Blumenthal. Wenn in der Turnhalle der Tami-Oelfken-Grundschule in Blumenthal Fernseh- und Spiegelreflexkameras, ein Sektempfang und viele Erwachsene in Trainingsanzügen vom SV Werder Bremen zu finden sind, wird dem aufmerksamen Beobachter sofort klar: Hier findet kein normaler Sportunterricht statt. Der Grund für den ungewöhnlichen Trubel: Die Grün-Weißen stellten am Mittwoch ihr soziales Kooperationsprojekt "Spielraum" vor. Dazu wurde es an der Blumenthaler Grundschule anhand einer beispielhaften Bewegungsstunde präsentiert. Hinter dem Programm verbirgt sich nämlich ein Konzept, dass Kinder und Jugendliche wieder mehr Teilhabe an Sport und Bewegung ermöglichen will. Denn mittlerweile ist nur jedes zweite Kind in Deutschland ausreichend aktiv. Jeder achte Schulanfänger ist übergewichtig. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, arbeitet der Bundesliga-Verein mit Partnerinstitutionen zusammen. Hierzu zählen neben Kitas, Grundschulen und weiterführende Schulen auch lokale Sportvereine und soziale Träger der Kinder- und Jugendarbeit.

Werder-Stars Ina Timmermann, Marco Friedl, Eren Dinkci (v.l.) mit Kindern in der Sporthalle der Tami Oelfken Grundschule.
"Wir sind froh, dass wir jetzt all unsere sozialen Programmen und offenen Angebote im Bremer Stadtgebiet sowie in Niedersachsen unter dem Dach des Spielraum-Konzeptes bündeln konnten", berichtet Michael Arends, Team-Leitung Gesellschaftliches Engagement beim SV Werder. Dabei solle mehr Kindern und Jugendlichen mit und ohne Beeinträchtigung und Fluchterfahrung der Zugang zu Sport niedrigschwellig ermöglicht werden - durch wöchentliche Bewegungsangebote oder regelmäßige Veranstaltungen. Zudem werden zusammen mit den Netzwerkpartnern junge Menschen zu Übungsleitern ausgebildet. Involviert werden dabei auch Profi- und Nachwuchsspieler des SVW, sowohl aus den Damen- als auch aus den Herrenteams. Heutiger Schauplatz also: Die Tami-Oelfken-Grundschule des "Spielraumes" Blumenthal.
Doch bevor die Stunde starten konnte, trafen noch die Hauptakteure ein. Die Rede ist nicht etwa von den Werderaner Fußball-Profis Marco Friedl und Eren Dinkci, die als Botschafter dieses Projektes auch vor Ort waren. Sondern die zahlreichen Grundschul- und Kita-Kindern. Sie wollten sich gemeinsam mit den Profi-Kickern bewegen. Unterstützt wurden sie dabei von den Übungsleitern des SV Werder Bremens Lukas Laumann und Jana Siedler. An Motivation fehlte es den Kleinen auf jeden Fall nicht. Voller Energie wurden im Rahmen der (Mini-) Ballschule Spiele wie "Zimmer aufräumen" und "Ente, Ente, Gans" gespielt. Dadurch wird den Jüngsten schon spielerisch ermöglicht, motorische und koordinative Ballfertigkeiten zu erlernen. Auch Marco Friedl und Eren Dinkci zeigten vollen Einsatz. Die umher stehenden Kamerateams und Fotografen schienen dabei sogar fast zu stören.
Spaß am Sport vermitteln, Teilhabe ermöglichen
Stolz präsentierten die Kinder ihre eigenen weißen Trikots, auf denen in Werder-Grün der Name des Projektes gedruckt war. "Der Teamgedanke ist hier super wichtig. Wir wollen den Kindern durch den Sport Zusammenhalt spüren lassen", sagte Übungsleiterin und Werderspielerin Jana Siedler. Sie selbst sei in Blumenthal aufgewachsen und habe somit eine ganz besondere Verbindung zu den Menschen hier. Auch Eren Dinkci bedeute das Programm viel, da er selbst als gebürtiger Bremer "auf Schulhöfen gebolzt habe". Ihm sei es wichtig, an den Schulen seine Begeisterung für den Sport weiterzutragen. Marco Friedl ergänzt, er sei "froh, heute hier dabei sein zu können. Ich möchte den Kindern etwas zurückgeben, indem ich ihnen den Sport wieder näher bringe. Heutzutage bewegen sich die Kids oft viel zu wenig. Ich will da als Vorbild dienen und zeigen, wie viel Spaß der Sport machen kann".

Werder-Profis Eren Dinkci und Marco Friedl mit Kindern in der Sporthalle der Tami Oelfken Grundschule
Doch was genau hat es mit dem Namen "Spielraum" auf sich? Die Initiatoren des Konzeptes bezeichnen einen ausgewählten Sozialraum als "Spielraum". Um die räumliche Nähe herzustellen, nimmt Werder Bremen Kontakt zu Kitas, Schulen, Vereinen und sozialen Trägern auf. Diese bilden die Netzwerkpartner für den jeweiligen "Spielraum". Laut Arends gebe es mittlerweile insgesamt 20 von ihnen in Bremen und Niedersachsen. Blumenthal ist einer davon. "Das schöne an dem Projekt ist, dass die Bildungseinrichtungen eng zusammenarbeiten", sagte Elke Wolf, Schulaufsicht für Oberschulen und Gymnasien beim Bremer Bildungsressort. Dabei würden die entstandenen Angebote sowohl während des Unterrichts als auch außerschulisch und jahrgangsübergreifend stattfinden. Erzieher Stefan Ruger von der benachbarten Kita teilte die Begeisterung. Seiner Meinung nach würden die Kita-Kinder die Bewegungszeit mit den Grundschülern sehr genießen.
Die strahlenden Gesichter der Kinder selbst zeugten jedenfalls von Spaß. Im abschließenden Sitzkreis wurde die gespielten Spiele Einstimmung für gut befunden. Und natürlich durfte auch ein Mannschaftsfoto am Ende der Veranstaltung nicht fehlen. Vor den Fußballtoren posierten die Schüler und Kita-Kinder gemeinsam mit ihren sportlichen Idolen und Übungsleitern. Ein lautes "Cheese" gehörte da schon fast zum guten und vor allem geräuschvollen Ton.