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Borgfelder Landhaus Behördenpläne sorgen für Unruhe

Die Nachricht, dass der Standort des Borgfelder Landhauses neu bebaut werden könnte, hat im Stadtteil aufhorchen lassen. Beobachter zweifeln die Sinnhaftigkeit des Vorhabens an und wünschen sich Transparenz.
20.06.2022, 18:05 Uhr
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Von Antje Stürmann André Fesser

Borgfeld/Lilienthal. Die Überlegungen der Bremer Sozialbehörde, Flüchtlinge in größerer Zahl in neuen Gebäuden auf dem Gelände des jetzigen Borgfelder Landhauses unterzubringen, haben in Borgfeld für Aufsehen gesorgt. Dort wundert man sich, dass ausgerechnet dieser Standort ausgesucht wurde.

"Es gibt keinen im Ortsteil, der sich darüber freut", sagte CDU-Politiker und Beiratsmitglied Jörn Broeksmid am Montag auf Nachfrage der WÜMME-ZEITUNG. Am Vormittag seien bei ihm die Telefone heiß gelaufen, weil Borgfelderinnen und Borgfelder ihre Bestürzung über die Pläne des Senats zum Ausdruck brachten. "Ich selbst kenne die Pläne noch gar nicht", so Broeksmid.

Wie berichtet, berät der Bremer Senat an diesem Dienstag eine Vorlage aus der Sozialbehörde, in der Möglichkeiten aufgezeigt werden, in Bremen Hunderte Wohnplätze für Flüchtlinge zu schaffen. Ganz konkret ist dort aufgeführt, dass "an der Stelle des ehemaligen Borgfelder Landhauses ein neues Übergangswohnheim entstehen" kann. Offenbar soll ein Investor neu bauen, die Sozialbehörde diese Bauten dann mieten. Sie sollen flexibel anpassbar sein, um je nach Bedarf kleinere oder größere Einheiten schaffen zu können. Einige Wohnungen sollen rollstuhlgerecht sein. Als Einzugstermin nennt die Behörde das dritte Quartal kommenden Jahres.

Hohe Belastung

Die Bührmann-Gruppe hat sich als Eigentümerin des Borgfelder Landhauses trotz mehrfacher Nachfrage bislang nicht zu dem Vorhaben geäußert. In Borgfeld wird das Projekt nach Bekanntwerden des Behördenpapiers aber bereits eifrig diskutiert. So befürchtet CDU-Vertreter Broeksmid, dass 127 geflüchtete Menschen – so viele könnten die Gebäude laut Vorlage aufnehmen – den Ortsteil auf Dauer überstrapazieren könnten. "Der Bremer Osten wird über Gebühr belastet, das ehemalige Hotel Horner Eiche, das ab August wieder als Übergangswohnheim dienen soll, und das ehemalige Hotel Deutsche Eiche an der Lilienthaler Heerstraße sind ganz in der Nähe", gibt Broeksmid zu bedenken, "darüber müsste man offen diskutieren".

Im Ortsteil ein bis zwei Wohnungen für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen, sei kein Problem, "das kriegen wir hin", sagt der Ortspolitiker. 127 Leute unterzubringen hingegen sei "ein Schlag", so Broeksmid. Dabei seien die Borgfelder sehr solidarisch und leisteten ihren Beitrag bei der Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen mit Spenden – aktuell von Geflüchteten aus der Ukraine.

Keine Informationen

Das unterstreicht der Grünen-Politiker und ehemalige Ortsamtsleiter Jürgen Linke. Er habe vollstes Verständnis dafür, dass Geflüchtete in Borgfeld untergebracht werden sollen. "Aber es ärgert mich, dass schon der Senat über das Vorhaben befindet, wir in Borgfeld aber nichts darüber wissen." Linke spricht von einer Überfallaktion. Die Nachricht vom möglichen Abriss des Borgfelder Landhauses haue ihn um. "Ich habe aus der Zeitung davon erfahren", sagt Linke.

Für ihn persönlich sei es schwierig, sich ein Urteil zu bilden, solange es keinen Bauentwurf gibt. "Ich bin dafür, dass Flüchtlingen geholfen wird, und ich sehe ein, dass Wohnraum benötigt wird; aber es ist die Frage, ob man unbedingt auf dem Grundstück des Borgfelder Landhauses bauen muss." Um die Argumente abwägen zu können, brauche es Zeit. "Ich hoffe, dass der Borgfelder Beirat bald Informationen oder einen Entwurf bekommt." Die geplante Flüchtlingsunterkunft soll am Dienstag, 28. Juni, im nichtöffentlichen Teil der Beiratssitzung Thema sein.

Eine Institution

Ins Mark trifft die Borgfelder die Nachricht auch, weil das Gasthaus in Borgfeld eine Institution ist. "Das Borgfelder Landhaus war eine der ersten Gaststätten, die nach dem Krieg wieder geöffnet wurden", erinnert Heiko Wagener vom Vorstand des Bürgervereins. "Es ist seit Jahrzehnten eine Art Stammsitz, wo die Leute was essen und trinken." Der Bürgerverein habe dort Jubiläen gefeiert, Ausstellungen zur Geschichte Borgfelds und Kunstschauen Borgfelder Maler veranstaltet. "Wenn das Borgfelder Landhaus abgerissen wird, gibt es keinen Saal mehr für größere Familienveranstaltungen", so Wagener.

Er würde einen Abriss auch aus der Sicht des Heimatforschers bedauern: "Das Borgfelder Landhaus ist optisch ein markanter Punkt, zentral gelegen, und früher war dort die Zollstation an der Grenze zwischen Bremen und Niedersachsen; es tut weh, wenn ein markanter Punkt nach dem anderen in Borgfeld ausgelöscht wird", sagt der 83-Jährige.

Ortsbildprägender Charakter

Auch CDU-Politiker Jörn Broeksmid betont den "ortsbildprägenden Charakter" – ganz zu schweigen von seiner emotionalen Bedeutung für die Borgfelder. In dem Traditionsgasthaus habe man Geburtstage und Hochzeiten gefeiert. "Da hängen Erinnerungen und Emotionen dran."

Das Gebäude steht übrigens nicht komplett in Bremen. Nach Auskunft aus dem Lilienthaler Rathaus befindet sich ein kleiner Gebäudeteil auf Lilienthaler Gebiet. Dort hat man aber noch gar nichts von den Plänen gehört: "Dass dort eine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll, ist uns nicht bekannt", sagt Bauamtsleiter Stephen Riemenschneider. Sollte es derartige Pläne geben, würden sich die Lilienthaler über einen Hinweis freuen, sagt er auf Nachfrage: "Information unter guten Nachbarn ist immer schön."

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