Werders Handball-Trainer Robert Nijdam hat jetzt ein Problem. Seine Zweitliga-Spielerinnen Naomi Conze und Sarah Seidel sowieso. Bei den beiden jungen Damen sind die Kreuzbänder gerissen. Was bei ihrem Coach zu Sorgenfalten führt. Conze und Seidel fallen beim Zweitligisten mindestens bis zum Ende dieses Jahres aus. „Wen es auch immer trifft: Für diejenige ist es ganz bitter und hart“, sagt Nijdam und fühlt mit seinen Spielerinnen mit. „Für uns als Mannschaft reicht das jetzt aber auch!"
Gut fünf Wochen vor dem Saisonstart hätte es die Grün-Weißen kaum schlimmer erwischen können. Den Ausfall von Naomi Conze erlebte der Niederländer am Fernseher mit. Seine linke Rückraumspielerin war mit der deutschen Nationalmannschaft bei der U19-Europameisterschaft im slowenischen Celje im Einsatz. Nijdam hatte Mitte Juli den Livestream eingeschaltet, als das deutsche Team in der Zwischenrunde auf Schweden traf. Bis dahin war Naomi Conze die Topwerferin der deutschen Equipe. Ihr 25. EM-Treffer wurde ihr zum Verhängnis. Conze ging nach dem erfolgreichen Sprungwurf zu Boden und musste anschließend, gestützt auf zwei helfende Schultern, humpelnd vom Feld begleitet werden. „Man hofft ja immer, dass es nichts Schlimmes ist", sagt Robert Nijdam. Es half nichts. Zurück in der Heimat brachte eine MRT-Untersuchung die tragische Diagnose ans Licht.
Sarah Seidel war im Training umgeknickt – mit dem gleichen niederschlagenden Ergebnis wie bei Naomi Conze. Wenige Tage nach ihrem 20. Geburtstag. Apropos Kreuzbandriss: War da beim SV Werder vor gar nicht langer Zeit nicht schon mal etwas? Leider ja. Die Misere hatte mit dem Neuzugang Chiara Thorn begonnen. Sie hatte sich beim Thüringer HC einen Kreuzbandriss zugezogen, nachdem die Grün-Weißen mit ihr für die Saison 2021/22 einig geworden waren. Da das mittlerweile einige Zeit her ist, befindet sie sich nun in der Reha-Phase.
Am 16 Spielerinnen umfassenden SVW-Kader gehen solche Ausfälle nicht spurlos vorbei. „Ich kann jetzt im Training nicht einmal mehr Sechs-gegen-sechs spielen", erklärt Robert Nijdam, „da muss ich kreativ sein.“ Schaut sich der SV Werder deshalb jetzt nach einer weiteren Neuverpflichtung um? Sechs haben die Grün-Weißen ja schon an die Weser geholt. „Das werden die nächsten Wochen zeigen", sagt Werders Handball-Chef Martin Lange und verweist an seinen Trainer. „Ich weiß es nicht", antwortet der. „Leicht würde das so kurz vor dem Saisonstart nicht sein. Man muss die Augen und Ohren aber sowieso immer offen haben“, ergänzt er.
Der Niederländer sieht seine Mannschaft auch so für die kommende Spielzeit als gut gerüstet an. Sie hat sich im Laufe der Spielzeit 2020/21 gut entwickelt. „Mit dem Kader der vergangenen Saison wären die Ausfälle schlimmer gewesen", legt Nijdam sich fest.
Er kann im linken Rückraum anstelle von Naomi Conze mit Merle Heidergott und Lena Thomas immer noch zwei erfahrene Spielerinnen aufbieten, auf Linksaußen den Neuzugang Jenice Funke (vom SV Union Halle-Neustadt). Die hatte beim ersten Testspielsieg vor einer Woche gegen den BV Garrel (39:23) mit zehn Toren gleich auf sich aufmerksam gemacht und war damit die beste Werferin ihres neuen Teams. Robert Nijdam freut sich besonders darüber, dass sich Funke vom Siebenmeter als treffsicher erwies. „Sie könnte damit Rabea Neßlage ersetzen und zusammen mit Denise Engelke ein gutes Duo bilden", meint der Trainer. Neßlage hatte zum Ende der vergangenen Saison als SVW-Urgestein – und Strafwurfschützin vom Dienst – die Handball-Schuhe ausgezogen.
Zufrieden ist der Werder-Trainer auch mit den bisherigen Leistungen der anderen Neuen. Am Kreis hinterließ Meike Becker einen guten Eindruck, dasselbe galt im rechten Rückraum für die Linkshänderin Mathilda Häberle. Die beiden Junioren-Nationalspielerinnen hatten vorher beim TuS Metzingen gespielt. Auf der Angriffsmitte habe Patricia Akalovi? (SFN Vechta) gezeigt, „dass sie uns weiterhilft“, sagt Robert Nijdam. Auch die Rechtsaußen Elaine Rode (BSV Sachsen Zwickau) liefert eine engagierte Vorstellung ab.
Am kommenden Sonnabend testet der SV Werder weiter. Gegner ist um 16 Uhr in der Klaus-Dieter-Fischer-Halle der Erstligist Buxtehuder SV. „Es steht aber noch nicht fest, wie viele Zuschauer in die Halle dürfen", betont Martin Lange. Werders Nina Engel ist auf jeden Fall mit dabei. Die Linkshänderin hatte mit Conze bei der U19-EM gespielt, danach gab Robert Nijdam ihr eine Woche frei. Seit Montag dieser Woche ist sie wieder in Werders Mannschaftstraining.