Ist ja nicht so, dass Markus Begerow nicht auch schon mal über andere Möglichkeiten der Wiedereröffnung nachgedacht hätte. „Vor unserem Studio in Woltmershausen haben wir ein großes Parkdeck – viel Platz, großer Abstand.“ Sogar mit dem Ordnungsamt habe er in Kontakt gestanden. Doch der Aufwand war Begerow dann doch zu groß, „wir hätten das einklagen müssen“. Die Idee mit den Zelten vor der Tür, in denen Sportler Gewichte stemmen, habe er wieder verworfen. „Das fällt doch eher unter die Rubrik: Hallo, wir sind auch noch da! Ist ein guter Marketing-Gag, mehr aber auch nicht.“ Und für Gags hat ein Mann, der in Bremen und Umgebung als Geschäftsführer der ULC Fitness Company City drei Studios betreibt, nichts mehr übrig. Begerow kämpft seit einem Jahr um seine Existenz. „Aber ich bin nach wie vor sicher, dass wir den Kampf nicht verlieren werden.“
Noch immer gebe es Tage in seinem Leben, an denen er sich locker macht und einfach sagt: „Genieße das Leben! Als Unternehmer bin ich es ja gewohnt, für mein Schicksal selbst verantwortlich zu sein.“ Er nimmt die Situation seiner Branche, nun ja, sportlich. Und sagt im Gespräch Sätze wie: „In jeder Krise steckt auch eine Chance.“ Klingt pathetisch, meint Begerow aber wirklich so. Sechs Monate waren seine Studios in den vergangenen zwölf Monaten geöffnet. Und eine Besserung sei nicht in Sicht. „Ganz konservativ gerechnet gehe ich davon aus, dass wir erst nach Ostern wieder öffnen dürfen. Könnte aber auch Pfingsten werden. Wer weiß das schon.“ Als Unternehmer, sagt Begerow, fühle er sich manchmal einfach nicht mitgenommen.
Und weil Fitness-Unternehmer Begerow kein Meckerer und Zauderer ist, hat er sein Schicksal schon ganz am Anfang der Pandemie selbst in die Hand genommen. Schnell habe er gemerkt, dass die Kommunikation mit den Mitgliedern ein Schlüssel sein könne, um über die Runden zu kommen. „Also habe ich die gestärkt“, sagt er. Online-Kurse hat er angeboten, wie andere Studios auch. Jetzt setzt er auf Seminare und direkte Ansprache. Eine Strategie, die er auch nach Öffnung der Studios weiterfahren wolle. Seine Studios sind sogenannte Premium-Studios, in denen es ein Fitnessprogramm mit Betreuungsleistung gibt. Das ist kostenintensiver als ein Discounter-Studio, in denen die Mitglieder in der Regel Gewichte ohne persönliche Anleitung stemmen. „Wir haben bei uns ein Komplett-Programm“, sagt Begerow. Das sei aber nur mit viel Personal möglich. Und das koste eben Geld.
Seine Mitarbeiter sind in den letzten zwölf Monaten überwiegend in Kurzarbeit gewesen. Außerdem seien die ersten Finanzhilfen der Politik angekommen. Da gebe es, was Bremen betreffe, „nichts zu meckern“. Die Novemberhilfe für seine beiden Studios in der Hansestadt seien komplett überwiesen, aus Niedersachsen sei ein Teil bei ihm angekommen. „Jetzt haben wir die Dezember-Hilfen beantragt.“ Wann diese Gelder kämen, wisse er nicht. „Ohne Rücklagen könnten wir den Betrieb nicht halten.“ Er wisse von vielen Fitness-Studio-Betreibern in Deutschland, dass jede weitere Lockdown-Woche das Überleben unwahrscheinlicher mache. „2021 wird eine Zäsur für unsere Branche.“

Markus Begerow, Geschäftsführer der ULC Fitness Company.
