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Bürger fahren Bürger Braucht Borgfeld einen Bürgerbus?

Um das Mobilitätsangebot in Borgfeld nachhaltiger zu gestalten, will der Borgfelder CDU-Vorsitzende Jannis Fricke eine Bürgerbus-Initiative anschieben. Doch wer braucht den Bus und wer soll ihn fahren?
11.04.2024, 20:00 Uhr
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Braucht Borgfeld einen Bürgerbus?
Von Petra Scheller

Bundesweit verkehren zurzeit ungefähr 420 Bürgerbusse – das sind Linienbusse, die an entlegene Winkel und Orte fahren, die nicht ans öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen sind. Unter dem Motto "Bürger fahren Bürger", setzen sich Frauen und Männer ans Lenkrad eines Kleinbusses, um ihren Mitmenschen den Weg zum Einkaufen, zum Arzt oder zum nächsten Bahnhof zu erleichtern. Ehrenamtlich. Diese Idee findet der Borgfelder CDU-Ortsvorsitzende Jannis Fricke so gut, dass er sich das auch für Borgfeld wünscht. Schon als Jugendlicher interessierte sich der angehende Wirtschaftsingenieur nach eigenen Angaben für Mobilität und absolvierte eine Ausbildung bei der Deutschen Bahn als Zugdisponent. Er wolle sich nicht damit abfinden, dass Mobilität und Teilhabe vom Geldbeutel und Alter der Menschen abhängen, sagt Fricke. Gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen lud der Initiator der Borgfelder Bürgerbus-Initiative am Mittwoch zur ersten Info-Veranstaltung in den Borgfelder Gemeindesaal ein. Die zentrale Frage des Abends: Braucht Borgfeld einen Bürgerbus?

Wie lässt sich das herausfinden?

Der Verkehrsplaner für den öffentlichen Personennahverkehr, Stefan Bendrien, ist so etwas wie ein Geburtshelfer für Bürgerbus-Initiativen – 24 Linien gehören inzwischen zum Zweckverband Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen (ZVBN). Der Diplom-Geograf war selbst Vorstand verschiedener Bürgerbus-Vereine. Bendrien fühlt den Borgfelder Bürgerbus-Initiatoren gut eine Stunde lang auf den Zahn und lädt gleich zum Anfang der Veranstaltung zum Realitätscheck ein: Wer braucht hier einen Bürgerbus? Wer engagiert sich ehrenamtlich in der Initiative? Welches Know-how bringen die Initiatoren mit und über welche Netzwerke verfügen die potenziellen Bürgerbus-Vereinsmitglieder? Der stellvertretende Vorsitzende der Bürgerbus-Initiative Achim, Herfried Meyer, begleitete die erste Borgfelder Infoveranstaltung als Zuhörer und bot Schützenhilfe an. "Wir haben 2010 zunächst mit einer Bürgerbefragung in Achim begonnen", berichtet der ehrenamtliche Fahrer. Zwei Fragen habe man den Menschen vorab gestellt: "Können Sie sich vorstellen, wenn so ein Verkehrsmittel vor Ort angeboten wird, dass sie damit fahren? Und: Können Sie sich selbst vorstellen, sich daran aktiv zu beteiligen - zum Beispiel als ehrenamtlicher Fahrer oder Fahrerin?" So eine Befragung könne es auch in Borgfeld geben, schlägt Herfried Meyer vor. "Die Leute könnten ihre Antworten beim Ortsamt abgeben." In Achim habe die Gemeinde die Fragebögen mithilfe eines Studenten ausgewertet.

Was braucht es für einen Bürgerbus?

Einsatzgebiet von Bürgerbussen sind schwächer besiedelte Ortsteile oder Gebiete, in denen eine Bedienung mit herkömmlichen Linienangeboten wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist, erklärt ZVBN-Sprecher Stefan Bendrien. Borgfeld-Timmersloh, der Große Moordamm sowie Randgebiete im Borgfelder Osten und Westen kämen da durchaus infrage, berichten die Initiativen-Gründer um Jannis Fricke. "Dennoch ist eine bestimmte Mindestfahrgastzahl erforderlich", erklärt Bendrien. Außerdem müsse ein "fast professionelles, ehrenamtliches und höchst zuverlässiges Linienbusangebot auf Vereinsbasis beschickt werden können." Die Linie dürfe keine Konkurrenz für die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) darstellen. Es müsse eine große Akzeptanz in Politik und Verwaltung für die Linie geben. Die Angebote der Linie müssten "maßgeschneidert sein". Kosten und Angebot sollten sowohl die Stadt Bremen als auch die Menschen überzeugen - um Sponsoren zu finden, und um Zuschüsse zu generieren. "Für Borgfeld heißt das, es muss so um die 20 Fahrerinnen und Fahrer geben. Sie müssen bereit sein, rund vier bis fünf Stunden in der Woche zu fahren." Es müsse einen Regelfahrplan geben, beispielsweise montags bis freitags in der Zeit von acht bis 18 Uhr. Ungefähr 200 Fahrgäste müssten das Angebot anfänglich nutzen.

Was kostet ein Bürgerbus?

Rund 80.000 Euro Anschaffungskosten wären für den Bus fällig, rechnet Bendrien vor. In Niedersachsen gebe es dafür einen Förderfond mit bis zu 25.000 Euro – in Bremen gibt es den bislang nicht. Hinzu kämen rund 30.000 Euro Betriebskosten – das seien die durchschnittlichen Kosten der VBN- Bürgerbusse pro Jahr, erklärt Bendrien.

Welche Hürden gibt es in Borgfeld?

"In Borgfeld gibt es zumindest in Teilen ein recht gutes Netz öffentlicher Verkehrsangebote. Mit Blick auf das Linienangebot ist es nicht ganz einfach, hierfür Lücken zu finden", beurteilt Bendrien die Lage vor Ort. Bislang gebe es keine Bürgerbus-Linie in Bremen. Abgesehen vom hohen Vorbereitungsaufwand sei die Sicherstellung des langfristigen Fahrbetriebes notwendig. Allein der Fahrdienstbetrieb von 8 bis 18 Uhr erfordere 2600 ehrenamtliche Stunden. Hinzu kämen rund 1000 Stunden für Vereinsarbeit, Verwaltungsaufwand und Fahrzeugpflege. Ein Bürgerbus-Projekt habe einen zeitlichen Vorlauf von circa eineinhalb Jahren "bevor es auf die Straße" gehe.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Initiatoren der Bürgerbus-Initiative Jannis Fricke, Julian Fesser und Tilman Görlitz wollen das Projekt über Multiplikatoren im Ort bekannt machen – darunter im Borgfelder Beirat, bei den Seniorenvertretern, im Stiftungsdorf sowie in Vereinen. Interessiert ist auch die Oberneulander Ausschuss-Sprecherin für Stadtentwicklung und Mobilität, Petra Penning (CDU). Sie könne sich eine Kooperation mit der Borgfelder Initiative vorstellen und hat vor, das Projekt im Ausschuss vorzustellen. Der Achimer Bürgerbus-Vizevorsitzende Herfried Meyer bietet an, mit dem niedersächsischen Bürgerbus einmal in Bremen vorzufahren. "Wir könnten uns damit auf den Wochenmarkt stellen", schlägt er vor. Jannis Fricke will sich erkundigen, ob eine Präsentation des Busses und des Projektes auf dem Borgfelder Weinfest am 25./26. Mai möglich wäre.

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