Bei einem Fußballspiel entscheiden regelmäßig Kleinigkeiten. In der Partie zwischen dem Bremer SV und dem SV Atlas Delmenhorst in der Regionalliga Nord war es der eine Schritt, den Onur Uzun in der 78. Minute zu spät kam. Der insgesamt durchaus souveräne, wenn auch kleinlich pfeifende, Schiedsrichter Adrian Höhns schickte den Bremer mit der Ampelkarte vom Feld. Eine sehr harte Entscheidung. Immerhin handelte es sich nur um ein Foul in der Hälfte der Delmenhorster und wirklich hart traf Uzun seinen Gegenspieler nicht. In Gleichzahl stand es 2:2, doch die Gäste von der Delme erzielten in Überzahl noch zwei Treffer, siegten mit 4:2 und nahmen so alle drei Punkte mit auf die kurze Heimreise. Der BSV sackte dadurch auf Platz 17 ab, der gleichbedeutend mit dem Abstieg wäre. Atlas kletterte ins Mittelfeld und brachte nun fünf Punkte zwischen sich und den Aufsteiger.
Marco Stefandl, der von Uzun gefoult wurde, hätte den Platzverweis eher nicht gegeben. „Er trifft mich auf dem Spann, weil ich einen Schritt schneller nach einem ungenauen Pass war. Vielleicht reicht da auch eine Ermahnung. Mit etwas mehr Fingerspitzengefühl lässt er ihn drauf“, ordnete der Rechtsverteidiger ein. Atlas-Coach Key Riebau wusste um die Bedeutung der Entscheidung: „Das hat uns natürlich geholfen. Aber ich denke, dass wir auch in Gleichzahl noch gewonnen hätten“.
Atlas geht in Führung
Bis zur 78. Minute sahen die 1080 Zuschauer am Panzenberg eine ausgeglichene Partie, in der die Bremer vor allem auf lange Bälle und Standards setzten und Atlas es über Kombinationen und Konter versuchte. Vor allem Uzun war es neben den BSV-Verteidigern, der für Torgefahr sorgte. Der Bremer setzte den ersten Abschluss über den Kasten (2.) Danach entwickelte sich eine Partie mit viel Tempo auf dem sehr kleinen BSV-Platz. Atlas-Torjäger Dimitrios Ferfelis scheiterte mit einem Lupfer aus der Distanz (3.).
Den ersten Treffer markierten die Gäste mit der ersten Großchance in diesem Derby. Mattia Trianni wurde zunächst geblockt, doch seine zweite Hereingabe kam genau in den Lauf von Willem Hoffrogge, der das Leder mit dem Kopf unter die Latte zur 1:0-Führung wuchtete (17.). Die Partie wogte nun hin und her, da beide Teams es sehr schnell mit Bällen in die Spitze versuchten. Nikky Goguadze erreichte einen solchen über links. Seinen Schuss touchierte Atlas-Schlussmann Eike Bansen, sodass Lamine Diop am langen Pfosten knapp vorbeirutsche. Kurz nach der folgenden Ecke konterten die Gäste über Trianni, der aus guter Position jedoch zu schwach und unplatziert abschloss, sodass Damian Schobert im BSV-Tor hielt.
BSV nach Standards stark
Ein großes Geheimnis ist es nicht, dass der BSV über Einwürfe gefährlich ist, zu verteidigen ist das dennoch kaum. Der 2,02 Meter große Kevin Kling nutzte seine Größenvorteile in der 29. Minute und köpfte einen Einwurf über Bansen ins lange Eck zum 1:1. Uzun hatte kurz darauf nach einer Flanke von Jan-Luca Warm die BSV-Führung auf dem Kopf (34.) und wenig später per Dropkick auf dem Fuß (38.) – den ersten Abschluss hielt Bansen, der zweite streifte am Pfosten vorbei. Auch Atlas hatte noch eine Chance: Einen abgefälschten 18-Meter-Schuss von Lamine Touray klärte Schobert mit einer guten Parade zur Ecke. Diese köpfte Ferfelis ins Netz, foulte dabei jedoch (43.). Leistungsgerecht ging es mit 1:1 in die Kabinen.
Aus diesen kamen die Bremer besser und gingen direkt mit 2:1 in Front: Bjarne Kasper köpfte eine Ecke aus kurzer Distanz in die Maschen (47.). Aus ähnlicher Position kam Kling nach einem weiteren Standard nur zwei Zeigerumdrehungen später zu einem Kopfball, setzte das Leder jedoch drüber (49.). „Das war die Riesenchance zum 3:1. Was wir heute wieder verschossen haben... Das zieht sich seit drei Spielen. Wir müssen uns da mehr belohnen, aber das haben wir nicht hinbekommen“, meinte BSV-Coach Torsten Gütschow.
Atlas nutzt Überzahl
Statt 3:1 stand es nach 49. Minuten 2:2. Atlas nutzte den Ballbesitz nach der Kling-Gelegenheit zum Ausgleich. Trianni trieb das Leder durchs Mittelfeld, legte links auf den afghanischen Nationalspieler Mustafa Azadzoy ab, der auf Trianni zurückpasste. Dessen Abschluss trudelte zu Lamin Touray, der ins leere Tor einschoss.
Zwei gute Distanzschüsse – Uzun für den BSV (56.) und Nico Matern für Atlas (75.) – fanden nicht ihr Ziel. Es folgte der Platzverweis und eine Druckphase der Gäste. Einen schönen Angriff über Matern und Julian Stöhr vollendete Ousman Touray am langen Pfosten zum 3:2 (85.), den 4:2-Schlusspunkt setzte der ebenfalls eingewechselte Steffen Rohwedder (90.).