Am Sonntag, beim Heimspiel gegen die SG Aumund-Vegesack, könnte er bereits wieder für die SV Hemelingen auf dem Fußballplatz stehen. Aber hinter Diyar Kücük liegen nun einige Wochen der Ungewissheit, und das hat seiner körperlichen Verfassung möglicherweise geschadet. „Er ist auf einem guten Weg, aber mal schauen“, sagt Günter Tuncel über die Chancen des Stürmers auf Einsatzzeiten an diesem Wochenende. Die Einschätzung des Trainers überrascht nicht. Dass Tuncel den Stürmer überhaupt in den Kader aufnehmen darf, kommt dagegen ziemlich unerwartet. Eigentlich war Kücük ja gesperrt, versehen mit einer sogenannten Wartefrist bis zum 26. Mai 2024.
Nun darf er doch spielen. Das Verbandsgericht des Bremer Fußball-Verbandes (BFV) hob seine Sperre auf. Weshalb eine seit Wochen erzählte Geschichte offenbar zu einem Happy-End für die SVH und ihren Spieler Diyar Kücük geführt hat. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Günter Tuncel. Der Ausgang der bisweilen recht komplizierten Vorgänge sorgt für gute Stimmung in Hemelingen. Allerdings dürften die vergangenen Monate auch viele Nerven gekostet haben. Die Verantwortlichen des Vereins ebenso wie die Mitarbeiter der BFV-Geschäftsstelle, die Sportgerichte und am Ende wohl auch die Leute vom Brinkumer SV.
Dorthin wollte Kücük wechseln, damals im Dezember. Er hatte sich per Einschreiben bei der SVH abgemeldet. Es war allerdings nie beim Verein angekommen, warum auch immer. Da sich die Hemelinger zunächst nicht zu Abmeldung und Wechsel äußerten, der Kicker aber das Einschreiben nachweisen konnte, war ihm am 4. Januar die Spielerlaubnis durch die BFV-Passstelle erteilt worden. Daraufhin hatte Hemelingen Einspruch eingelegt und Recht vor dem Sport- und dem Verbandsgericht bekommen: Kücük wurde für Brinkum bis zum Mai gesperrt. Es folgte die Kehrtwende. Der Spieler dachte: Wenn das mit Brinkum nicht klappt, dann bleibe ich eben in Hemelingen. Aber „bleiben“ konnte er nicht, war der Transfer doch bereits vollzogen und Kücük auch zu Tests mit Brinkum angetreten.
Der Stürmer nahm also einen zweiten Wechsel vor, diesmal von Brinkum nach Hemelingen. Er ist grundsätzlich möglich, auch in der Winterpause, aber an gewisse Voraussetzungen geknüpft. Hat ein Spieler erst mal für den neuen Verein gespielt, wird es knifflig. Weil Kücük in Brinkum schon Tests absolviert hatte, sah die Passstelle des BFV die Voraussetzungen für eine Rückkehr ohne „Wartefrist“ nicht gegeben. Der Stürmer blieb gesperrt. Nachdem das von der SVH angerufene Sportgericht diese Entscheidung bestätigt hatte, rief der Verein das Verbandsgericht an.
Mit dem Urteil der zweiten Instanz ist nun wieder alles anders. Das Verbandsgericht sorgte mit seiner Entscheidung für eine sofortige Spielerlaubnis. Es störte sich dabei nicht an der inhaltlichen Entscheidung der Passstelle. Die Berufungsinstanz führte die im Recht bekannten „Grundsätze von Treu und Glauben“ in den Vorgang ein. Es geht um Vertrauensschutz, mithin eine klare, nachvollziehbare Linie im eigenen Handeln. Nach Auffassung des Verbandsgerichts hat sich der BFV mit der Sperre für Kücük „treuwidrig in einen unlösbaren Selbstwiderspruch zu seinem früheren Verhalten“ begeben. Schließlich sei dem Spieler am 4. Januar durch die Passstelle eine Freigabe erteilt worden, die erst durch gerichtliche Entscheidung im Februar aufgehoben wurde. Insofern habe Kücük die Tests für Brinkum im Vertrauen auf eine gültige Spielerlaubnis absolviert. Diese Spiele dürften deshalb nicht zu einer erneuten Wartefrist für den Spieler führen.
