Larissa Mühlhaus und Tuana Mahmoud. Weidauer war für das Spiel in Bremen bereits auf Abruf nominiert. Er habe das Trio im Blick, jedoch müssten sie sich gegen starke nationale Konkurrenz auf ihren Positionen durchsetzen.
So sieht das auch Birte Brüggemann, die alle drei bestens kennt. Weidauer, Mühlhaus und Tuana Mahmoud seien „hochinteressante Spielerinnen, die aber noch in der Ausbildungsphase sind“. Werders Abteilungsleiterin betont: „Ich glaube, wir müssen manchmal auch ein bisschen Geduld haben.“ Sie habe aber, ähnlich wie Wück, „absolut die Fantasie, dass die drei in geraumer Zeit auch noch mehr durchstarten können“.
Für eine gilt das komischerweise nicht: Michelle Ulbrich, Werders Rekordspielerin. Die gebürtige Bremerin war zuletzt an den FC Bayern ausgeliehen, von dort kehrt sie aller Voraussicht nach zur neuen Saison zurück, wenn nicht ein anderer Topklub der Bundesliga noch bei ihr zugreift. Wück stellte unter der Woche fest, dass die Abwehrspielerin für den Defensivverbund der Nationalmannschaft keine Rolle spiele.
Werders erste Nationalspielerin war übrigens Sarah Günther-Werlein. Auch sie war gegen die Niederlande im Weserstadion. Der Deutsche Fußball-Bund hatte sie zu diesem stimmungsvollen Fußballabend eingeladen.
Mit dem schwarz-rot-goldenen Rückenwind aus Bremen reist die deutsche Mannschaft nun zum letzten Nations-League-Spiel nach Österreich, bevor die heiße Vorbereitungsphase für die EM in der Schweiz (2. bis 27. Juli) beginnt.