Das Schicksal einer Zwangsarbeiterin im U-Boot-Bunker, Kunst mit der Schere und Jugendstilträume auf Keramik – die "Lange Nacht der Museen" bot Einblicke in Ungewöhnliches oder weniger Bekanntes, das in Nordbremer Museen und Ausstellungsstätten zu finden ist. Sieben Häuser hielten Angebote bereit, die mit einem einzigen Ticket von 18 Uhr bis Mitternacht besucht werden konnten. Ein Einblick in das vielfältige Programm.

Die Filmprojektion "Rivka" der Künstlergruppe Mabel 4711 wurde in der "Langen Nacht der Museen" erstmals gezeigt.
Im Denkort Bunker Valentin wurde die eigens für die Gedenkstätte entwickelte Filmprojektion „Rivka“ der Künstlergruppe Mabel 4711 präsentiert und es gab mehrere Kurzvorträge. Unter anderem zeichnete Marcus Meyer den Lebensweg der Jüdin Susanna Goldschmidt nach, die als Zwangsarbeiterin nach Farge kam. "Etwa zehn Prozent der Inhaftierten im Bunker Valentin, die schwerste körperliche Arbeit leisten mussten, waren Frauen“, sagte der wissenschaftliche Leiter der Gedenkstätte, "doch von den meisten wissen wir so gut wie nichts." Anders ist es mit dem Schicksal von Susanna Goldschmidt, die aus Zwingenberg bei Darmstadt stammte und als Angehörige der jüdischen Gemeinde die Pogromnacht 1938 miterleben musste. Sie floh vor den Nazis nach Marseille, wo ihr älterer Bruder lebte, doch unter der Regierung Pétain wurden alle nicht französischen Juden verhaftet und nach Auschwitz deportiert.

Im Denkort Bunker Valentin gab es mehrere Kurzvorträge. Marcus Meyer spricht unter anderem über das Schicksal einer Zwangsarbeiterin. In einem weiteren Vortrag geht es um die Verstrickungen lokaler Unternehmen mit der Bunkerbaustelle.
Susanna Goldschmidt wurde an der spanischen Grenze von der Nazi-Organisation Todt aufgegriffen, gab sich als Belgierin aus und musste zwei Jahre Zwangsarbeit im Bunker Valentin leisten. Nachdem sie später in Frankreich geheiratet hatte, wanderte sie in die USA aus. "Ihr Lebensweg ließ sich rekonstruieren, doch wir hatten kein Bild von ihr", sagte Meyer. "Bis wir auf ihren Sohn in Boston stießen, der uns ein Foto von Susanna Goldschmidt zuschickte." Kürzlich sei der Bruder erneut an Mitarbeiter des Denkorts Bunker Valentin herangetreten. Er habe um Hilfe gebeten, die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen, denn unter der neuen Regierung von Donald Trump mache er sich zunehmend Sorgen um die weitere Entwicklung in den USA.
Kunstvolle Scherenschnitte
Frei von Politik, dafür voller Ästhetik gestaltete sich die "Lange Nacht der Museen" in der Galerie Lichthof Kunstfabrik in Burgdamm, wo Katharina Berndt eine ungewöhnliche Aktion anbot: Besucher konnten kleine Geschichten erzählen, die sie spontan und blitzschnell in kunstvolle Scherenschnitte umsetzte. Ein älterer Herr schilderte das Leben einer Schildkröte, die so klein war, dass sie sich am liebsten auf größere setzte, was ein wenig an die Bremer Stadtmusikanten erinnerte. In Windeseile hatte Katharina Berndt einen Scherenschnitt mit drei aufeinandersitzenden Schildkröten gezaubert. Mit einem Tageslichtprojektor wurde die Silhouette dann an die Wand projiziert.

Mit einem Tageslichtprojektor wird die Silhouette des Schrenschnitts, den Katharina Berndt im Lichthof Kunstfabrik fertigt, an die Wand projiziert.
An den Wänden des Lichthofs Kunstfabrik konnten die Besucher auch Gemälde und Fotografien im Rahmen der Ausstellung "Moor ist …" besichtigen. Die Bilder zeigen den Lebensraum Moor in großer künstlerischer Bandbreite: realistische Ölgemälde mit Weiten aus Wollgras, Birkenwäldern und schwarzblauen Seen, aber auch abstrakte Kompositionen, auf denen die quellenden Durchdringungen aus Braun, Grün oder Gelb sichtbar werden. Und einige Werke lassen das Moor mit aufgeklebten Torfstücken und Kunstharz plastisch hervortreten.
Radtour durch den Bremer Norden
Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) Bremen-Nord hatte für die "Lange Nacht der Museen" eine Tour durch die Nordbremer Stadtteile organisiert. "Viele Teilnehmer sind von weither angereist, zum Beispiel aus Paderborn. Wir wollen ihnen die kulturellen Schönheiten und auch die grüne Natur Bremen-Nords zeigen", sagte ADFC-Sprecher Jürgen Möller. Die Gruppe schwang sich auf die Sättel, um auch das Schloss Schönebeck zu besuchen.

Die dekorativen Fliesen stammen aus der Produktion des einstigen Nordbremer Unternehmens Norddeutsche Steingut.
Dort stand Heimatkundliches im Vordergrund: Herbert Ernst Meyer führte durch die Ausstellung über die Norddeutsche Steingut, die im Jahre 2014 ihren Betrieb im Stammwerk Grohn einstellte. 145 Jahre lang hatte die Firma zunächst keramisches Geschirr, später vor allem Fliesen produziert, aber zum Beispiel auch Formteile für Schwimmbecken aus Keramik. Im Untergeschoss des Heimatmuseums Schloss Schönebeck zeigte Herbert Ernst Meyer beeindruckende Kunstfliesen aus der Epoche des Jugendstils. Die Besucher konnten die kunstvollen symbolistischen Motive aus Mythen, Sagen, Märchen und Traumwelten bestaunen. Später wichen diese künstlerischen Gestaltungen kunstgewerblichen Motiven mit Windmühlen und Torfkähnen im Teufelsmoor auf blauen Dekorfliesen.