Seit November geschlossen
Die wichtigsten Monate des Jahres hat die Branche schon verpasst, sagt Markus Begerow. November, Januar, Februar, das seien traditionell die Wochen, in denen es brumme. „Dann kommen viele neue Mitglieder.“ Aber wer soll jetzt kommen? Die Türen der Studios sind seit November geschlossen. „Und niemand wird Mitglied und zahlt Geld, wenn er nicht die volle Leistung bekommt, die ihm eigentlich zusteht.“ Und so muss Begerow erleben, dass er Woche für Woche Kunden verliert. Im Schnitt seien das immer zwei bis drei Prozent pro Monat gewesen. Eigentlich nicht weiter schlimm, denn es kamen ja auch immer wieder neue Mitglieder – aber nur in normalen Zeiten. Begerow glaubt, dass er bei der Wiedereröffnung nach Ostern oder Pfingsten bis zu 20 Prozent seiner Mitglieder verloren habe. „Und genau da lag ja eigentlich immer unsere Gewinnspanne.“
Dass die Politik so zögerlich sei im Umgang mit Fitness und Sport, kann er nicht verstehen. Es habe keinen Infektionsherd in einem Fitness-Studio gegeben. Und vulnerable Gruppen würden dort sowieso nicht trainieren. Er sagt: „Wir sind Teil der Lösung, nicht des Problems. Fitness spielt für das Immunsystem eine entscheidende Rolle. Und je länger Fitness- und Sporteinrichtungen geschlossen bleiben, desto vulnerabler werden einzelne Gruppen.“
Und auch wenn es noch Wochen dauern könnte mit dem Neustart, der Wiedereröffnung – Begerow wird bereit sein. „Wir fahren die Hygienemaßnahmen noch einmal höher. Es wird besondere Lüftungssysteme geben, auch über spezielle Zugangskontrollen denken wir nach.“ Nein, der Impfausweis werde das nicht sein. „Aber ich könnte mir vorstellen, dass wir die Temperatur der Mitglieder an den Eingängen messen.“ Eine erste Befragung unter seinen Kunden hätte Zustimmung ergeben. „Es geht darum, dass sich alle sicher fühlen. Und wenn eine Messung dazu beiträgt, könnte ich mir das vorstellen.“
Alles versuchen, nicht aufgeben, neue Anreize schaffen – für den Unternehmer Markus Begerow ging es in den vergangenen zwölf Monaten oft an die Grenze der Belastbarkeit. Aber Aufgeben ist für einen Sportler keine Option. „Wir machen weiter“, sagt er. Fragt sich nur, wann das sein wird.
Fitness im Zelt in Bremen verboten
Die Fitnessstudio-Kette McFit bietet ihren Mitgliedern seit einiger Zeit Trainingsmöglichkeiten in Zelten an. Dazu werden Geräte auf die eigens angemieteten Parkplätze vor ausgewählten Studios gebracht und auf einer Fläche von jeweils 200 bis 300 Quadratmetern aufgestellt. McFit startete deutschlandweit mit zehn Outdoorstudios, vier wurden schnell wieder von den Behörden geschlossen – neben den Studios in Hamburg-Steilshoop, Mainz und Neunkirchen auch das in Bremen. Die Begründung: Nach der aktuellen Coronaverordnung müssten Fitnessstudios für den Publikumsverkehr geschlossen bleiben.
„Sie dürfen auch nicht zur Ausübung sportlicher Aktivitäten für Dritte geöffnet werden“, sagte Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin des Innensenators Ulrich Mäurer (SPD). Auch habe der Betreiber keine Anfrage für das Outdoor-Training gestellt. McFit will an anderen Standorten an seinem Konzept festhalten. „Nach wie vor sind wir davon überzeugt, dass Fitness für die Gesundheit der Menschen elementar wichtig ist“, heißt es. Mittlerweile sind auch die Outdoor-Studios in Mannheim und Berlin wieder geschlossen.