Die Engie-Gruppe hat ihre Beteiligung an ihren Kraftwerken in Farge, Zolling und Wilhelmshaven sowie dem Kraftwerk in Rotterdam an die amerikanische Riverstone Holdings LLC verkauft. Das berichtet der Farger Betriebsleiter Frank Fischer der NORDDEUTSCHEN. Über den Kaufpreis schwieg sich Fischer indes aus. Entlassungen soll es offenbar vorerst nicht geben: Für die rund 300 Beschäftigten in den drei deutschen Werken und die etwa 80 Beschäftigten in den Niederlanden soll zunächst alles beim Alten bleiben. „Hinter dem Zaun wird sich nicht viel verändern“, so Frank Fischer.
Über erste Verkaufsgerüchte hatte unsere Zeitung bereits im vergangenen April berichtet. Der Deal wurde im Stillen vorbereitet, Betreiber Engie wollte die Verkaufsgerüchte damals nicht kommentieren. Die rund 100 Mitarbeiter am Standort Farge waren jedoch über die Verkaufsabsichten des Steinkohlekraftwerks informiert worden, das als eines der effizientesten in Europa gilt. Einige Mitarbeiter hofften, dass der Verkauf für das Werk eine Chance sein könne. Viele von ihnen hatten bereits 2009 einen zurückliegenden Verkauf mitgemacht. Das Kraftwerk produziert nach Unternehmensangaben pro Jahr 1,8 Milliarden Kilowattstunden, die ins deutsche Übertragungsnetz eingespeist werden. In den Jahren von 2011 bis 2014 waren 60 Millionen Euro in das Werk Farge investiert worden.
Der neue Eigentümer habe die vorhandene Gesellschaft gekauft. Alle Arbeitsverträge blieben bestehen, erläutert Frank Fischer. Insofern sei auch der Betriebsrat nicht in den anderthalbjährigen Verkaufsprozess involviert gewesen. Als am Freitag das Ergebnis der Verhandlungen am Standort Farge verkündet wurden, seien die Mitarbeiter sehr ruhig geblieben. Frank Fischer zur Stimmung: „Ich denke, die meisten Mitarbeiter sind froh, dass es nun endlich zu einem Ergebnis kam. Der Prozess lief lange, und nichts ist schwieriger als Ungewissheit.“
Der Kraftwerksbetrieb laufe zunächst weiter wie bisher. Wie es zukünftig am Standort Farge weitergehe, würden Gespräche im Mai mit den neuen Eigentümern ergeben, hofft Frank Fischer. „Bis Ende des Sommers sind wir noch Engie, dann wird es einen Übergang geben.“
Als weitere Interessenten galten in dem Bieterverfahren nach Informationen unserer Zeitung unter anderem das Bremer Entsorgungsunternehmen Nehlsen und Deutschlands größter Stromproduzent, die RWE AG in Essen. Die im Jahr 2000 von Jr. David M. Leuschen und Pierre F. Lapeyre gegründete und auf Energie spezialisierte Investmentgesellschaft Riverstone Holding LLC mit Sitz in New York gilt als Global Player, dessen Gesamtvermögen im Internet mit 36 Milliarden US-Dollar angegeben wird.
Engie reduziert Kohle-Anteil
Veräußert hat Engie seine Beteiligungen auch am niederländischen Kraftwerk in Rotterdam sowie an den Kraftwerken in Zolling und Wilhelmshaven. Das Steinkohlekraftwerk Wilhelmshaven mit etwa 80 Mitarbeitern unweit des Jade-Weser-Ports gilt als eines der modernsten der Welt. Von 2008 bis 2013 waren nach Unternehmensangaben über eine Milliarde Euro in das Kraftwerk geflossen. Insgesamt verfügten diese Kraftwerke über eine Kapazität von 2345 Mega-Watt, heißt es in einer Pressemitteilung von Engie. Die Transaktion soll im zweiten Halbjahr 2019 abgeschlossen sein und werde die konsolidierte Nettoverschuldung von Engie um rund 200 Millionen Euro reduzieren. Die Zahl gibt laut Insidern einen Hinweis auf den Verkaufspreis, dieser wird aber nicht genannt.
Mit dem Verkauf reduziert Engie seinen Anteil an Kohle an den weltweiten Stromerzeugungskapazitäten drastisch. Der Anteil wird laut Mitteilung dann vier Prozent betragen. Zum Vergleich dazu betrug der Anteil Ende 2015 noch 13 Prozent. Damals hatte die Gruppe angekündigt, ihre Kohlekraftwerke stillzulegen oder zu veräußern. „In den letzten drei Jahren hat Engie ihre kohlebasierten Stromerzeugungskapazitäten um rund 75 Prozent verringert“, so Sprecherin Alexa Schroeder.
Der Engie Konzern mit 11 000 Mitarbeitern in Deutschland und den Niederlanden wolle Marktführer beim Übergang zu CO2-Neutralität sein: „Wir konzentrieren uns auf Investitionen in Lösungen für Unternehmen und Kommunen, in erneuerbare Energien in großem Maßstab und in die notwendige Anpassung von Strom- und Gasnetzen an die Energiewende“, sagt Isabelle Kocher, Ceo von Engie. Für diese Aktivitäten stünden bis 2021 insgesamt zwölf Milliarden Euro bereit. Ziel sei, für alle Kunden den Übergang zu Klimaneutralität voranzutreiben.