Hantelbank, Ergometer oder Laufband – der Trend zum Kauf von Fitnessgeräten hält seit Monaten an. Der Deutsche Industrieverband für Fitness und Gesundheit (DIFG) geht derzeit davon aus, dass der Markt im vergangenen Jahr um ungefähr 100 Prozent gewachsen ist. Und so wundert es nicht, dass einige Angebote derzeit ausverkauft sind oder längere Lieferzeiten haben.
Die Fitnessstudios sind geschlossen. In den Vereinen ruht das Training. Viel muss sich in diesen Zeiten in den eigenen vier Wänden abspielen – auch der Sport. Der Boom spiegelt sich in den Preisen wider. Im Dezember stiegen sie nach Angaben des Statistischen Bundesamts um mehr als 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat trotz des gesunkenen Mehrwertsteuersatzes. Im Schnitt lagen die Preise für Fitnessgeräte um 7,9 Prozent über dem Vorjahr.
Jedoch ist das Stimmungsbild der Hersteller gemischt. Der Fitnessverband vertritt auch Unternehmen, die hauptsächlich Fitnessstudios beliefern. „Die haben Angst um ihre Existenz“, sagt der Vorsitzende des DIFG Ralph Scholz. Für die Studios wurde bisher vorwiegend produziert: mit 80 Prozent Marktanteil. Obwohl Heimfitness blendend läuft, gibt es nach Angaben von Scholz insgesamt Einbußen, weil das wichtigere Segment stark zurückging. Zudem liege der Erlös für die Profigeräte im Schnitt deutlich höher.
Das Unternehmen Water-Rower erlebt den Trend ebenfalls. Der Anbieter von Sportgeräten aus Holz hat seinen Sitz im niedersächsischen Nordhorn und fertigt dort vor Ort Räder oder auch Trainingsbänke. Das Rudergerät mit dem Wasserwiderstand wird in den USA produziert und ist das beliebteste Produkt. Ob Fahrradergometer oder der Klassiker Rudergerät: Im Onlineshop ist an den Produkten zu lesen, dass es wegen der hohen Zahl an Bestellungen zu produktionsbedingten Lieferverzögerungen kommt. „Seit Anfang der Pandemie verspüren wir einen deutlichen Anstieg der Nachfrage nach unseren Produkten“, sagt Geschäftsführer Dominik Kuprecht. Für einige der Produkte liege die Lieferzeit bei bis zu sechs Monaten.

Die Produktion ist bereits um neue Hallen gewachsen und soll schließlich verdoppelt werden. Die Erlöse hätten laut Kuprecht 2020 noch besser ausfallen können. Das bremsten die Kapazitäten aus. „Trotzdem hatten wir eine Umsatzsteigerung von rund 50 Prozent.“ 180 Mitarbeiter gibt es am Standort. Neben der Tatsache, dass Fitnessstudios schließen mussten, sieht der Geschäftsführer noch einen weiteren Grund für die Nachfrage. Durch die Pandemie habe sich das Bewusstsein für die eigene Gesundheit verstärkt: „Den Menschen ist es einfach noch wichtiger geworden, sich fit zu halten und somit das Immunsystem zu stärken.“ Deshalb gehe man auch in den nächsten Jahren, unabhängig von Corona, von einer erhöhten Nachfrage aus.
In Brinkum will die Sportkette Decathlon im März eine neue Filiale eröffnen, wenn die Verordnungen es denn wieder erlauben. „Die Nachfrage ist überragend“, sagt der Leiter des Standorts, Rouven Krieg, über die Branche. Überall sei das so und gelte für alle Heimfitnessprodukte. Besonders Gewichte seien begehrt. Kunden empfiehlt er für die Zeit nach dem Lockdown, sich vorab zu informieren, ob die gewünschten Artikel vor Ort erhältlich sind. Denn es sei für alle Händler bundesweit gerade eine Herausforderung, das Angebot vorzuhalten, weil die Nachfrage so groß ist.
