Über Monate ist das Blumenthaler Zentrum von Stadtplanern analysiert worden, um festzulegen, was es werden soll: Förder- oder Sanierungsgebiet? Jetzt liegt eine erste Antwort vor: beides. Der Ortskern soll quasi in zwei Bereiche aufgeteilt werden. Der Vorschlag der Gutachter ist so etwas wie eine Vorentscheidung. Im nächsten Frühjahr will sich der Senat endgültig festlegen.
Das Ergebnis der Studie liegt erst seit Kurzem vor. Die Empfehlung der Planer ist so neu, dass Katharina Waschau und Maja Fischer-Benzenberg mehrfach wiederholen, wie neu sie ist. Die beiden Frauen sind an diesem Montagabend in den Saal des Rekumer Hofs gekommen, um den Fraktionen des Blumenthaler Beirates zu berichten. Die Mitarbeiterin der Baubehörde und die Architektin eines Planungsbüros sagen, dass die Vertreter des Stadtteilparlaments die Ersten sind, denen das Resultat der Analyse präsentiert wird.
Seit Anfang des Jahres ist das Zentrum sozusagen Forschungsfeld. Die Planer untersuchten dabei eine Fläche von fast 65 Hektar – von der Bahrsplate im Westen bis zum Blumenthaler Bahnhof im Osten, vom Kämmerei-Quartier im Süden bis zum Ende der Mühlenstraße im Norden. Was sie vorfanden, stellte die Behörde im Mai in einer Zwischenbilanz vor. Ressortvertreter sprachen von Potenzialen und Problemen. Von historischer Bausubstanz und Freiflächen für die Naherholung zum einen und Leerständen sowie Verfall zum anderen.
Das Ressort rechnete genau aus, was Stadtteilpolitiker täglich vor Augen hatten: Dass jede fünfte Erdgeschosseinheit im Ortskern leer steht, in der Mühlenstraße sogar jede dritte. Dass der Zustand der Gebäude in 87 Prozent der Fälle als mittelmäßig bis schlecht bewertet wird. Und dass drei Viertel der Häuser entweder modernisiert oder instand gesetzt werden müssten. Für die Geschäftsstraßen im alten Ortskern kamen die Gutachter zu dem Schluss, dass sie ihre ursprüngliche Funktion verloren haben: Der Handel ist kein Leitfaktor mehr.
Darum soll die Mühlenstraße jetzt Teil eines Sanierungsgebietes werden. Genauso wie ein Abschnitt der Weserstrandstraße, der Landrat-Christians-Straße, der Lüder-Clüver-Straße, der Fresenbergstraße, der George-Albrecht-Straße. Waschau und Fischer-Benzenberg sprechen von mehr Möglichkeiten, die ein Sanierungsgebiet bietet als ein Fördergebiet. Von einem Vetorecht der Stadt gegenüber Investoren. Von einer Vorkaufsoption für Immobilien. Und davon, dass sie Verträge aufheben kann, um Quartiere voranzubringen.
Der Hafenkopf, die Bahrsplate und das Kämmerei-Quartier sollen dagegen nicht dem Sanierungsgebiet zugeschlagen werden. Die Mitarbeiterin der Behörde und die Architektin des Planungsbüros argumentieren, dass bei diesen Flächen die Stadt mit niemanden verhandeln muss, um die Situation für Anlieger zu verbessern, weil sie ohnehin ihr gehören. Und sowieso geplant ist, in den Bereich beim Fähranleger, der benachbarten Grünanlage und des Gewerbegeländes nebenan zu investieren. Sie sollen mit Fördermitteln des Städtebaus aufgewertet werden.
Auf die Empfehlung, den alten Ortskern zum Sanierungsgebiet zu erklären und die Flächen drumherum zu Fördergebieten, warten die Stadtteilpolitiker schon lange. Nicht erst seit Beginn der Analyse, sondern im Grunde seit Jahren. Immer wieder haben sie gefordert, dass die Mühlenstraße und umliegende Abschnitte zum Sanierungsfall werden. Und immer wieder entschieden Behörden bislang anders. Für CDU-Chef Hans-Gerd Thormeier ist der Vorschlag der Gutachter darum ein guter Vorschlag – und für SPD-Fraktionssprecher Marcus Pfeiff der Durchbruch.
Nach dem Zeitplan der Behörde sollen noch in diesem Jahr mit den Eigentümern, die Häuser und Grundstücke im geplanten Sanierungsgebiet haben, Gespräche geführt werden. Dann beschäftigt sich die Deputation mit dem Vorschlag der Planer. Wie schnell erste Projekte fürs Zentrum umgesetzt werden können, ist unklar. Fest steht, dass Förder- und Sanierungsgebiete für mehrere Jahre eingerichtet werden. Eine Summe, die für Vorhaben in Blumenthal veranschlagt sind, gibt es noch nicht. Das Sanierungsgebiet wäre das erste seit Jahren in Bremen.