Früher Abend. Noch kurz aufs Rad schwingen – und Richtung Timmersloh radeln. Pflanzen wachsen sehen und Gemüse ohne Plastikverpackung nach Hause tragen – ein Traum, der mich seit Jahren begleitet: In der Erde buddeln, knackfrisches Gemüse naschen – wie als Kind in Omas Garten Karotten ziehen – den ganzen Sommer über ernten und mit Gleichgesinnten über Radieschen, Rote Bete und Kohlrabi fachsimpeln. In Zeiten, in denen Nachrichten oft aus Kriegen, Krisen und Konflikten bestehen, verspricht mein neues Hobby Erdung und Entspannung – mit etwas Glück sogar reichlich Ertrag. 40 Quadratmeter Bio-Gemüsegarten in Borgfeld-Timmersloh liegen vor mir – und ein Versuch als Gemüsegärtnerin. Allerdings ganz ohne Erfahrung. Kann das gut gehen?
„Wird schon“, sagt meine Beet-Nachbarin Karin Böttjer aus Grasberg. „Die dümmsten Bauern ernten ja bekanntlich die dicksten Kartoffeln“. Das macht Mut. Das Gute an dem Urban-Gardening-Projekt: Das Feld ist bestellt: 140 Minipflänzchen wiegen sich bereits sanft im Wind – darunter verschiedene Salate, Rote und Gelbe Bete, Zucchini, Kürbis, Ringel- und Kornblumen, Spinat, Kohlrabi, Mangold und Petersilie. Alles übersichtlich in langen Reihen vorgepflanzt.
Petra und Ingo Stelljes-Subarew haben die Borgfelder Ackerflächen aus ihrem Familienbesitz bereits im vergangenen November nach strengen Biorichtlinien vorbereitet und das Feld Mitte Mai mit den winzig kleinen Setzlingen bestückt – schon in den 1950er-Jahren wurde hier Gemüse angebaut, erzählen die beiden. Seit ein paar Jahren vermietet das Ehepaar einen Teil der Flächen an das Essener Start-up Unternehmen „Ackerhelden“. Das Unternehmen wiederum bietet die Bioflächen im Parzellenformat Städtern und Hobby-Gärtnerinnen an. Ein Urban-Gardening-Projekt, bei dem angeblich nicht viel schief gehen kann. 250 Euro kostet die Parzelle für eine Saison – dafür soll es am Ende Gemüse im Wert von 900 Euro (!) geben. Für die meisten Leute hier hat das Gärtnern einen ideellen Wert – sie machen das "zum Abschalten".
33 Parzellen sind in diesem Jahr vermietet. Oft sind es Menschen, die sich schon gut auskennen. Birgit und Adrian aus Schwachhausen sind seit fünf Jahren dabei. „Zuerst waren wir nur Gießhilfen für eine Freundin – inzwischen machen wir das hier zu dritt“, erzählt Birgit, während sie Kidneybohnen pflanzt. Meine Beet-Nachbarin Karin ist gerade dabei, Gießflaschen mit Brennnessel-Sud neben ihre Kürbisse und Zucchini zu stecken. "Das Rezept für den Naturdünger verrate ich dir beim nächsten Mal", sagt sie. "Bis dahin, beim Ackern im Abendrot."