Als die Kollegin fragte, ob ich als Urlaubsvertretung in dieser Kolumne für sie einspringen könnte, musste ich nicht lang überlegen: Klar, das mache ich, denn schließlich habe ich einen Grünen Daumen. Ach was, sogar zwei! Zumindest dachte ich das immer. Meine Familie kann davon ein Lied singen. Sie muss es ertragen, dass ich die Fensterbänke mit Töpfen voller Zimmerpflanzenableger zustelle und versuche, auch jeden noch so runtergerockten Ficus wieder aufzupäppeln. Vielleicht will ich damit auch einfach nur meiner Schwiegermutter gefallen. Denn seit ich das Apfelbäumchen gerettet habe, das Nachbars umfallender Gartenzaun in einer Sturmnacht auf Knöchelhöhe gekürzt hat, bin ich für sie der Größte. Das Bäumchen – sie hatte es uns geschenkt – ist doppelt so groß wie vor dem Sturm und trägt wieder Früchte. Ich habe das Apfelkuchenrezept schon bereitgelegt – Schwiegermutter wird Augen machen...
Doch wenn man ehrlich ist, muss man einsehen, dass der Daumen noch so grün sein kann – die Natur macht am Ende ja doch, was sie will. Wochenlang haben wir die im Hochbeet gesäten Möhren gehegt, besprochen, ja, angefeuert, um dann nach der feierlichen Ernte festzustellen, dass sie gerade mal zur Größe eines (sehr) kleinen (Kinder-) Fingers angewachsen sind. Auch als wir vor Jahren selbst mal eine Mietackerfläche bewirtschaftet haben, lief es komplett anders als gewünscht. Die Pastinaken eine Enttäuschung, die Zucchini hingegen so groß wie (sehr) kräftige (Fußballer-) Schenkel. Und mit dem Übermaß an Mangold hätten wir ein Dach decken können. Allein: Wer mag schon Mangold?
In diesem Jahr hat uns das Gärtnerglück auf unserem kleinen Rasenstück hinterm Haus verlassen. Ja, doch, alles richtig gemacht, dachte ich: Vertikutiert, nachgesät, gedüngt, und – so macht man das doch – regelmäßig gemäht, und das bloß nicht zu kurz. Trotzdem sieht der Rasen aus wie Sau. Da wächst fast nichts und es gibt etliche trockene Löcher. Wir haben ja die Ameisenvölker in Verdacht, die sich dort angesiedelt haben und das Rasenfundament zerlegen. Bei unserem Nachbarn siehts ganz anders aus. Er hat offenbar keine Ameisen. Dafür hat er eine Giftspritze, mit der er wöchentlich durch den Garten stapft.
Was er noch hat und wir nicht: eine Wühlmaus. Und was die kann, das können auch Millionen Ameisen nicht schaffen. Vielleicht also hatten wir des Gärtners Glück doch auf unserer Seite. Man soll ja nicht zu anspruchsvoll sein.