Als die Wertung nach der dritten Zwischenrunde bekanntgegeben wurde, fielen sich Daniel Dingis und Alessia Gigli vor Freude in die Arme. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Nach zwei undankbaren siebten Plätzen in den Vorjahren gehörte das junge Tanzpaar vom Grün-Gold-Club Bremen erstmals zu den sechs Paaren, die in der Endrunde am späteren Abend unter sich den Deutschen Meister in der Hauptklasse S Latein ausmachen sollten. „Das war der emotionale Wahnsinn“, beschreibt Daniel Dingis diesen Moment, der den bisherigen Höhepunkt in der Karriere des Duos bedeutet. Er habe keine Worte dafür, sagt Dingis, und ja: Es seien auch ein paar Tränen gekullert.
Aus Zürich nach Bremen
Mehr als eineinhalb Jahre lang hatten Daniel Dingis und Alessia Gigli der Corona-Pandemie mit all ihren Einschränkungen getrotzt. Trotz fehlender Wettkämpfe waren sie diszipliniert gewesen und überaus fleißig. Täglich hatten sie trainiert, vier bis sechs Stunden lang. Als sie vor Jahresfrist bei den Titelkämpfen in Magdeburg erneut knapp am Finale vorbeigeschrammt waren, hat dieses erneute Scheitern ihre Motivation noch zusätzlich angestachelt. In der Stadthalle in Kamen gab es nun die Belohnung für die intensive Arbeit. „Es hat sich alles ausgezahlt“, kommentiert Alessia Gigli in einem Facebook-Post: „Wir sind einfach ein tolles Team und vervollständigen uns gegenseitig.“ Verdient zogen sie in die Endrunde ein und wurden dort am Ende sogar Fünfter. „Das ist ein phänomenales Ergebnis“, sagt Daniel Dingis. „Sie waren ein würdiger Finalteilnehmer“, sagt ihr Trainer Roberto Albanese, der zu den ersten Gratulanten gehörte.
Der erfahrene Grün-Gold-Coach begleitet den heute 23-jährigen Daniel Dingis bereits seit 14 Jahren. Und Albanese war es dann auch, der dem früheren deutschen Jugendmeister mit der damaligen Schweizer Meisterin Alessia Gigli Anfang 2019 die richtige Partnerin an die Seite stellte. Gigli siedelte eigens um aus Zürich nach Bremen, inzwischen sind die 23-Jährige und ihr aus der Nähe von Cloppenburg stammender Tanzpartner auch privat ein Paar. Es harmoniert also, auf und neben dem Parkett. „Es ist die richtige Konstellation“, sagt Albanese. „Um ihre Ziele zu erreichen, sind beide bereit, die Komfortzone zu verlassen. Sie arbeiten vorbildlich und ergänzen sich perfekt.“ Klubchef Jens Steinmann zeigt sich ebenfalls sehr angetan von diesem vielversprechenden GGC-Paar: „Den beiden gehört die Zukunft“, sagt Steinmann. „Sie sind erst Anfang 20, die Konkurrenten sind bereits 30 Jahre und älter.“
Ein Kandidat fürs Finale
Akribisch hatten sich Daniel Dingis und Alessia Gigli auf diese deutsche Meisterschaft vorbereitet. „Das war unser Tag x“, erklärt Dingis. Die Konzentration habe gestimmt in Kamen, von Runde zu Runde habe man sich gepusht und gesteigert. Die ersten beiden Tänze in der Vorrunde, so schildert es der Bremer, seien dabei wegweisend gewesen. Denn in einer Vorrunde sind stets etliche Paare gleichzeitig auf der Fläche, da gelte es, seinen Raum zu finden; dominant zu wirken und doch locker zu bleiben; Atmosphäre zu kreieren und deutlich zu zeigen: Wir sind ein Kandidat fürs Finale, erläutert Daniel Dingis.
Am Morgen seien sie noch recht nervös gewesen, „da habe ich kaum etwas essen können“, sagt Dingis. Die Halle, das Publikum, die vielen Eindrücke rund um den Wettkampf – all das müsse man ausblenden können. „Wenn es dann losgeht, dann weiß man: Jetzt müssen wir abliefern.“ Das Bremer Tanzpaar hat abgeliefert. Es ist in den Flow gekommen, wie Daniel Dingis erklärt. „Es war einfach eine tolle Nacht für uns“, betont Alessia Gigli.
Grillfest mit den Eltern
Daniel Dingis und Alessia Gigli hätten bei so einer tollen Nacht also allen Grund gehabt zum Feiern – die Möglichkeiten aber waren begrenzt angesichts der fortgerückten Stunde. Es reichte nach Mitternacht nur noch für ein schnelles Fastfood-Menü und eine Flasche Bier auf dem Hotelzimmer. Dafür aber ließ man es sich nach der Heimkehr tags darauf richtig gut gehen: Das Tanzpaar und beide Elternpaare trafen sich im Elternhaus von Daniel Dingis zum Grillen, es wurde „ein schöner Abschluss eines schönes Wochenendes“.