„Ich habe keine Lust mehr, darüber zu sprechen! Wir haben nicht erhöht. Dann muss ich eben mehr Steuern zahlen!“, formuliert ein Blumenthaler Gastronom bei einer kleinen Umfrage die Situation in seinem griechischen Restaurant nach der Mehrwertsteuererhöhung. Ähnlich resigniert ist man auch in Farge: „Was soll man noch daran ändern?“ Anja Rosenfeldt, Gastronomin im „Union am Markt“ schläft dagegen schlechter. Sie habe die Preise nur moderat mit 1.50 bis 2 Euro für die einzelnen Gerichte erhöht und merke den Rückgang der Gäste seit November deutlich. Buchungen für anstehende Konfirmationen, Kohlfahrten, 30. Geburtstage beispielsweise seien klar rückläufig. „Wenn sich das so durchzieht durch das Jahr, könnte das eng werden!“, erklärt die Unternehmerin. Nach ihrer Beobachtung hätten die Kunden zwar grundsätzlich Verständnis für die höheren Preise, würden aber selber mit steigenden Kosten überall kämpfen und sparten dann eben am Restaurantbesuch mit der Familie. Sehr gerne würde Anja Rosenfeldt einen Mittagstisch anbieten, aber die Personalkosten dafür seien ihr derzeit zu risikoreich: „Man weiß ja nicht, wie sich das weiterentwickelt!“
Gäste werden qualitätsbewusster
Auch Wenke Tydeks aus dem Bootshaus Blumenthal möchte zunächst abwarten, was dieses Jahr bringt und freut sich erst einmal auf die anlaufende Stinte-Saison. „Der Januar ist immer relativ schwach, weil zu Jahresanfang viele Rechnungen zu bezahlen sind!“, erklärt sie und fügt hinzu: „Es ist so, wie es ist! Und die Mehrwertsteuer ist ja nur ein Teil der Erhöhungen in allen Bereichen!“ Ihre Speisekarte hatte sie schon im vergangenen Jahr erfolgreich flexibilisiert und ihre Gäste würden Mehrkosten mittragen. Nach ihren Beobachtungen sei man in der Kundschaft bei den Preissteigerungen aber qualitätsbewusster geworden, was die Speisen angehe und würde auch schon einmal vergewissernd nachfragen, ob die verwendeten Lebensmittel tatsächlich auch frisch seien. Portionsgrößen hat Wenke Tydeks nicht verändert und auch ihr Anspruch an höchste Qualität sei geblieben. „Das Steak vom Bio-Bauern aus Blumenthal kostet eben mehr und das ist für die Menschen nachvollziehbar.“

Ursula und Walter Schomburg genießen mit ihren Enkeln Mateo und Talea Pizza in der Vegesacker Fußgängerzone.
Phillip Thiekötter aus dem Vegesacker Havenhaus geht ebenso nüchtern an die Sache heran. Einen Rückgang bei den Restaurantgästen habe er nicht feststellen können und überhaupt sei das Jahr ja gerade erst angefangen. Auf die höhere Mehrwertsteuer wurde in seinem Haus nur mit punktuellen moderaten Preiserhöhungen reagiert. Wohl aber habe es eine Änderung im System der Speisekarte selbst gegeben, was mehr Flexibilität ermöglicht und aufwendige teure Neugestaltungen der Karte erspart. Soll heißen: Preise können schneller aktuellen Marktsituationen in alle Richtungen angepasst werden. Und nachgedacht wurde auch darüber, ob es vor Ort Sinn mache und noch profitabel sei, extrem hochpreisiges Fleisch anzubieten. „Die Mehrwertsteuer ist ja nicht das Einzige! Einkaufspreise, Mindestlöhne, Gebühren, Lieferketten sind auch Faktoren, die in die Preisgestaltung mit hineinspielen!“, erklärte Thiekötter. Gerne würde er weitere ausgebildete Köche und Servicekräfte einstellen. Der Markt sei aber leer gefegt.
Dennoch, und da ist Thiekötter ganz klar und optimistisch, was den „Grauen Esel“ nebenan betrifft: „Auf keinen Fall bleibt der dicht!“ Derzeit befinde man sich in Verhandlungen, spiele mögliche Szenarien durch und entwickle Ideen.
Belebte Gastronomie
„Ärgerlich, aber nachvollziehbar!“, findet die Vegesackerin Ursula Schomburg die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Den Appetit lassen sie und ihr Mann Walter sich davon aber nicht verderben und genießen mit den Enkeln Mateo und Talea eine Pizza in der Vegesacker Fußgängerzone. Im Durchschnitt gehen die Rentner vier Mal im Monat essen, meistens und besonders gerne zum Mittagstisch. Preissteigerungen hat das Ehepaar überall wahrgenommen, die aber seien nach ihrer Beobachtung moderat geblieben. „Die Leute lassen sich das als Highlight nicht nehmen!“, meint Ursula Schomburg und erfreut sich daran, wie begeistert Enkel Mateo den Pizzasnack im Freien genießt. Ein Bummel durch die Fußgängerzone und Blicke in Restaurants und Cafés scheint den Eindruck von Ursula Schomburg zu bestätigen. Tische sind voll, die gastronomischen Betriebe belebt.