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Pinguins-Trainer vor Play-offs Sulzer: "Der Charakter der Mannschaft ist vom Allerfeinsten"

Pinguins-Trainer Alex Sulzer ist stolz auf sein Team und blickt optimistisch auf die Play-offs. Im Interview spricht er über das Viertelfinale gegen Köln, die Zweifel von Jan Urbas und Vorbilder aus der NHL.
14.03.2025, 10:30 Uhr
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Sulzer:
Von Jean-Julien Beer

Herr Sulzer, in Ihrer ersten Saison als Cheftrainer ging es für die Pinguins erneut in die Play-offs. War der schleichende Übergang von Ihrem Vorgänger Thomas Popiesch zu Ihnen ein Trainerwechsel wie aus dem Lehrbuch, weil es keine Reibungsverluste gab?

Alexander Sulzer: Es war ein großer Vorteil, dass ich die Mannschaft schon kannte und dass die Spieler mich kannten. Durch meine Arbeit als Co-Trainer hatte dieser Übergang schon fließend in den letzten anderthalb Jahren stattgefunden. Von daher war das eine recht einfache Anpassung für alle Beteiligten.

Vor der Saison meinten Sie, die Chefrolle würde keinen großen Unterschied ausmachen, weil sie vorher schon stark eingebunden waren. Was sagen Sie nach 52 Hauptrundenspielen – war es doch intensiver?

Es war insofern anders, weil für einen Cheftrainer ein paar mehr Aufgaben dazukommen, wo die Leute mehr Fragen haben und wo ein paar mehr Entscheidungen anstehen, die nicht immer nur etwas mit Eishockey zu tun haben. Aber im Großen und Ganzen war es genau wie erwartet.

Man sagt, dass es schwieriger ist, oben zu bleiben als nach oben zu kommen. Ist die erneute Top-3-Platzierung nach der Hauptrunde so gesehen ein Ausrufezeichen Ihrer Mannschaft?

Wir können mit der Vorrunde, die wir gespielt haben, zufrieden sein. Man hat im Verlauf der letzten Jahre schon gesehen, wie sich das in Bremerhaven entwickelt hat, wie es stetig nach oben gegangen ist. Ich denke: So, wie wir mittlerweile Eishockey spielen und wie wir uns vorbereiten, wird es für uns immer eine gute Chance geben, Spiele zu gewinnen.

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Es war eine schwierige Hauptrunde: Nach dem Ammoniak-Leck in der Eisarena fielen Spiele aus, das Training musste nach Bremen verlegt und viel improvisiert werden. Bringt das eine Mannschaft eher aus dem Rhythmus oder schweißt das ein Team zusammen?

Das hätte in beide Richtungen gehen können. Aber ich sage es immer wieder: Der Charakter, der in dieser Mannschaft ist, der ist wirklich vom Allerfeinsten. Die Mannschaft ist damit super umgegangen. Die hat wirklich jeden Gegenwind angenommen und dagegen gearbeitet. In gewissen Phasen haben die Jungs sogar noch mehr und besser performt, als das vorher zu erwarten war. Es gab zeitweise wirklich sehr viel Gegenwind, aber wir sind da sehr, sehr gut durchgekommen.

Zuletzt gab es heftige Wochen mit zwölf Spielen in 24 Tagen. Bei aller Härte, die Eishockey-Spieler gerne ausstrahlen - wie sehr geht das an die Substanz und wie schnell kann man den Akku für die Play-offs aufladen?

Die Jungs sind gut trainiert, die sind fit für solche Aufgaben. Dafür haben wir die ganze Sommervorbereitung und auch in der Saison gearbeitet. Aber klar: Der Spielrhythmus mit zwölf Spielen in 24 Tagen, der kam jetzt etwas früher, als man den sonst erwartet. Das war fast schon wie in den Play-offs. Aber die Mannschaft war bereit dafür, deshalb waren diese Wochen nicht besorgniserregend. Jetzt hatten wir ein paar Tage frei und konnten uns gut auf den Start vorbereiten. Wir werden auch dafür bereit sein.

