Borgfeld. Jannis Fricke ist eigentlich nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen. Jetzt aber hat der Borgfelder Wut im Bauch. "Still und heimlich dünnt die BSAG den Fahrplan der Borgfelder Linie 31 aus", schimpft Fricke, der im Ortsbeirat beratender Bürger ist – und wirft dem Bremer Verkehrsunternehmen vor, die Buslinie unattraktiver zu machen. Das, befürchtet Fricke, könnte dazu führen, dass die für viele nicht mobile Borgfelder so wichtige Linie 31 zwischen Borgfeld-Ost und Oberneuland früher oder später eingestampft wird.
Offen kommuniziert habe die BSAG die geplante Veränderung in Borgfeld nicht, kritisiert Fricke. Dass die Busverbindung ab 29. August deutlich seltener verkehrt, fällt in der Tat nur jenen auf, die für die Zeit danach eine Fahrt planen. Im Fahrplaner des Verkehrsverbundes Bremen/Niedersachsen können Kunden nur noch aus stündlichen Abfahrtzeiten auswählen – und nicht mehr, wie jetzt, alle halbe Stunde fahren.
"Statt des sowieso schon unattraktiven 30-Minuten-Taktes wochentags wird laut VBN-Fahrplan ab dem 29. August im 60-Minuten-Takt gefahren", sagt Fricke. "Damit steht fest, die Nutzerzahlen der Linie 31 werden wieder sinken." Mit sinkenden Fahrgastzahlen wiederum könnte die BSAG mittelfristig vor dem Senat begründen, dass es keinen Bedarf für die Verbindung zwischen Borgfeld-Ost und Oberneuland gibt und die Linie eingestellt werden kann.
"Nicht attraktiv"
Der 22-jährige CDU-Politiker hält das für einen Schritt "in die komplett falsche Richtung", wie er sagt. Zum einen setze sich der Borgfelder Beirat seit Jahren dafür ein, dass es in Borgfeld überhaupt noch ein Angebot des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) gibt. "Zum anderen will die Bremer Politik doch eigentlich den ÖPNV stärken, mit solchen Maßnahmen erreicht sie aber das Gegenteil." Denn, so glaubt Jannis Fricke: "Weniger Angebot bedeutet geringere Attraktivität, was zugleich zu sinkender Nachfrage führen wird."
Wer künftig von Borgfeld-Ost zur Straßenbahnhaltestelle Am Lehester Deich und von dort mit der Linie 4 zum Bremer Hauptbahnhof oder in die Innenstadt fahren wolle, nehme sich womöglich ein Taxi, verzichte auf seine Fahrt, fahre mit dem Rad oder lasse sich als junger Mensch von den Eltern fahren. "Die Leute werden ihre Fahrtzeiten nicht an den stündlichen Takt der Linie 31 anpassen", so Fricke.
Folgen der Pandemie
BSAG-Sprecher Andreas Holling erklärt die Fahrplanveränderung mit der anhaltenden Personalknappheit in seinem Unternehmen. Die Folgen der Pandemie hätten den Krankenstand erhöht, zudem hätten weniger neue Fahrerinnen und Fahrer ausgebildet werden können. So müssten auf gleich mehreren Buslinien die Fahrten reduziert werden. In den meisten Fällen handele es sich um Fahrplanänderungen in den Nachmittagsstunden. Die Linie 31 sei aber ganztägig betroffen.
Die BSAG mache sich derartige Anpassungen nicht leicht und man habe vor, ab November möglichst wieder den Normalfahrplan anbieten zu können, vorausgesetzt, die Personallage gebe das her. Wichtig sei der BSAG, dass der Fahrplan verlässlich sei, so Holling: "Wenn der Bus im Plan steht, muss er auch kommen." Die Änderungen nehme man zudem auf Linien vor, die dies im Hinblick auf die Fahrgastzahlen auch hergäben. Für den Schülerverkehr relevante Linien seien nicht betroffen.
Bürger aus dem Bereich Upper Borg, aber auch der Seniorenvertreter im Borgfelder Beirat, Johannes Huesmann, fordern seit Jahren einen besseren Anschluss an den ÖPNV der Stadt Bremen. Zwei zentrale Kritikpunkte sind dabei, dass die öffentlichen Verkehrsmittel besonders für ältere Borgfelder nicht erreichbar sind und dass es keine Verbindung aus den Randbereichen des Ortsteils ins Zentrum gibt.
Kleine Lösung
"Bereits 2012, nachdem der Ringverkehr der Linie 32 eingestellt wurde, hat der Beirat sich vehement dafür eingesetzt, dass Borgfeld überhaupt noch eine Stadtbuslinie behält", erinnert Jannis Fricke. "Wenn es damals nach dem Willen der BSAG gegangen wäre, hätte Borgfeld heute keinen Busverkehr mehr." Beirat und BSAG hatten sich auf die kleinste Lösung, die heutige Linie 31 verständigt. "Seitdem", betont Fricke, "ist ein Großteil der Borgfelder vom ÖPNV abgehängt." Im Bereich Borgfeld-Ost zum Beispiel sei das Angebot der Linie 31 nicht ausreichend.
Ein Bus auf Abruf, der sogenannte "Bus on demand", war den Borgfeldern bereits zugesagt worden. Der Start des Pilotprojekts wurde jedoch mehrfach verschoben. "Passiert ist bis heute nichts", moniert Jannis Fricke. Seit Januar 2021 liegt das Projekt wegen der Pandemie auf Eis. Zur Begründung hieß es von Seiten der BSAG: Es mache keinen Sinn, den Einsatz von Kleinbussen testen zu wollen, solange Abstandsregeln gelten und viele Bürger aus Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 einen Bogen um die öffentlichen Verkehrsmittel machten. Sollte es irgendwann doch noch losgehen, war einer Senatsvorlage zu entnehmen, sei der Ortsteil Borgfeld fest eingeplant.