Erst gab es einen Inklusionsbeauftragten, dann einen Inklusionstag – jetzt soll es einen Inklusionsverein geben. Der Termin fürs erste Treffen ist gesetzt: Freitag, 24. November. Die Gründer sind dieselben, die vor Monaten im Vegesacker Bürgerhaus den Aufschlag einer inklusiven Infoveranstaltung mit Ausstellern gemacht haben. Nun will sich der lose Zusammenschluss feste Strukturen geben. Und sich nicht nur sporadisch fürs Miteinander von Menschen mit und ohne Handicap einsetzen, sondern permanent.
Frank Schurgast findet, dass es viel aufzuholen gibt. Seine Reihenfolge bei der Inklusion im kleinsten Bundesland geht so: Der Bremer Norden ist Schlusslicht, die Innenstadt im Mittelfeld und Bremerhaven an der Spitze. Und zwar mit großem Abstand. Die Seestadt, meint er, ist Burglesum, Vegesack und Blumenthal mindestens um zehn Jahre voraus, wenn es um inklusive Angebote für Rollstuhlfahrer, Blinde, Autisten, Kleinwüchsige, Alte, geistig Behinderte geht. Und um ein Netzwerk, das all diese Menschen und ihre Belange vertritt.
Dass der Norden noch nicht so weit ist wie andere Gebiete im Land, macht Schurgast, 55, Rollstuhlfahrer, an seiner Arbeit und sich selbst fest: Er ist der erste Inklusionsbeauftragte einer Nordbremer Partei, der in diesem Jahr den ersten Inklusionstag für Burglesum, Vegesack und Blumenthal geplant hat und sich jetzt für die nächste Neuerung einsetzt: eben für den ersten Inklusionsverein. In Bremerhaven, sagt Schurgast, gibt es mehrere inklusive Verbände und Bündnisse und nicht nur eine Veranstaltung zum Thema pro Jahr, sondern eine pro Quartal.
Im Bremer Norden wird es stattdessen erst einmal eine Sitzung im Monat des neuen Vereinsvorstandes geben. So kündigt es jedenfalls Inklusionsbeauftragter Schurgast an. Und auch, dass alle eine Aufgabe in der Führungsriege bekommen sollen, die beim ersten Inklusionstag in Vegesack mitgemacht haben: Zum Beispiel Manfred Meyer von Friedehorst. Zum Beispiel Stefan Kubena vom Martinsclub. Zum Beispiel Elizabeth Dinh von der inklusiven Filmproduktion Compagnons Cooperative sowie Mitglieder der Selbsthilfevereinigung behinderter Menschen.
Auch Parteimitglieder werden Gründungsmitglieder – nicht nur Schurgast, der bei der SPD ist, sondern auch Thomas Pörschke von den Vegesacker Grünen. Der Inklusionsbeauftragte sagt, was er auch vor dem Thementag im Gustav-Heinemann-Bürgerhaus gesagt hat: dass Parteipolitik bei den Mitstreitern keine Rolle spielt, sondern nur eine Sozialpolitik zählt, die an alle Menschen denkt. Ihm zufolge soll der Inklusionsverein so heißen, wie auch die erste Austellerveranstaltung in diesem Sommer hieß: Inklusion Nord.
Dabei kann sich Schurgast vorstellen, dass irgendwann auch Projekte im Süden, Westen und Osten der Stadt dazukommen werden. Das erste Vorhaben für den Norden ist wieder ein Novum: ein Kompetenzzentrum für Inklusion. Schurgast spricht von einer neuen Anlaufstelle, in der Selbsthilfegruppen und Wohlfahrtsverbände quasi gebündelt werden. Was nach seinen Worten den Vorteil hätte, dass jeder, der einen Rat braucht, sich nicht mehr von einer Adresse zur nächsten aufmachen muss, damit sein Anliegen bearbeitet wird.
Laut Schurgast ist das Kompetenzzentrum inzwischen nicht nur Gesprächsstoff unter den Vereinsgründern, sondern auch in der Behörde. Er sagt, dass Sozialsenatorin Claudia Schilling (SPD) erklärt habe, das Vorhaben gegebenenfalls zu unterstützen. Ginge es nach ihm, würde es die neue Anlaufstelle am liebsten schon im nächsten Jahr geben – entweder im früheren Blumenthaler Rathaus, das zu einem Quartierszentrum umgebaut werden soll, oder in der Grohner Düne, in der man viele Menschen auf einmal erreichen könnte, weil viele dort wohnen.
Ob es tatsächlich so schnell geht, wie Schurgast hofft, wird sich zeigen. Fest steht für ihn allerdings schon jetzt, dass es 2024 einen weiteren Inklusionstag geben wird. Voraussichtlich Ende September. Die Veranstaltung, sagt er, ist beim Bürgerhaus-Team vorgemerkt.