Lüssum-Bockhorn. An einer Reckstange stützt ein Jugendlicher das Gewicht seines ganzen Körpers auf die Arme, er springt ab, macht in der Luft eine Drehung um seine Achse und greift die Stange erneut – eine Übung, die enorme Kraft und Beweglichkeit erfordert. Die akrobatische Vorführung ist Teil der Einweihungsfeier für die neue Hood-Trainingsanlage hinter dem Lüssumer Ring. An ihr wird zwar schon seit etwa einem Jahr trainiert, doch erst in diesen Tagen wurde sie von Heike Binne, Quartiersmanagerin in Lüssum-Bockhorn, der Gewoba sowie der Hood-Training gGmbH offiziell eröffnet.
Auf einem geteerten Platz, mit weichem Boden in der Mitte, steht ein Wald von Stangen in unterschiedlichen Höhen und Positionen, die Ganzkörper-Krafttraining ermöglichten. Umgeben ist der Platz von Mietshäusern der Gewoba. Im Hintergrund tönt Rap, und auch Speisen und Getränke stehen bereit, spendiert von der Gewoba, die in Lüssum Eigentümerin der meisten Wohnungen ist. „Die Hood-Trainings-Anlage wurde zur einen Hälfte von der Gewoba und zur anderen Hälfte aus Mitteln des Städtebauförderprogramms Soziale Stadt finanziert“, sagt Hans-Hermann Schrader von der Gewoba bei der Einweihungsfeier.
Bis zu 20 Teilnehmer
„Bis zu 20 Teilnehmer machen regelmäßig beim Hood Training mit, das bereits Kindern ab sechs Jahren offen steht“, sagt Daniel Magel, der die gesamtpädagogische Leitung beim Hood Training hat. Drei Mal in der Woche findet in der neuen Anlage Training an Nachmittagen statt.
Anders als beim reinen Krafttraining liegt der Schwerpunkt beim Hood-Training auf der Koordination der Muskeln, was die Stabilität des Körpers enorm verbessert. Daniel Magel erläutert den Ablauf des Trainings: „Zu Beginn bilden wir einen Sitzkreis und besprechen, was heute auf dem Programm steht“, sagt er. „Dann folgt etwa eine halbe Stunde Aufwärmen, um Herz und Kreislauf, Gelenke und Bänder in Schwung zu bringen. Anschließend beginnen wir mit dem Hauptteil: Dabei machen wir das Ganzkörper-Krafttraining, wozu zum Beispiel Klimmzüge, Aufschwünge am Reck oder Druckübungen gehören“, sagt Magel, „und zwischendurch werden zur Entspannung und für das gemeinsame Miteinander Spiele gemacht.“
In einer kleinen Vorführung zeigen Kinder und Jugendliche, was sie bereits können. Mit kleineren Übungen fängt es an: Die gestreckten Arme schnell auf und ab bewegen – oder Beine anziehen und nach hinten schlagen. Die Hände falten und im Kreis drehen, das macht die Handgelenke kraftvoll und geschmeidig. Und schließlich Liegestütz, auch auf nur einem Arm. Es folgen Vorführungen sichtbar durchtrainierter Jugendlicher, die an der Reckstange Aufschwünge und gekonnte Körperdrehungen vollführen. Zum Gesamtpaket des Hood-Trainings gehören jedoch vielfältige andere Tätigkeiten: zum Beispiel die Produktion von Videos, Workshops zu Beat und Rap, zu Gewalt oder Drogenmissbrauch, aber auch Aufräumaktionen oder Wettkämpfe, bei denen die Teilnehmer sich untereinander messen können.
Damit ist Hood-Training weit mehr als nur ein weiteres Sportangebot. „Wir wollen die Jugendlichen von der Straße holen. Beim Hood-Training lernen die Teilnehmer nicht nur, sich gesund zu bewegen, sie können auch Frust abbauen und Freunde finden“, sagt Daniel Magel.
Hood-Training hat sich aus einem selbst organisierten Projekt in Tenever entwickelt und wird inzwischen in weiteren Stadtteilen in Bremen angeboten. Ziel ist es, bildungs- und sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen einen Ort zu bieten, an dem sie Rückhalt finden, ihre Fähigkeiten entwickeln und durch Sport in der Gemeinschaft eine sinnvolle Beschäftigung ausüben können. Durch das Trainingsangebot verbessern sich die sozialen Interaktionen zwischen den Teilnehmern, und Aggressionen werden so modifiziert, dass sie im Alltag so gut wie nicht mehr auftauchen.
Die Angebote des Hood-Trainings sind kostenlos und ohne Mitgliedschaft möglich. Der Fokus liegt beim Aufbau sozialer Kompetenzen: Durch die Zusammenarbeit in Gruppen werden Vorurteile abgebaut und durch positive und gezielte individuelle Förderung das Selbstbewusstsein gestärkt. Hood-Training leistet damit in sozialen Brennpunkten offene Kinder- und Jugendarbeit.