Erst gingen die Temperaturen rauf, dann runter – jetzt sollen sie wieder steigen. So sehr, dass sich die Nordbremer Rettungsschwimmer in den nächsten Tagen auf mehr Betrieb an den Badeseen und der Weser einstellen. Und auf mehr Zwischenfälle im Wasser. Bisher sind sie auf sieben Einsätze gekommen. Heye Walter sagt, dass das weder viel noch wenig ist. Normal ist die Saison für den Bezirkschef der Nordbremer Einsatzkräfte trotzdem nicht.
Walter hat die Statistiken ausgewertet. Von Mai bis jetzt haben es die Helfer der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft allein beim Sportparksee Grambke auf 1743 Einsatzstunden gebracht. Nach seiner Rechnung sind das etwas weniger als im Sommer zuvor – und fast halb so viele wie vor zwei Jahren, als die Hitzeperioden extremer waren, vor allem länger. Walter geht davon aus, dass die Rettungsschwimmer zum Ende der Saison auf eine ähnliche Zahl kommen werden wie im Vorjahr.
Bei einer anderen Ziffer sind sie es schon: bei den Unfällen mit Todesfolge. Walter sagt, dass die Einsatzkräfte geholfen haben, als im Juli eine 74-jährige Frau in Höhe des Vegesacker Weserufers von einem Motorboot gefallen war und aus der Weser geborgen werden musste. Genauso wie sie sich im Sommer zuvor an der mehrtägigen Suche nach einem 28-jährigen Mann beteiligt haben, der in der Nähe des Fähranlegers in Berne beim Baden mit Freunden untergegangen und nicht mehr aufgetaucht war.
Die meisten Einsätze hatten die Helfer bislang beim Sportparksee in Grambke, wo die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft eine Station hat. Walter spricht von mehreren Fällen, bei denen Kinder als vermisst gemeldet worden waren, die dann später von den Einsatzkräften zu ihren Eltern zurückgebracht werden konnten. Von einem Segelboot, das abgeschleppt werden musste. Und von einer Schwangeren, der am Strand die Fruchtblase geplatzt war. Ein Rettungswagen brachte die Frau ins Krankenhaus.
Der Bezirkschef sagt, dass die 30 Nordbremer Einsatzkräfte nicht nur vor Ort helfen, sondern dass sie in diesem Sommer auch machen, was sie im vergangenen wegen der Pandemie nicht machen konnten: Kinder unterrichten. Ihm zufolge haben sich die Lebensretter entschieden, diesmal kein Seminar zu streichen, weil schon genug Seminare ausfallen mussten. Und weil immer weniger Grundschüler sicher schwimmen können. Nach seiner Rechnung absolvieren aktuell 70 Mädchen und Jungen einen Kursus.
Walter findet, dass das ein guter Schnitt ist – und die Saison aufgrund des doppelten Engagements der Helfer eine besondere. Die Unterrichtsstunden hat er bisher nicht zu den Einsatzstunden dazugezählt. Wie viele es sind, muss er momentan offenlassen, weil manche Seminare noch laufen. Aus seiner Sicht ist die Herausforderung, so schnell wie möglich so vielen Kindern wie möglich das Schwimmen beizubringen, inzwischen so groß, dass er sie eine Herkulesaufgabe nennt. Auch weil Hallen fehlen.
Die Rettungsschwimmer unterrichten im Grohner sowie Vegesacker Bad – und beteiligen sich an dem Projekt des Vereins "Schwimm mit", der mit einem mobilen Becken von Stadtteil zu Stadtteil unterwegs ist. Walter sagt, dass viele Kinder nicht mal ein Gefühl fürs Wasser haben. Und dass diese Kinder folglich besonders gefährdet sind, wenn ihre Eltern an den See oder die Weser wollen. Den Fluss hält der Bezirkschef für so gefährlich, dass im Grunde niemand in ihm baden sollte. Nicht mal Leistungsschwimmer.
Walter findet es deshalb gut, dass die Behörde bei der Bucht beim Bunker Valentin, die an heißen Tagen auf Hunderte Besucher kommt, jetzt ein großes Schild aufstellen will, das auf das Risiko hinweist. Noch besser fände er es allerdings, wenn sich die Leute gleich von Anfang an einen anderen Ort zum Baden suchten. Einen, der eben nicht als Schifffahrtsstraße ausgewiesen ist. Und wo die Frachter keinen Sog erzeugen, der Menschen von den Beinen reißen und in die Fahrrinne ziehen kann.