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Neue Stelle am Klinikum Nord Frau Namani kümmert sich

Weil immer mehr Fachkräfte aus dem Ausland kommen, gibt es mit Ðezide Namani jetzt am Klinikum Nord, was es so noch nicht gab: eine, die sich um Neuzugänge kümmert. Die Integrationsbeauftragte im Porträt.
20.03.2023, 18:00 Uhr
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Frau Namani kümmert sich
Von Christian Weth

Eine Treppe hoch, dann rechts und noch mal rechts: Willkommen im Büro von Ðezide Namani. Auf dem Besuchertisch brennt eine Lichterkette, in einer Schale stapelt sich Schokolade. Wer will, soll sich nehmen. Namani sagt das mehrmals. Die Frau mit dem langen schwarzen Haar ist ein Empfangskomitee, das es so am Nordbremer Klinikum noch nicht gab. "Integrationsbeaufragte" steht auf ihrem Namensschild. Namani soll dafür sorgen, dass der Start für alle, die am Krankenhaus neu anfangen und aus einem anderen Land kommen, so gut wie möglich verläuft. Und dass alle bleiben.

Seit November gibt es die Stelle am Klinikum. Inzwischen hat jedes der vier städtischen Krankenhäuser jemanden wie Namani. Sie sagt, dass ihr Posten der letzte war, der besetzt worden ist. Und dass sie nie geglaubt hätte, ihn zu bekommen. Wegen ihres Akzents und weil sie findet, dass ihr Deutsch nicht so perfekt ist wie das Deutsch von Deutschen. Namani ist Albanerin, in Serbien geboren und in Tschechien aufgewachsen. Man könnte meinen, dass es internationaler kaum geht. Geht es aber: Die neue Integrationsbeauftragte spricht sechs Sprachen. Sie glaubt, dass es am Ende das gewesen sein könnte, ihr die Stelle zu geben.

Dabei sind die Sprachen gar nicht dabei, die von den Frauen und Männern gesprochen werden, die jetzt neu am Klinikum angefangen haben. Sie kommen von den Philippinen, aus Mexiko, aus Tunesien, dem Iran, Italien. Namani spricht trotzdem mit ihnen, und zwar noch bevor sie in Deutschland sind. Kommuniziert wird per Videoschalte. Und per Dolmetscher. Sie werden von einer Agentur gestellt, in deren Auftrag der Klinikverbund neues Personal in Übersee und jenseits des Mittelmeers sucht, weil er wegen des Fachkräftemangels in Europa kaum noch welches findet. Seit Jahren geht das so und steigert den Anteil ausländischer Klinikkräfte.

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Timo Sczuplinski hat in der Statistik nachgeschaut. Der Unternehmenssprecher kommt auf 7400 Beschäftigte, die in den städtischen Krankenhäusern arbeiten und auf inzwischen 70 Länder, aus denen diese Beschäftigen stammen. Allein am Krankenhaus an der Hammersbecker Straße sind rund 60 Nationen vertreten und werden inzwischen 30 Sprachen gesprochen. Laut Sczuplinski war 2021 und 2022 das Plus an ausländischen Kräften größer als in anderen Jahren. Die Zusagen von ihnen kamen zwischenzeitlich so häufig, dass nicht nur Wohnungen für sie gesucht wurden, sondern Räume für Wohngemeinschaften.

Namani nennt die Neuzugänge anders. Entweder spricht sie von internationalem Personal oder einfach von Kollegen. Woher jemand kommt, spielt für sie keine Rolle. Sondern nur, wer was kann und wie jemand ist. Darum die Videokonferenzen mit Dolmetscher: Sie lotet aus, wer ihr Gegenüber ist – und ihr Gegenüber, was das Klinikum bietet. Im Grunde, sagt Namani, bewerben sich beide Seiten. Es gibt sowohl Konkurrenz unter den Fachkräften als auch zwischen den Krankenhäusern. Seit Namani als Integrationsbeauftragte angetreten ist, hat sie 15 Onlinegespräche geführt und das Klinikum siebenmal den Zuschlag bekommen.

Für die Neuen ist Namani so etwas wie die Ansprechpartnerin Nummer eins. Sie ist dabei, wenn die Fachkräfte vom Flughafen oder vom Bahnhof abgeholt werden. Sie bringt sie in ihre Wohnungen, die manchmal Übergangswohnungen sind. Sie hilft bei Anträgen für die Behörden und Formularen für die Weiterbildung. Und sie versucht da zu sein, wenn es mal nicht so läuft wie geplant: mit der Sprache, mit den sozialen Kontakten, mit dem Team. Namani ist immer wieder auf den Stationen, um zu hören, wie es den Neuzugängen geht, aber auch den Kollegen und Patienten, die mit den Neuzugängen zu tun haben.

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Namani geht davon aus, dass man sie vielleicht auch deshalb ausgewählt hat: Sie weiß, wie es ist, in einem fremden Land anzukommen. Und was es bedeutet, ab sofort eine fremde Sprache sprechen zu müssen. Namani war 17, als ihre Familie nach Deutschland kam. Sie wurde nicht gefragt, ob sie mit will. In Tschechien hatte sie eine Ausbildung in einem Rechtsanwaltsbüro angefangen, im Bremer Norden musste sie dagegen wieder fast von vorn anfangen. Erst war sie auf einer Berufsschule, dann auf dem Gymnasium. In einem Seniorenheim wurde sie zur Altenpflegerin ausgebildet. Seit zwei Jahren arbeitet sie in der Geriatrie des Klinikums.

Ihr Job ist ein geteilter Job. Zu einem Viertel ist sie als Klinikkraft auf der Station, zu Dreiviertel als Integrationsbeauftragte im Büro. Zumindest vorerst. Die Direktoren des Krankenhauses haben bereits signalisiert, dass sie aus der Stelle gerne eine Vollzeitstelle machen würden. Sie rechnen damit, wovon auch Unternehmenssprecher Sczuplinski ausgeht: Dass noch mehr internationale Fachkräfte gebraucht werden.

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