Was sich in den vergangenen Wochen zwischen Diyar Kücük, der SV Hemelingen, dem Brinkumer SV und dem Bremer Fußball-Verband abgespielt hat, ist ein Transfer-Theater in mehreren Akten. Es ist ein Wechselwirrwarr mit interessanten Wendungen und einem überraschenden Finale. Doch der Reihe nach: Im Dezember teilt Diyar Kücük der SVH mit, dass er den Verein in Richtung Brinkum verlassen möchte, im Januar streiten sich die beiden Klubs über die Freigabe, die schließlich gerichtlich verweigert wird, im Februar kehrt Kücük zur SV Hemelingen zurück – und wird dann doch bis Ende Mai gesperrt.
Nach heutigem Stand wurde also nichts aus dem erhofften Happy End. So wollten es der Spieler und sein ebenso alter wie neuer Verein ja verstanden wissen. „Ich habe Hemelingen vermisst“, so Diyar Kücük. Mehr möchte der Kicker nicht beitragen zum Thema. Sein Trainer ist da schon deutlich auskunftsfreudiger. „Jeder hat eine zweite Chance verdient“, sagt Günter Tuncel. Man habe in den vergangenen Wochen jedenfalls gute Gespräche geführt: „Diyar fühlt sich pudelwohl in Hemelingen, sonst wäre er ja auch nicht zurückgekommen.“
Der SVH-Coach legt allerdings Wert auf die Feststellung, dass er die Entscheidung zugunsten dieser Rückkehr nicht allein mit seinem ebenfalls zum Trainerteam zählenden Bruder Feyhat getroffen hat. „Die ganze Mannschaft hat sich für Diyar ausgesprochen“, betont Günter Tuncel. Was er nicht sagt: Mit seinem Comeback im SVH-Trikot schien sich Diyar Kücük überhaupt erst wieder die Chance auf Pflichtspieleinsätze in den kommenden Monaten zu verschaffen. Er war ja bereits nach seinem Wechsel zum Brinkumer SV für sechs Monate gesperrt worden.
Die Geschichte begann etwa Mitte Dezember: Der Brinkumer SV wollte sich in personeller Hinsicht neu aufstellen und hatte dabei ein Auge auf diverse Kicker der SV Hemelingen geworfen. Auch Diyar Kücük, Torschützenkönig der Vorsaison und mit 15 Toren aktuell treffsicherster SVH-Kicker, stand auf der Brinkumer Wunschliste. Sie warben offenbar mit Erfolg um die Dienste des Kickers, denn dieser teilte der SV Hemelingen dann mit, zur Winterpause nach Brinkum gehen zu wollen. Allerdings ist es mit einem mündlichen Hinweis ja nicht getan: Die Spielordnung des Bremer Fußball-Verbandes erfordert eine Abmeldung bis zum 31. Dezember per Einschreiben. Am 19. Dezember gab Kücük also ein Dokument auf. Er wollte auf Nummer sicher gehen und zog deshalb das Einschreiben mit Rückschein (Porto zuzüglich 4,85 Euro) dem Einschreiben Einwurf (Porto zuzüglich 2,35 Euro) vor.
Es gab aber ein Problem: Die Geschäftsstelle der SV Hemelingen war nicht besetzt, und so erfolgte lediglich die schriftliche Benachrichtigung an den Verein, dass ein Einschreiben in der Postfiliale wartet. Da es jedoch nicht abgeholt wurde, erhielt Diyar Kücük seine Abmeldung im Januar zurück. Immerhin konnte der Spieler damit aber nachweisen, die SVH per Einschreiben kontaktiert zu haben. Seine vermeintliche Abmeldung zum 20. Dezember 2023 nahm man auf der Passstelle des Bremer Fußball-Verbandes zum Anlass, den Spieler am 4. Januar entsprechend eines Online-Antrages des Brinkumer SV freizugeben. Das ist offenbar auch nicht unüblich: Dem abgebenden Verein wird entsprechend der Spielordnung eine Frist von zwei Wochen gegeben. Nimmt er die geforderten Eintragungen im DFB-Net dann nicht vor, erfolgt die Freigabe – quasi von Amtswegen. Erfolgt allerdings ein Einspruch gegen diese Freigabe – wie durch die SVH am 9. Januar eingelegt – wird ein Problem daraus.
Die Sportrichter des BFV pfiffen die Passstelle des BFV nach diesem Einspruch jedenfalls zurück und widerriefen die Freigabe. Dabei ging das Sportgericht davon aus, dass Kücük sich gar nicht ordnungsgemäß bis zum 31. Dezember abgemeldet habe und schon deshalb für sechs Monate zu sperren sei. Das vermeintlich sichere Einschreiben mit Rückschein sei nämlich nicht das Mittel der Wahl. Der Kicker wäre mit einem Einschreiben Einwurf besser gefahren. Weil „er allein das Risiko eines rechtzeitigen Zugangs seiner Abmeldeerklärung“ trägt, ginge die nicht erfolgte Zustellung zu seinen Lasten. Das Verbandsgericht bestätigte diese Entscheidung in der Berufungsverhandlung am 1. Februar, und so galt Diyar Kücük als gesperrt bis zum 25. Mai.
Der vom Brinkumer SV in dieser Sache angerufene DFB hielt sich derweil raus und verwies auf die Entscheidungskompetenz des Landesverbandes. „Seitdem ist das Thema für uns erledigt“, sagt Jogi Bender, Vorstandsmitglied der Brinkumer. Er sei allerdings schon „zermürbt“ angesichts der Vorgänge dieses Wechselspiels. Man habe sich unter den Verantwortlichen trotzdem ziemlich schnell auf eine Freigabe Kücüks für die SVH einigen können: Fußballer sollten schließlich Fußball spielen dürfen. Der gute Wille allein war es aber offenbar nicht, der die Rückkehr ermöglicht hat: Nach Informationen des WESER-KURIER hatte Brinkum 4500 Euro für die insgesamt vier Hemelinger Zugänge gezahlt. Ein Teil dieser Summe floss nach dem geplatzten Wechsel zurück.
An diesem Montag folgte nun die vorerst letzte Episode in dieser Transferposse: Der BFV sperrte Kücük nun auch für die SV Hemelingen. Er hatte schließlich nach verweigerter Freigabe einige Testspiele mit Brinkum absolviert, und das entspricht auch nicht der Spielordnung. Günter Tuncel ist ziemlich bedient angesichts dieses Vorgangs: „Wir haben extra nachgefragt und keinen Hinweis auf die Anwendung dieser Regel erhalten.“ Man ahnt es: Fortsetzung folgt.