Im Viertelfinale geht es ab Sonntag gegen die Kölner Haie. Beide Mannschaften kennen sich gut. Kann man den Gegner irgendwie überraschen – oder ist das jetzt ein Duell mit offenem Visier, Team gegen Team?

Ich denke, dass es ein Duell Team gegen Team wird. Am Ende des Tages gibt es da keine großen Geheimnisse mehr. Es wird darum gehen, wer wirklich kontinuierlich die besten Entscheidungen trifft, Wechsel für Wechsel, Drittel für Drittel, Spiel für Spiel. Wer seine Struktur, sein System und seine Handlungsschnelligkeit besser durchbringen kann, der wird am Ende diese Viertelfinal-Serie gewinnen.

Sie haben in Köln lange mit Ihrer Familie gelebt und fünf Jahre für die Haie gespielt. Ist das ein besonderer Gegner für Sie?

Ich fahre immer gern nach Köln, ich verbinde damit viele positive Erinnerungen. Es ist eine tolle Stadt, auch eine tolle Eishockey-Stadt. Und es ist ein toller Verein. Wir haben zum Ende der Hauptrunde gerade erlebt, wie es ist, wenn die Kölner Arena ausverkauft ist. Da herrscht eine besondere Atmosphäre, das ist eine richtige Eventhalle. Jeder, der an einem solchen Eishockey-Spiel und an so einer Play-off-Serie in dieser Arena teilhaben kann, der kann sich glücklich schätzen und wird dabei viel Spaß haben.

Auf den ersten Blick sind die Arenen der größte Unterschied: Köln hat einen neuen Europarekord aufgestellt mit 17.800 Eishockey-Zuschauern pro Spiel. In Bremerhaven gibt es die kleine Arena mit 4500 Fans. Kann man sich die kleinere Eisarena zum Vorteil machen?

Unsere Fans sind für mich die besten der Liga. Wie die uns nach vorne peitschen in jedem Heimspiel, das ist wirklich unglaublich. Wir fühlen uns wohl zu Hause, wir spielen gerne in unserer Eisarena und möchten das natürlich auch in den Play-offs für uns nutzen. Auf der anderen Seite ist es für jeden Spieler ein Genuss, ein Auswärtsspiel in der Kölner Arena zu spielen, weil auch da die Atmosphäre toll ist.

Als früherer Top-Verteidiger war Ihnen die Defensive besonders wichtig. Mit nur 115 Gegentoren stellt Ihr Team die beste Abwehr der Liga. War es perfekt? Geht da noch mehr?

Ich bin ein großer Verfechter davon, dass ein gutes Spiel ohne Scheibe und ein gutes Defensivspiel dich langfristig mehr Spiele gewinnen lässt, als du verlierst. Klar, das ist ein guter Wert, auch im Vergleich zu den anderen Teams. Aber ich denke, dass überall noch Luft nach oben ist, wo man sich verbessern kann. Daran arbeiten wir jeden Tag.

Hat der letztjährige Finaleinzug die Mannschaft zusätzlich motiviert, nach dem Motto: Wir wollen das wieder schaffen?

Bei der Antwort auf diese Frage muss ich anders anfangen. Diese Mannschaft hat einen sehr besonderen Charakter. Diese Jungs kommen jeden Tag sehr motiviert und gewillt zum Training, um hart zu arbeiten, zu ackern, um sich täglich zu verbessern, um als Team zu wachsen, um als Team besser zu werden. Ob das jetzt mit der Finalserie letztes Jahr zu tun hat, weiß ich nicht. Aber ich denke, dass dieser Charakter ein ganz großer Pluspunkt ist und dass die Mannschaft selbst weiß, dass sie weder zurückschauen möchte noch zu weit nach vorne. Sie kann sich komplett auf das nächste Spiel und die nächste Aufgabe fokussieren.

