Auf den ersten Blick sieht man es ihr nicht an. Doch die Brücke, die im Zuge der Bremer Heerstraße in Burg über die Bahnlinie führt, ist in keinem guten Zustand. Sie wurde von den Bauwerksprüfern des Amts für Straßen und Verkehr (ASV) mit der Note 3,0 bewertet. Anders als im Schulnotensystem bedeutet 3,0 bei der Bewertung von Brücken nicht "befriedigend", sondern "unbefriedigend bis kritisch". Weil die Bremer Heerstraße als Ausweichstrecke für die Autobahn 27 zudem einer besonders hohen Verkehrsbelastung ausgesetzt ist, steht für das Bauwerk ab kommenden Jahr eine grundlegende Instandsetzung an. Die Vorbereitungen beginnen noch 2022.
Regelmäßig überprüft das ASV den Zustand der Brücken und anderer Ingenieurbauwerke wie Tunnel, Trog- und Stützbauwerke sowie Lärmschutzwände in Bremen. In Bremen-Nord gibt es insgesamt 336, darunter sind 97 Brücken. Für 34 Überführungen ist das ASV zuständig, für die übrigen 63 der Bund, vertreten durch die Autobahn GmbH.
Bis 2021 hat das Amt auch die Brücken im Zuge der A 27 betreut. Mit Beginn des vergangenen Jahres änderte sich die Zuständigkeit. Nun ist der Bund verantwortlich und das Amt für Straßen und Verkehr übernimmt lediglich weiterhin die regelmäßigen Prüfungen im Auftrag der Autobahn GmbH.
Während in der Vergangenheit schon Brücken in Bremen-Nord wegen ihres schlechten Zustands gesperrt werden mussten, ist das nach Angaben von ASV-Sprecherin Andrea Voth derzeit nicht notwendig. Sperrungen werden ihren Worten nach weitgehend durch Instandsetzungs- und Ertüchtigungsarbeiten verhindert. Wann an welchen Brücken gearbeitet wird, richtet sich nach den Ergebnissen der Untersuchungen.
Hauptprüfung alle sechs Jahre
Ablauf und Häufigkeit der Brückenprüfungen ist in der Norm DIN 1076 geregelt. Sie schreibt für Ingenieurbauwerke alle sechs Jahre eine Hauptprüfung vor. Alle drei Jahre steht eine einfache Prüfung an und einmal jährlich eine Sichtprüfung. Bei besonderen Vorfällen, beispielsweise nach einem Unfall, wird das Bauwerk zusätzlich außer der Reihe geprüft.
Bei der Hauptprüfung werden alle Bauteile aus nächster Nähe auf ihre Standsicherheit, Verkehrssicherheit und Dauerhaftigkeit begutachtet. Dabei geht es beispielsweise um den Zustand des Betons, der Lager und der Korrosionsbeschichtung auf den Stahlteilen. Die Prüfer setzen dafür Gerüste, Leitern, Hebebühnen und sogar Boote ein. Nicht selten müssen deshalb Fahrbahnen gesperrt werden. "Alle Auffälligkeiten werden untersucht und festgehalten", erläutert Thomas Sauer, Abteilungsleiter Brücken- und Ingenieurbau beim ASV. "Die Prüfer klopfen dabei Stahlteile und den Beton ab und nehmen auch Proben, um beispielsweise die Druckfestigkeit des Betons untersuchen zu lassen", beschreibt er die Vorgehensweise.
Gefundene Schäden bewerten die Prüfer mit einer Note von eins bis vier. Daraus ergibt sich dann eine Zustandsnote des Gesamtbauwerks. Noten zwischen eins und zwei stehen für einen sehr guten bis guten Zustand, die zwischen zwei und drei für einen guten bis ausreichenden Zustand. Noten von drei bis vier bedeuten einen unbefriedigenden bis kritischen Zustand. Sauer: "Für alle Bauwerke, die mit Noten ab 3,0 und schlechter bewertet sind, heißt das, dass die Schäden schnellstens beseitigt werden müssen. Ab einer Note von 3,5 kann eine Sperrung in Erwägung gezogen werden."
Baumaßnahmen in Bremen-Nord
Für die Erhaltung von Brücken in Bremen-Nord stehen dem ASV in diesem Jahr insgesamt 405.000 Euro zur Verfügung. Die Summer unterteilt sich in 75.000 Euro für laufende Unterhaltungsarbeiten und 30.000 Euro für externe Ingenieurdienstleistungen, unter anderem zur Bauüberwachung. Die übrigen 300.000 Euro sind für insgesamt vier Maßnahmen in Bremen-Nord vorgesehen: am Durchlass der Schönebecker Aue, der unter dem Vegesacker Bahnhofsplatz bis zum Hafen verläuft (100.000 Euro), an Brückenbeschichtungen im Ihlethal (50.000 Euro), an einer Stützwand am Sportplatz Vegesack (100.000 Euro) und an einer Brückenbeschichtung am Bahnhof Schönebeck (50.000 Euro). Dazu kommen noch Kosten für die sogenannte Nachberechnung von Brücken. Hintergrund ist die steigende Verkehrsbelastung.

Die älteste Brücke in Bremen-Nord wurde im Jahr 1888 eingeweiht. Sie führt an der Straße Oberreihe über die Bahnschienen in Lesum. Im Jahr 2000 wurde sie grunderneuert.
"Teilweise laufen die Arbeiten an den Bauwerken bereits seit 2021", sagt Sauer. Geplant sind außerdem Arbeiten an der Brücke Vegesacker Heerstraße über die A 270, am Bahnhof St. Magnus sowie an der Brücke Rotdornallee. Dort wird jeweils die Oberflächenschutzbeschichtung erneuert, am Bahnhof St. Magnus wird zudem ein Blindenleitsystem aufgebracht. Die Brücke Hindenburgstraße am Bahnhof Lesum bekommt nach einer Beschädigung durch einen Unfall ein neues Geländer und für die ehemalige Bahnbrücke, die auf dem Weg von der Landrat-Christians-Straße zum BWK-Gelände über die Blumenthaler Aue führt, ist für kommendes Jahr eine Grundinstandsetzung vorgesehen.
Am Durchlass der Schönebecker Aue, der etwa 150 Meter weit unter dem Vorplatz des Bahnhofs Vegesack und der Friedrich-Klippert-Straße bis zum Hafen verläuft, wurden Abplatzungen an den Wänden und der Decke festgestellt. "Es handelt sich um eine alte Gewölbebrücke, die überbaut wurde. Sie ist etwa zehn Meter breit und 2,50 Meter hoch", beschreibt Sauer den unterirdischen Durchlass. Weil auch Busse darüber fahren, wird auch dieses Bauwerk noch einmal nachgerechnet und dann grundlegend saniert.