Im vergangenen Jahr gab es den ersten Inklusionstag im Bremer Norden, in diesem soll es den zweiten geben – und der soll anders werden. Statt viele unterschiedliche Themen stehen wenige ähnliche auf dem Programm. Die Veranstalter sprechen deshalb von einem Fachtag. Allerdings einen, der alle angeht oder angehen kann. Diesmal soll es Vorträge und Diskussionen über Erkrankungen geben, die man nicht sieht und die trotzdem zu Einschränkungen und Behinderungen führen können: um psychische Störungen, Sucht und darum, wie Menschen wieder seelisch gesund werden können.
Dass bei der zweiten Auflage des Inklusionstages die Psyche im Mittelpunkt steht, hat für Frank Schurgast einen simplen Grund. Der Programmplaner spricht von immer mehr Facetten seelischer Belastungen und immer mehr Menschen, die psychische Probleme haben. Nach seinen Zahlen hat inzwischen jeder Vierte in Deutschland mal unter seelischem Druck gestanden und ist jeder Neunte tatsächlich erkrankt und dauerhaft oder immer mal wieder in Behandlung. Wenn er denn einen Therapeuten findet. Auch die lange Suche nach psychologischer und medizinischer Hilfe ist für Schurgast ein Beleg dafür, dass es viele Betroffene gibt – und wichtig ist, das Thema zu einem öffentlichen Debattenthema zu machen.
Er hat die Veranstaltung im Vorjahr als Inklusionsbeauftragter der Nordbremer SPD mitorganisiert, in diesem Jahr managt er den Fachtag als Co-Chef eines Vereins, der so ähnlich heißt wie der Fachtag: Inklusion Nord. Die Gründungsversammlung ist zwar inzwischen Monate her, der Eintrag ins Vereinsregister erfolgt aber erst jetzt. Schurgast sagt, dass sich der Prozess hingezogen hat, weil es immer wieder neue Sachbearbeiter gab, die immer wieder neue Unterlagen gefordert haben. Er geht davon, dass der Verein noch vor dem Inklusionstag ein offizieller Verein ist. Die Veranstaltung ist für September geplant. Wie 2023 ist für sie der Saal des Gustav-Heinemann-Bürgerhauses in Vegesack reserviert.
Die Gründungsmitglieder bilden gleichzeitig das Veranstaltungsteam vor Ort. Außer Schurgast gehört zu ihm SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ute Reimers-Bruns als zweite Hälfte des Vorstandsduos. Ihre beiden Stellvertreter sind Udo Schmidt und Thomas Pörschke. Ersterer steht an der Landesspitze der SPD-Arbeitsgemeinschaft Selbst aktiv, die sich für Menschen mit Behinderungen einsetzt, Letzterer sitzt für die Grünen im Vegesacker Beirat. Den erweiterten Vorstand bilden unter anderem Stefan Kubena vom Vegesacker Martinsclub, Gerald Wagner von der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen und Manfred Meyer von der Stiftung Friedehorst. Er wird einen Teil der Veranstaltung moderieren.
Sie ist gesplittet: Erst soll es um psychische Erkrankungen sowie Suchterkrankungen gehen, dann um seelische Gesundheit und darum, wie sie gefördert werden kann. Die Diskussion soll keine mit Podium werden, sondern eine, die nach einer Methode abläuft, die Schurgast Fishbowl- oder Goldfischglas-Methode nennt: Die Stuhlreihen für die Besucher sind kreisförmig angeordnet, in der Mitte sitzen die Referenten. Zugesagt hat beispielsweise Katharina Kähler, SPD-Abgeordnete und unter anderem Fraktionssprecherin für Menschen mit Beeinträchtigungen. Angefragt sind Mediziner und Psychologen vom Klinikum Ost. Auch mehrere Vertreter von Selbsthilfegruppen und Behindertenverbänden stehen auf der Einladungsliste.
Nach dem Vormittagsprogramm ist zur Mittagszeit eine Pause geplant, die aktiv gestaltet werden soll. Wer will, kann Yoga machen oder tanzen. Eine Band des Martinsclubs wird Musik machen. Sechs Stunden soll der Inklusionstag dauern. Schurgast sagt, dass es in diesem Jahr der Programmhöhepunkt des Vereins ist. Und dass der im nächsten noch mehr Projekte starten will. Der Co-Chef rechnet damit, dass dann Pläne umgesetzt werden können, an denen seit Längerem gearbeitet wird, um den Sport inklusiver zu machen. Dabei geht es nicht nur um weniger Barrieren, sondern auch um mehr Angebote, an denen Menschen mit und ohne Behinderungen teilnehmen können. Anfangen wollen die Inklusionsmacher mit der SG Marßel und dem Blumenthaler SV.
Ein anderes Vorhaben wird dagegen länger dauern. Inklusion Nord will mit einem Kompetenzzentrum eine Anlaufstelle schaffen, die möglichst viele Behinderteneinrichtungen und Behörden, die mit Teilhabe zu tun haben, unter einem Dach bündelt. Auf diese Weise sollen die Wege für Ratsuchende kürzer werden. Laut Schurgast ist das Konzept inzwischen Entscheidern der Sozialbehörde skizziert worden. Wo das Geld herkommen soll, es umzusetzen, ist allerdings offen. Für den Verein allein ist das Projekt eine Nummer zu groß. Er bekommt in diesem Jahr 5000 Euro von der Stadt und im nächsten 10.000 Euro. Den Inklusionstag gibt es nur, weil Sponsoren ihn finanzieren. Im Vorjahr hat die Veranstaltung 11.000 Euro gekostet.