Reden wir über Jan Urbas. Ihr Kapitän hatte einen kleinen Durchhänger, als er ein paar Spiele nicht traf. Er zweifelte an sich. Am Ende kam er aber auf 23 Tore und 22 Assists – einen solchen Hänger hätten andere gerne. Wie haben Sie ihn in der Phase erlebt und wie konnten Sie ihm helfen?

Jan Urbas ist ein absoluter Leader-Typ, der wirklich jeden Tag als Vorbild vorangeht. Er hat aber natürlich auch einen sehr, sehr hohen Anspruch an sich selbst. Er war wahrscheinlich der Einzige, der mit den Tagen und den Spielen gehadert hat, in denen er mal kein Tor gemacht hat. Denn egal, ob er getroffen hat oder nicht: Er ist immer mit bestem Beispiel vorangegangen und hat trotzdem den Karren gezogen. Von daher denke ich, dass er selbst mehr Probleme damit hatte als alle anderen.

Ein junger Spieler überzeugte, der aus der 2. Liga kam: Fabian Herrmann. Schon acht Tore in seiner ersten DEL-Saison – hat er die Chance genutzt, die er von den Fischtown Pinguins bekam?

Ja, absolut. Als wir Fabian geholt haben, wussten wir, dass er Eishockey spielen kann. Das hat man in der DEL 2 schon die beiden Jahre davor gesehen. Er hat diese Herausforderung für sich sehr gut angenommen. Fabian hat im Sommer sehr hart und gut trainiert. Der kam dann fit hier an und hat von Anfang an einen guten Eindruck gemacht. Er hat nun bewiesen, dass er in der Lage ist, auf diesem Niveau Eishockey zu spielen.

Sie selbst haben auf einem noch höheren Niveau gespielt, viele Jahre in der amerikanischen NHL. Dort haben Sie einige große Trainer erlebt – konnten Sie sich von denen etwas abschauen für Ihre Karriere als Chefcoach? Gutes, oder auch Sachen, die Sie auf keinen Fall machen möchten?

Ja, das ist so eine Mischung aus allem. Ich glaube, dass man sich von jedem Trainer etwas abschauen kann. Was gefällt einem, was gefällt einem nicht? Wie behandelt der Trainer seine Spieler, wie geht er mit ihnen um? Wie möchte ich als Spieler, dass mein Trainer mit mir umgeht? Ich habe mir im Grunde von jedem was rausgepickt und mir dann meine Philosophie zusammengebaut.

Zu Ihren Aufgaben als Chefcoach zählt auch, dass Sie die Torhüter-Frage vor den Play-offs klären müssen.

Auf die Frage werden Sie jetzt aber keine Antwort bekommen.

Schon klar. Das Luxus-Problem ist ja: Mit Kristers Gudlevskis und Maxi Franzreb stehen Ihnen erneut die beiden besten Torhüter der DEL zur Verfügung. Können die nach einer starken Hauptrunde beide in den Play-offs spielen, oder werden Sie sich auf einen festlegen?

Also: Ich denke, dass beide die Qualität besitzen, um für die Mannschaft in den Play-offs spielen zu können. Ob das dann einer die ganze Zeit sein wird oder beide, da können sich alle überraschen lassen.

War es im vergangenen Jahr einfacher, die Entscheidung pro Gudlevskis zu treffen – weil er Torhüter des Jahres wurde und Franzreb lange verletzt ausgefallen war?

Letztes Jahr war es aufgrund der Verletzung von Maxi Franzreb und der Form, in der Kristers Gudlevskis war, relativ einfach, das zu entscheiden. Guddi war aufgrund der vielen Spiele, die er gemacht hat, auch auf einem anderen Fitness-Level. Von seiner Energie und auch vom Selbstvertrauen her war er in einer absoluten Top-Form.

Das Gespräch führte Jean-Julien Beer.


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Zur Person

Zur Person:
Alexander Sulzer (40) ist seit dieser Saison Cheftrainer der Fischtown Pinguins. Der frühere NHL-Profi war vorher Assistent von Thomas Popiesch. Am Sonntag (15 Uhr) empfängt er mit Bremerhaven die Kölner Haie zum ersten Viertelfinal-Duell.

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