Borgfeld. Politiker der Grünen in Borgfeld empören sich über die Aussagen des CDU-Fraktionschefs in der Bürgerschaft, Frank Imhoff. Wie berichtet, hatte der Oppositionschef bei einem Besuch in Borgfeld eine konsequentere Pflege der Wümmeufer und eine bessere wasserwirtschaftliche Unterhaltung gefordert, damit Hochwasser künftig schneller abfließen könne. Die Fraktionsführerin der Grünen im Borgfelder Beirat, Juliane Filser, wiederum ist der Meinung, dass sich die CDU-Vorschläge nicht eignen, um künftige Hochwasser zu vermeiden. Die Christdemokraten stützten sich vielmehr auf "uralte Fakten", die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen.
Als Beispiel nennt Filser das von der CDU geforderte Ausbaggern der Wümme. Sandbänke zu beseitigen, sei "völlig kontraproduktiv und entspricht nicht den aktuellen Erkenntnissen der allgemeinen Hydrologie und Physik", kritisiert die Professorin für Ökologie an der Universität Bremen. Eine ausgebaggerte Wümme nähme nur ein Minimum des Hochwassers auf, dies würde keine Entlastung bringen, glaubt Filser. Die Wissenschaftlerin geht noch einen Schritt weiter. Das Ausbaggern der Wümme ist ihrer Ansicht nach sogar kontraproduktiv. Die Folgen sehe man am Beispiel der Weser. "Mit jeder Flut werden größere Wasser- und Sandmengen ins Inland getragen." Um die Menschen vor den Folgen von Überschwemmungen zu schützen, helfen laut Filser und Parteikollegen nur größere Flächen, auf denen sich das Wümmewasser ausbreiten kann.
Verweis auf europäischen Gewässerschutz
Die Sandbänke seien nicht der Grund dafür gewesen, dass das Weihnachtshochwasser nicht schnell genug abfließen konnte, ist sich Filser sicher. "Das Lesumsperrwerk war wegen der Sturmflut geschlossen, deshalb konnte das Wasser nicht abfließen", erklärt die Borgfelder Grünen-Politikerin. Hätten die Verantwortlichen dagegen die Tore geöffnet, wäre noch mehr Wasser in die Wümme geströmt. Dieser Aspekt sei von der CDU nicht berücksichtigt worden. Die Bäume und Büsche in den Uferbereichen und unterhalb der Flutbrücke wegzunehmen, wie die Christdemokraten es fordern, würde aus Sicht der Grünen ebenfalls nicht dafür sorgen, dass das Hochwasser schneller abfließt. Stattdessen müssten die Gehölze unbedingt stehen bleiben, "um den Deich zu schützen", meint Filser. Der Bewuchs zwischen Fluss und Deich verhindere nämlich, dass das Wasser Material wegschwemme und der Deich abgetragen werde. Zudem weist Filser auf die geltende Europäische Wasserrahmenrichtlinie hin. Diese verbiete die Durchführung von Maßnahmen, die zu einer Verschlechterung der Qualität von Gewässern führten. "Und es wäre eine Verschlechterung, wenn man die Wümme ausbaggern sowie Bäume und Büsche entfernen würde."

Juliane Filser (Grüne).
Ihre Sichtweise unterstreicht Filser mit dem Beispiel Oder-Hochwasser im Jahr 2002: "Eine Schlussfolgerung war damals: renaturieren statt ausbaggern." Diese Erkenntnis könnte auch an der Wümme umgesetzt werden. Die Grünen setzten sich deshalb für ein naturnahes Flussgebietsmanagement mit größeren Wasserausweichflächen und mehr Auenwäldern ein. Denn: "Naturschutz ist Menschenschutz", entgegnet Filser dem Vorwurf einiger CDU-Politiker, der Naturschutz sei der rot-grün-roten Landesregierung wichtiger als der Schutz der Menschen vor Hochwasser.
In einem Punkt gibt die Borgfelder Grünen-Politikerin, die nach eigenen Worten 20 Jahre im landwirtschaftlichen Bereich geforscht hat, der CDU jedoch recht: "Das Hochwasser muss sehr koordiniert aufgearbeitet werden" – auch im Zusammenwirken der beiden Bundesländer Bremen und Niedersachsen.