Eine neue Postfiliale am alten Standort des Spielwarengeschäfts Articolo, das hätte gut gepasst. Da sind sich viele Borgfelderinnen und Borgfelder einig, unter ihnen auch Hauseigentümerin Susanne Capelle. Einen Mietvertrag hatte sie mit der Deutschen Post AG schon ausgehandelt. Doch als er unterschriftsreif war, sprang der Konzern laut Capelle ab.
Nach Ansicht der Einheimischen und von Ortsbürgermeister Karl-Heinz Bramsiepe gibt es eine Menge Gründe, warum dieser Standort für eine Postfiliale "in Ordnung" wäre. Bramsiepe nennt als Beispiele die Größe des Ladenlokals und die neun Parkplätze vor dem Haus. Die Geschäftsräume sind nur wenige Meter von der Borgfelder Heerstraße entfernt und gehören zum erweiterten Ortszentrum.
Das sah zu Beginn offenbar auch die Deutsche Post so. Bereits Mitte April wurde bekannt, dass das Spielwarengeschäft Articolo in den Borgfelder Ortskern wechselt. Seit Ende der Sommerferien steht das Ladenlokal im Erdgeschoss des Hauses Querlandstraße 4 mehr oder weniger leer. Hinter den Schaufenstern sind zurückgelassene Regale zu sehen, Umzugskartons, Geschirr und andere Warenrestbestände. Draußen hängt noch das rote Ladenschild mit der weißen Aufschrift. Von der Hauswand lächelt ein Wichtel mit seiner langen Zipfelmütze. An den Fenstern kleben Plakate, die auf den neuen Standort Borgfelder Heerstraße 57 hinweisen.
Mietbeginn 1. Oktober
Der Mietvertrag von Articolo-Inhaberin Susannah Biesterfeldt gelte noch bis Ende Juni 2026, sagt Susanne Capelle. Biesterfeldt sei jedoch bereit, vorzeitig auszusteigen. Nach ihrem Gespräch mit dem Beirat Borgfeld schlug Ortsbürgermeister Karl-Heinz Bramsiepe die Geschäftsräume im April für eine Postfiliale vor. Mit Erfolg: Die Deutsche Post AG meldete sich wenige Tage später bei Susanne Capelle. Ein Vertriebsleiter aus Hannover habe sie gefragt, ob sie sich vorstellen könne, das Ladengeschäft an die Post zu vermieten, berichtet die Hausbesitzerin auf Nachfrage der Redaktion. Capelle sagte zu.
Am 24. April habe sich eine Postmitarbeiterin gemeldet, die für die Anmietung von Immobilien zuständig sei. Diese Mitarbeiterin sei später nach Borgfeld gekommen und habe sich begeistert gezeigt von den Räumen, deren Lage und dem Parkplatz, schildert Susanne Capelle. Sie zeigt eine Mail, in der ihr die Postmitarbeiterin einen Mietvertrag über fünf Jahre anbietet und eine Mietsumme vorschlägt. In dem Vertrag, den Susanne Capelle Mitte Mai vorgelegt bekommt, sind werktäglich Öffnungszeiten von 14.30 bis 17.30 Uhr sowie sonnabends von 10 bis 13 Uhr festgehalten. Es sollte eine Paketstelle geben sowie ein kleines Verkaufssortiment, das unter anderem Briefmarken und Briefumschläge umfasst. Beide Parteien einigten sich Capelle zufolge auf den Mietbeginn am 1. Oktober.
Beim Thema Winterdienst sei sie der Deutschen Post AG sogar noch entgegengekommen, sagt Capelle – denn Schnee hätten die Mieter bislang nach Bedarf geschippt, so die 59-jährige gelernte Einzelhandelskauffrau. Auf Anforderung der Post jedoch habe sie Angebote eingeholt und eine Firma gefunden, die dies übernommen hätte. Die Kosten hätte die Post übernehmen müssen. Aus Sicht des Unternehmens lauerte dort das nächste Problem, denn einer der neun Autostellplätze vor dem Haus gehört zu einer Heilpraktiker-Praxis im Obergeschoss. Auch das klärte Capelle. Sie klammerte diesen Stellplatz aus und ließ den Mietvertrag entsprechend anpassen. Die Post AG habe daraufhin verlangt, auch "die halbe Zuwegung zu dem Stellplatz herauszunehmen", sagt Capelle. Sie misst vor Ort nach und schätzt: Es ging um rund 24 Quadratmeter. Auch dafür fand Capelle eine Lösung. "Ich wohne hinter dem Haus, ich hätte mich gekümmert, wenn es schneit."
Am 2. Juli, sagt Capelle, habe ihr der fertige Mietvertrag vorgelegen; der Mietaufhebungsvertrag für ihre Mieterin sei vorbereitet gewesen. "Ich habe gewartet, dass die Post unterschreibt", sagt Capelle. Am 15. Juli habe die für Immobilien zuständige Postmitarbeiterin bei ihr angerufen und abgesagt. In der schriftlichen Version heißt es zur Begründung: Die Deutsche Post AG habe sich gegen die Anmietung ihres Ladens entschieden, es solle eine Poststation in Borgfeld aufgebaut werden.
Ärger und Enttäuschung über Absage
Susanne Capelle hat die Absage der Post im ersten Moment verärgert, "weil ich es den Borgfelderinnen und Borgfeldern gegönnt hätte", sagt sie. Der Bedarf im Ort für eine Postfiliale sei groß und die von der Post angegebene Begründung ist aus ihrer Sicht keine. Um die Vermietung ihrer 123 Quadratmeter Ladenlokal macht sie sich nach eigenen Worten keine Sorgen. Es gebe einen weiteren Interessenten. "Ich werde jetzt sehen, was passiert", so Capelle.
Sehr enttäuscht ist auch der Ortsbürgermeister. "Es wäre eine sehr gute Lösung gewesen", betont Karl-Heinz Bramsiepe. "Zumal es den Beschluss des Beirates gibt, keine Automatenlösung zu akzeptieren." Einen anderen Standort zu finden, werde nicht einfach sein. "Wir haben hier nicht massenhaft leer stehende Ladenlokale", sagt Bramsiepe. Deshalb gelte es, jede sich bietende Chance zu nutzen.
Die Redaktion hat die Post um eine Stellungnahme gebeten. Eine Antwort steht bislang aus.