Die Emotionen, die der mögliche Abriss des Borgfelder Landhauses hervorruft, kommen nicht von ungefähr. Mag das markante Gebäude für viele Bremerinnen und Bremer nur irgendwo am Rande der Großstadt stehen, ist es für Borgfelder seit jeher ein Fixpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Und auch Lilienthaler betrachten es als ihr eigen: Wer die Wümme-Brücke passiert hat, fährt ein langes Stück auf das Landhaus zu, das gemeinsam mit dem gegenüber liegenden Hotel so etwas wie ein Eingangsportal und eine erste Visitenkarte auch für Lilienthal darstellt. Dabei werden viele gar nicht wissen, dass das Gebäude großteils auf Bremer Gebiet steht.
Bei so viel Heimatgefühl fällt es leicht, die Neubaupläne in Bausch und Bogen zu verdammen, selbst wenn dahinter vielleicht eine gute Idee oder auch eine Notwendigkeit steht. Denn zwar mag einem die Architektur gefallen, allerdings müsste zu deren Erhalt auch sehr viel Geld in die Hand genommen werden. Wobei man sich zuvor darüber im Klaren sein müsste: Wofür? Denn die Gastronomie hat nach Angaben der Eigentümer im Landhaus schon vor Jahren nicht mehr genug abgeworfen. Und auch das Saalgeschäft ist im Zuge der Pandemie in die Knie gegangen.
Angesichts des vielstimmigen Protests gegen den Abriss fragen die Geschäftsleute nun mit Recht, wer in Borgfeld und Lilienthal sich in den vergangenen Jahren eigentlich um die Zukunft des Landhauses geschert hat. Besucht und genutzt hätten es die wenigsten. Und jene, die das Neubauvorhaben nun kritisierten, seien auch nicht diejenigen, die den Erhalt dieser Gaststätte voller Erinnerungen bezahlen müssten.
Auf der anderen Seite ist ein Eigentum an dieser markanten Stelle auch mit einer besonderen Verantwortung verbunden. Niemand kann bestreiten, dass geflüchtete Menschen anständig versorgt werden müssen und diese Aufgabe der gesamten Gesellschaft zukommt. Aber es hat sich auch gezeigt, dass die Integration besser funktioniert, wenn dieser Prozess moderiert wird. Offen ist auch die Frage, ob das Antlitz des künftigen Gebäudes diesem Ort gerecht wird. Die Eigentümer versichern, dass es so sein wird, haben bislang aber keine Pläne auf den Tisch gelegt. Sie könnten die Lage beruhigen, wenn sie mit offenen Karten spielten.