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Sportwetten im Amateurfußball Alle müssen hinsehen und handeln

Sportwetten sind im Amateurfußball schön länger ein Übel, auch in Bremen. Getan hat sich trotz einiger Hilferufe wenig. Das ist erstaunlich, meint Jean-Julien Beer.
26.08.2024, 05:00 Uhr
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Alle müssen hinsehen und handeln
Von Jean-Julien Beer

Mit großer Wucht hat die ARD-Dokumentation über illegale Sportwetten im Amateurfußball ein Thema ins Bewusstsein gebracht, das in Bremen und anderen Regionen Deutschlands schon längere Zeit ein Problem ist. Mit nur einem Klick im Internet können bei internationalen Wettanbietern große Summen auf Spiele der fünftklassigen Bremen-Liga gesetzt werden. Und das seit Jahren. Umso erstaunlicher ist es, wie wenig die Glücksspielbehörde oder der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nun zu dem heiklen Thema beitragen konnten. Nichts davon gewusst, es gibt kein Problem, das müssen wir uns mal genauer ansehen – so klingen die ernüchternde Aussagen.

Das ist umso erstaunlicher, weil Bremer Vereine schon im Oktober 2021 um Hilfe riefen. Damals berichtete der WESER-KURIER über die dubiosen Wetten auf Spiele der Bremer Oberliga. Viele Vereine in der Hansestadt erhielten schon da aggressive Nachrichten von Wettern aus Singapur, Katar und Saudi-Arabien. Die anonymen Absender bedrohten Spieler und Trainer in gebrochenem Englisch sogar mit dem Tod, wenn sie wegen einer Niederlage Geld verloren hatten. Vereine wie BSC Hastedt und Blumenthaler SV machten damals deutlich auf das Problem aufmerksam und baten die zuständigen Stellen auch deshalb um Hilfe, damit Spieler der Bremer Amateur-Liga nicht anfällig werden für Spielmanipulationen.

Düsteres Bild in der Bremen-Liga

Hört man sich heute in dieser Liga um, ergibt sich – stets hinter vorgehaltener Hand – ein düsteres Bild. Viele berichten, dass die Wetten zum Alltag gehören. Es gibt Trainer, die sehen ihre Spieler vor dem Anpfiff in der Kabine, wie sie auf den Mobiltelefonen nachschauen, auf was man in ihrem gleich stattfindenden Spiel wetten kann. Dann gehen sie raus und spielen. Trainer, die auch im benachbarten Niedersachsen Mannschaften betreut haben, sehen das Problem in Bremen deutlich stärker verbreitet, ohne dass sie sich das erklären können. Der Bremer Sport- und Innensenator Ulrich Mäurer, der seit Jahren für ein bundesweites Verbot von Sportwetten und ­deren Werbung kämpft, muss also gar nicht weit schauen, um die Auswüchse zu erkennen.

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Klar ist: Zwischen den oft existenzbedrohenden Folgen einer Spielsucht auf der einen Seite und leicht möglichen Spielmanipulationen auf der anderen bleibt wenig Raum für fröhlichen Amateurfußball, wenn hier keine Grenzen gesetzt und eingehalten werden.

Keine Macht den Drogen, aber dafür Sportwetten?

Klar ist aber auch: Fußballverbände und auch viele Profiklubs haben wenig Interesse, beim Thema Sportwetten eine grundsätzlich ablehnende Haltung zu entwickeln, weil sie von dem Geld profitieren, das in diesem Markt zu verdienen ist. Unzählige Wettanbieter und Glücksspielbetreiber sind Partner des deutschen Fußballs, das gilt für den DFB, die Landesverbände und Profiklubs. Mit ihrer Werbung für diese Partner, in der oft die Stars der Mannschaften auftreten, tragen sie zu einer Verharmlosung bei. Die Fans werden emotional angestachelt, dort mitzumachen, statt sich der Gefahren durch Sucht und Geldverluste bewusst zu werden. Wer öffentlichkeitswirksam „Keine Macht den Drogen“ propagiert, dann aber für Sportwetten wirbt, der offenbart eine Schieflage in seinem Wertegerüst.

Der Fußball muss sich auch selbst helfen

Vom Profifußball zum Amateursport ist es nicht weit. Hier tummeln sich die Millionen Fußballfans. Auch wenn es hierzulande verboten ist, auf Jugend- und Amateurspiele zu wetten, so passiert es offenkundig über ausländische Plattformen trotzdem.

Ein wenig kann und muss sich der Amateurfußball auch selbst helfen, indem Spieler von ihrem Verein ausgeschlossen werden, die sich vor einem Spiel über Wettmöglichkeiten informieren – egal, wie gut diese Akteure sind. Wer will einen Kollegen haben, der vielleicht extra Fehler macht? Spieler, die auf eigene Partien wetten, gehören gesperrt und geächtet. Schon der Versuch, eine Spielmanipulation im Vorfeld anzubahnen, muss gemeldet werden. Der Bremer Fußball-Verband hat viele Möglichkeiten geschaffen, um sportgerichtlich vorzugehen. Aber dazu müssen die Übeltäter benannt werden. Daran hapert es. Hinsehen und handeln – das ist jetzt gefordert. Das gilt für Spieler, Trainer und Funktionäre.

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