Wenn sich Florian Wellbrock in seiner Magdeburger Wohnung zum Frühstück einen Kaffee holt, kommt er mit dem Becher in der Hand an einer Vitrine vorbei. Der Schwimmer hat dann immer ein leichtes Lächeln auf den Lippen. Denn der Blick auf die Auslage dieser Vitrine macht ihm Tag für Tag aufs Neue bewusst, was er Großartiges erreicht hat. Der gebürtige Bremer Florian Wellbrock hat bei den Olympischen Spielen in Tokio Gold gewonnen über zehn Kilometer Freiwasser, dazu im Becken die Bronzemedaille über 1500 Meter Freistil. Letztere hatte er eigentlich seinem Vater vermachen wollen, „der hat sie aber dankend abgelehnt“, erzählt er.
Beide Medaillen sind also in Magdeburg verblieben und haben ihren Platz in eben dieser Vitrine gefunden. Wenn Florian Wellbrock diese Medaillen anschaut, spürt er jedes Mal wieder die Geschichte dieser Spiele, seine Geschichte. Der Doppelweltmeister von 2019 durchlebt dann die Tragik der verpassten Chancen im Becken bis hin zum Triumph in der Bucht vor Tokio. So eine Goldmedaille habe er unbedingt gewinnen wollen. „Das ist etwas ganz Besonderes“, sagt Wellbrock. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, was das für einen Wert für mich hat.“
Etwas mehr als acht Wochen ist dieser Gold-Coup nun her. „Mit geht es bestens“, sagt der 24-Jährige im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Der Olympiasieger ist in aller Munde – immer noch. Die Medien reißen sich um ihn, Wellbrock ist ein gern gesehener Gast oder Gesprächspartner. Jüngst erst weilte er in der Kongresshalle in Leipzig, wo ihm für seinen Olympiasieg die Goldene Henne verliehen wurde. Anzug, weißes Hemd und rote Fliege anstatt Badehose – Wellbrock überzeugt mit seinem Auftreten auch auf ungewohntem Terrain. Diese öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung habe er sich hart erarbeitet, betont Tanja Aberle, „so etwas fällt nicht vom Himmel“.
Aberle ist Geschäftsführerin der Albus GmbH. Die PR-Agentur mit Sitz in Heidelberg betreut unter anderem den früheren Schwimmstar Franziska van Almsick, Weitspringerin Malaika Mihambo und den einstigen Skifahrer Felix Neureuther. Seit einigen Jahren kümmert sich Albus auch um die Vermarktung von Florian Wellbrock. Aktuell gilt es natürlich, die Gunst des Olympiasieges zu nutzen und neue Partner und neue Einnahmequellen zu generieren. Neue Sponsorenverträge seien in Vorbereitung, sagt Aberle. Zudem sei Wellbrock bald auch in gleich zwei renommierten TV-Sendungen zu sehen.
Das sei schon eine coole Geschichte, das habe ihm gut gefallen, sagt Florian Wellbrock mit Blick auf die kürzlich erfolgte Aufzeichnung der ARD-Quizsendung "Wer weiß denn sowas?" „Danke für den tollen Nachmittag“, postete er im Anschluss bei Instagram unter einem Foto mit Moderator Kai Pflaume, den Teamkapitänen Bernhard Hoecker und Elton sowie Mitkandidatin Franziska van Almsick und ihm. Und demnächst ist Wellbrock dann auch noch zu Gast bei „Klein gegen Groß“, einer Samstagabendshow in der ARD mit durchschnittlich sechs Millionen Zuschauern. Die Aufzeichnung ist am 10. Oktober, ausgestrahlt wird die Sendung am 20. November. „Das ist eine schöne Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin“, sagt Wellbrock.
Nach der Rückkehr aus Tokio war er nicht gleich in den Urlaub gegangen, sondern hatte zunächst noch einen zweiwöchigen Trainingsblock absolviert. „Da war so viel Trubel, da wäre ich ohnehin nicht richtig zur Ruhe gekommen“, sagt Wellbrock. Der Urlaub wiederum ist inzwischen auch längst Geschichte. Gemeinsam mit seiner Verlobten Sarah Köhler, die ebenso wie er über 1500 Meter Freistil Bronze geholt hatte, war er mit dem Auto in Deutschland unterwegs. Sie verbrachten ein paar Tage bei Freunden im Saarland, waren im Anschluss kurz in Bremen und genossen dann ihre freie Zeit daheim in Magdeburg. „Morgens aufzustehen und keine Termine zu haben – das habe ich mal gebraucht“, sagt Florian Wellbrock. „Nach diesem Fünf-Jahres-Olympia-Zyklus war das für Kopf und Seele sehr wichtig.“
Mit der Rückkehr in den Trainingsbetrieb habe er dann aber auch gleich wieder Vollgas gegeben, betont Wellbrock. Und sportlich da weitergemacht, wo er aufgehört habe: Im Hafenbecken von Barcelona gewann der Modellathlet vor Wochenfrist das erste Freiwasserrennen nach seinem Triumph in Tokio. An das Goldrennen von Japan habe er dabei unterwegs allerdings nicht gedacht, zu keinem Zeitpunkt. „Man arbeitet im Autopilot. Ich habe dann meinen Ohrwurm im Kopf und mache das, was ich machen muss“, sagt Wellbrock.
An diesem Wochenende steht für ihn beim Kurzbahn-Weltcup in Berlin nun die Rückkehr ins Becken an. Wie bereits berichtet, startet Wellbrock dort über 200, 400 und 1500 Meter. Der Weltcup dient ihm und seiner Freundin Sarah zur Vorbereitung auf die noch in diesem Jahr anstehenden Herausforderungen: erst die Kurzbahn-EM vom 2. bis zum 7. November im russischen Kasan, dann die Kurzbahn-WM vom 13. bis zum 18. Dezember in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Es sei cool, dass man jetzt wieder so viele Wettkämpfe machen könne, sagt Wellbrock, „das hat letztes Jahr coronabedingt einfach gefehlt“.
Viele Wettkämpfe nebst Vorbereitung und Trainingslagern bedeuten indes auch einen vollen Terminkalender. Im kommenden Jahr wollen Florian Wellbrock und Sarah Köhler heiraten. „Ja, die Planungen laufen“, sagt Wellbrock. „Aber ich musste inzwischen feststellen, dass es dabei doch mehr zu beachten und zu bedenken gibt, als ich mir vorgestellt hatte. Wir sind dran, haben aber noch keinen Termin. Und um ganz ehrlich zu sein: Wenn es dann einen Termin gibt, werden wir diesen für uns behalten.“