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Thyssen-Krupp in Farge Der Problem-Standort

Im Vorjahr wurden 230 Arbeitsplätze bei Thyssen-Krupp in Farge gestrichen, jetzt fallen noch noch einmal 74 Stellen weg. Die Reaktionen von Parteien, der Behörde und dem Ortsamt im Überblick.
23.04.2021, 05:00 Uhr
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Der Problem-Standort
Von Christian Weth

Erst wurde mit den Beschäftigten ein Zukunftskonzept für Thyssen-Krupp System Engineering ausgehandelt – jetzt erleben die Mitarbeiter, dass immer mehr von ihnen in diesem Konzept nicht vorkommen: Der zweite Stellenabbau in Folge ist so gut wie abgeschlossen. Wurden im Vorjahr allein im Farger Werk 230 Arbeitsplätze gestrichen, fallen jetzt noch einmal 74 Jobs weg. Nach Angaben des Betriebsrats ist inzwischen entschieden, wer bis wann in eine Transfergesellschaft wechselt. Wie Parteien, Wirtschaftsbehörde und das Ortsamt die Entwicklung bewerten – und was sie unternehmen wollen, damit das Werk erhalten bleibt. Ein Überblick.

Die SPD: Ute Reimers-Bruns sagt, schockiert zu sein – über das Tempo, das der Konzern beim Stellenabbau macht und darüber, dass er auf eine Restrukturierung der Engineering-Sparte gleich die nächste folgen lässt. Nach Ansicht der Bürgerschaftsabgeordneten und Chefin der Nordbremer SPD gab es inzwischen so viele Konzepte, das Unternehmen neu auszurichten, dass sie schon gar nicht mehr sagen kann, wie viele. Sie findet, dass es jetzt für die Essener Unternehnehmensspitze an der Zeit ist, endlich mal die Zukunftspläne umzusetzen, die sie wiederholt skizziert hat.

Auch gegenüber Politikern der SPD. Die hatten der Geschäftsführung erst geschrieben, dann sich mit ihr getroffen. Im Vorjahr war das. Reimers-Bruns sagt, damals zuversichtlich gewesen zu sein. Jetzt ist sie verunsichert, ob die Konzernspitze tatsächlich Wort hält – und künfig nicht noch weitere Stellen streicht. Zum Beispiel bei den Auszubildenden, die auf Drängen der SPD vom Personalabbau ausgenommen worden sind. Die Bürgerschaftsabgeordnete fordert Klarheit vom Unternehmen. Ginge es nach ihr, würde es schon bald ein weiteres Teffen mit Firmenvertretern geben.

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Die CDU: Auch Unionspolitiker haben sich mit Entscheidern von Thyssen-Krupp getroffen. Auch sie sind der Auffassung, dass für die Beschäftigten eine Perspektive geschaffen werden muss – vom Senat. Laut Alexa von Busse muss er sich dafür einsetzen, dass keine weiteren Stellen bei Thyssen-Krupp in Farge abgebaut werden und das Werk an der Richard-Taylor-Straße erhalten bleibt. Nach den Worten der CDU-Sprecherin schließt das auch mit ein, den Standort so attraktiv zu machen, dass der Konzern findet, was er seit Längerem sucht: einen Partner oder Käufer für die Sparte.

Dass alles versucht werden muss, damit es für das Werk weitergeht, steht für Holger Jahn außer Frage. Der CDU-Beiratspolitiker zählt den Hersteller von Montageanlagen für die Automobilbranche zu den größten Arbeitgebern im Stadtteil. Ein Aus wäre nach seinen Worten deshalb eine Katastrophe für Blumenthal. Er kündigt an, sich dafür einsetzen zu wollen, dass sich das Stadtteilparlament mit den Problemen von Thyssen-Krupp befasst – und mit einem Beschluss, der an die Behörden gerichtet wird. So wie das auch beim Farger Kraftwerk geschah, dessen Zukunft ebenfalls unklar ist.

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Das Ortsamt: Oliver Fröhlich war da, als Beschäftigte im Vorjahr beim Werkstor auf einen möglichen Verkauf des Standorts aufmerksam machten – und darauf, dass sie sich um ihre Arbeitsplätze sorgen. Der Blumenthaler Verwaltungschef sagt, erschrocken darüber zu sein, wie schnell der Konzern aus den Befürchtungen nun Tatsachen gemacht hat. Trotz Gespräche mit Partei-, Behörden- und Senatsvertretern. Er wertet das als einen Beleg dafür, dass der Konzern kaum davon abzubringen sein wird, zu machen, was er bisher gemacht hat, um auf ausbleibende Aufträge zu reagieren.

Wie Beiratspolitiker Jahn sieht auch Ortsamtsleiter Fröhlich einige Parallelen zum Kraftwerk. Aber ebenfalls Unterschiede. Ihm zufolge ist Betreiber Onyx-Power auf das Blumenthaler Parlament zugegangen, um über die Entwicklung und mögliche Veränderungen am Standort zu informieren – anders als die Werksleitung von Thyssen-Krupp. Der Ortsamtsleiter sagt, dass er mit den Sprechern der Beiratsfraktionen darüber beraten will, wie man mit dem erneuten Stellenabbau und der Situation des Unternehmens umgehen will. Sie haben sich am Dienstagabend getroffen.

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Die Behörde: Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) ist im Vorjahr sowohl mit der Geschäftsführung als auch mit dem Betriebsrat des Farger Unternehmens zusammengekommen. Die Treffen waren vereinbart worden, kurz nachdem die Konzernleitung dem Betriebsrat erklärt hatte, nicht nur an einem Firmenumbau zu arbeiten, sondern außerdem einen Käufer beziehungsweise Partner für die Engineering-Sparte zu suchen. Damals hatte Vogt darauf gesetzt, dass ein endgültiges Zukunftskonzept ausgearbeitet wird, damit möglichst viele Arbeitsplätze am Farger Standort erhalten bleiben.

Jetzt setzt sie darauf, dass die Konzernspitze die mit der Gewerkschaft vereinbarten Restrukturierung des Unternehmens – weg vom Bau von Montageanlagen für Verbrennungsmotoren, hin zu Produktionsstätten für Fahrzeuge mit Elektroantrieb – auch vollzieht. Vogt weiß, dass die Transformation eine große Herausforderung ist. Sie bietet sich an, bei der Konkretisierung von Projekten und Ideen, bei der Partnersuche und der politischen Flankierung zu helfen.

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