Am 15. August 1997 endete ein Stück (Nord-)Bremer Geschichte: Die Vulkan-Werft musste schließen. Und noch immer – ein Vierteljahrhundert danach – bewegen der Vulkan und sein Niedergang die Gemüter.
Gerhard Koopmann hatte zu seinem Vortrag „Vulkanese bleibst du ein Leben lang“ ins Blumenthaler Doku eingeladen. Koopmann, erster Vorsitzender des Vereins „Stadtteilgeschichtliches Dokumentationszentrum“ hielt den Vortrag bereits zum vierten – und sehr wahrscheinlich nicht zum letzten – Mal. Wegen der großen Resonanz. Auch dieses Mal war im „Erzählcafé“ kaum noch ein freier Platz zu finden. Die Zahlen, Daten und Fakten rund um den Vulkan sind hinlänglich bekannt. Die Besucher des Erzählcafés nutzten die Gelegenheit, sich gemeinsam zu erinnern; an die guten Zeiten, als der Vulkan eine florierende Werft mit tausenden Beschäftigten war. Aber auch an „diese schrecklichen Zeiten, als uns klar wurde, dass alles umsonst war. Bis zur letzten Minute habe ich gehofft, dass es doch noch irgendwie weitergeht“, so eine Besucherin.
Vulkan gab Sicherheit
Dabei lief doch lange Zeit alles so gut. Zusammen mit Thomas Riebe skizziert Gerhard Koopmann die Geschichte des Vulkan. Fotos, an die Wand projiziert, untermalen den Vortrag. Koopmann, Jahrgang 1943, hatte selbst auf dem Vulkan eine Ausbildung zum Kupferschmied begonnen. „Das war 1959.“ „58“, meldet sich umgehend ein früherer Kollege im Publikum. „Stimmt.“ Koopmann schmunzelt. „Geh zum Vulkan, da hast du Sicherheit“, hieß es damals.
Erinnerungen an den sogenannten Lehrlingsboden werden geteilt. Dort wurden den Lehrlingen die Grundhandgriffe beigebracht, bevor sie auf die einzelnen Gewerke verteilt wurden. Auch gehörte es zu den Aufgaben der Lehrlinge, die Gedenkplatten zu pflegen, die an jene Vulkanesen erinnerten, die im Weltkrieg bei Bombenangriffen auf dem Werftgelände ihr Leben verloren hatten.
U-Boot-Bunker auf Werft-Gelände
Eine weitere Information aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs ist einigen Besuchern neu: So sollte der U-Boot-Bunker Valentin ursprünglich auf dem Gelände der Vulkan-Werft gebaut werden. Doch der damalige Vulkan-Direktor Robert Kabelac war dagegen. „Ich pflastere doch nicht mit diesem Ungetüm aus Beton unser Gelände zu. Wenn der Krieg vorbei ist, will ich wieder zivilen Schiffbau betreiben, und dafür brauche ich Platz“, wird Kabelac zitiert. Der U-Boot-Bunker wurde ab Mai 1943 in Farge-Rekum gebaut.
In den 1980-er Jahren begannen die Probleme. Der Vulkan hatte sich beim Bau des Kreuzfahrtschiffs „Europa“ finanziell verhoben. 1987 wurde Friedrich Hennemann an die Konzernspitze berufen. Er hatte die Vision, den mit Schlagseite dahin dümpelnden Schiffbau zu retten und durch Diversifizierung einen weltumspannenden maritimen Technologie-Konzern aufzubauen, frei nach dem Motto: Wir können alles – Containerschiffe, Passagierschiffe, Kriegsschiffe und noch mehr. „Das war vielleicht der Fehler, denke ich“, so ein Erzählcafé-Besucher. „Der Vulkan sollte Weltkonzern werden; so hatte Herr Hennemann sich das vorgestellt. Dabei war der Apotheker.“
Ein Film über den Niedergang
Eine Filmgruppe des Blumenthaler Doku hatte seinerzeit den Vulkan-Niedergang begleitet. In dem gut 90-minütigen Film schildern einige sogenannte Vulkanesen, wie es ihnen ergangen ist. Gerhard Koopmann zeigte einen Zusammenschnitt des Films und nahm die Besucher mit auf eine Reise in die Vergangenheit mit O-Tönen und dem einen oder anderen „Wiedersehen“ mit früheren Kolleginnen und Kollegen. Die Reaktionen der Zuschauer zeigte, dass der Niedergang der Vulkan-Werft die damals Betroffenen heute noch stark bewegt. „Ich träume immer noch vom Vulkan“, sagt eine Besucherin. „Ich habe dort so gern gearbeitet.“ Ein anderer Besucher äußert: „Da ist immer noch so vieles, was ich bis heute nicht verstehen kann. Wie das alles so schief laufen konnte.“
Der Bremer Vulkan bietet auch heute noch mehr als genug Fragen und Erinnerungen für weitere Vorträge. „Machen Sie bloß weiter“, gab so eine Frau zum Abschied Gerhard Koopmann mit auf den Weg und gleichzeitig noch die Mahnung, „solange die Erinnerungen im Stadtteil noch da sind“.