„Selbst Springseile waren teils Mangelware“, sagt der Filialleiter. Kurz vor der ersten Schließung sei der Run auf die Fitnessprodukte groß gewesen. „Das war schon verrückt.“ Fahrräder und Ersatzteile fürs Rad seien in diesen Zeiten manchmal ebenfalls schwer zu bekommen, sagt Krieg. Wenn zum Beispiel Gewichte nicht gleich zu ergattern sind, könne man auch mit Wasserflaschen oder dem eigenen Körpergewicht trainieren – eben einfallsreich werden.
„Die Hersteller von Homefitnessgeräten sind natürlich sehr glücklich“, sagt Scholz. Wobei er eben auch hier das Problem sieht, dass die Produktionen nicht schnell genug nachkommen. Was dem Verbandschef vor allem Sorgen macht: „Wir müssen aufpassen, dass unsere Infrastruktur an Sportangeboten erhalten bleibt nach Corona.“ Alarm werde neben den Fitnessstudios auch für weitere Sportstätten geschlagen. Die Hilfen für Unternehmen seien nicht ausreichend und zum Großteil noch nicht da. "Wenn es so weitergeht, steht dort ein Kahlschlag bevor. Die Menschen können dann nicht mehr den Sport treiben, weil die Infrastruktur geschlossen ist.“
Ralph Scholz beunruhigt die Entwicklung auch vor dem Hintergrund, dass sich Heimfitness längst nicht alle Menschen leisten könnten. Der Vorsitzende des DIFG zieht Parallelen zur Bildungsproblematik. Für ärmere Familien sei es schwerer, in diesen Zeiten mitzuhalten. Das gelte auch für die Fitness. Darum seien die Sportstätten wichtig. „Wir reden immer gerne von den Bewohnern von Einfamilienhäusern oder von großen Wohnungen. Was wir nicht vergessen dürfen: Die meisten leben in kleineren Wohneinheiten. Und dort hast du weder den Platz, um dir das Ganze nach Hause hinzustellen, noch das Geld.“
Käufern von hochwertigen Sportgeräten rät der Chef von Water-Rower, sich vorab zu informieren, ob es auch Service vom Hersteller oder Händler gibt und im Fall der Fälle Ersatzteile. Das sei nicht immer gegeben. „Bei uns können Kunden unsere Geräte für einen längeren Zeitraum mieten, um das Gerät zu testen und sicherzustellen, ob sie es kaufen möchten“, sagt Kuprecht. Im Moment muss das Angebot kurzzeitig aussetzen, weil die Anfrage zu hoch ist.
Was Verbraucher beachten sollten
Fitnessgeräte sind nicht nur bei Sporthändlern im Onlineshop zu bekommen. Discounter bieten Hanteln und Stepper ebenfalls im Netz an. Auch bei Aldi Nord sind ein paar Produkte momentan ausverkauft. Ebenso liest man bei Tchibo im Shop bei einigen größeren Geräten: zurzeit nicht bestellbar. Verbraucherexperte Gerrit Cegielka von der Bremer Verbraucherzentrale rät, Kunden sollten beim Kauf im Netz den Fall bedenken, dass ein Gerät doch nicht gefällt. Online gelte zwar das gesetzliche Widerrufsrecht.
Trotzdem sei die Sache knifflig: „Dann entsteht eigentlich erst das Problem, weil die Produkte innerhalb von zwei Wochen zurückgeschickt werden müssen. Für den Versand der großen Geräte ist eine Spedition zu beauftragen. Da ist die Frage: Wer trägt die Kosten?“ Zunächst sei das Unternehmen gefragt, den Rücktransport zu bezahlen. Es sei gesetzlich jedoch auch möglich, dass der Verkäufer davon abweicht. Das könne durchaus im Kleingedruckten vermerkt sein. „Es ist keine besondere Form dafür vorgesehen. Das muss der Verbraucher im Hinterkopf haben.“