Über eine Länge von fast zehn Kilometern führt der Ökopfad als Rundweg quer durchs Werderland. „Es ist die einzige Strecke, auf der man inmitten der geschützten Natur ist. Die anderen Wege im Werderland verlaufen außen um die Schutzgebiete herum“, sagt Birgit Olbrich vom BUND, die seit 1998 als Gebietsbetreuerin im Werderland tätig ist.
Wer zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf dem Ökopfad das Werderland erkundet, durchquert sensible Gebiete, in denen die Vogelwelt Abstand zu Menschen hält: In den Grünlandflächen brüten zum Beispiel im Frühjahr Kiebitze, im Winter rasten dort Nonnengänse, und in feuchten Gebüschen halten sich im gesamten Werderland 20 bis 30 Brutpaare des Blaukehlchens auf, so Birgit Olbrich.
Auch wenn ein erheblicher Teil des Gebiets von der Landwirtschaft genutzt wird, sind auch größere Bereiche dieser feuchten Niederung der Natur überlassen, in denen weder gemäht noch beweidet werden darf. „Solche Brachen, zum Beispiel aus Schilf oder Hochstauden, sind wichtige Refugien für die Tierwelt“, sagt Birgit Olbrich, „Schmetterlinge finden dort zum Beispiel Nahrungspflanzen und Windschutz, und Spinnen können in den hochwüchsigen Strukturen ihre Radnetze anlegen.“
Der Ökopfad wird zwei Mal im Jahr gemäht, und rechts und links des Weges kann man sehen, wie unterschiedlich sich Brachflächen entwickeln, wenn sie auf feuchtem oder trockenem Boden aufwachsen: Ist der Untergrund nass, bilden sich Röhrichte und kleine Auwäldchen aus Weiden, ist es eher trocken, kommen Brombeeren oder auch die spätblühende Traubenkirsche auf - ein Gehölz aus Nordamerika, das in Naturschutzgebieten nicht gern gesehen wird. „Der Baum breitet sich schnell aus und wird von uns regelmäßig entfernt“, sagt Birgit Olbrich, „doch auch die Brombeeren müssen ab und zu herunter geschnitten werden.“
Wer auf dem schmalen, oft holprigen Weg mit dem Fahrrad vorankommen will, muss immer wieder kleine Senken und bei Nässe auch rutschige Stellen in Kauf nehmen. Zwar wurden Teile des Weges mit feinem Schotter bedeckt, doch vor allem die winterlichen Überschwemmungen haben die Steinchen teilweise längst weggespült“, sagt Olbrich. Doch dieses gemächliche Fahren fördert das Naturerlebnis. „Bereits kurz nach der Unterschutzstellung großer Teile des Werderlands im Jahre 1996 war es umstritten, ob der heutige Ökopfad zu einem befestigten Weg ausgebaut werden soll, auf dem man mit dem Rad schnell vorankommt“, sagt Birgit Olbrich, „doch letztlich haben wir uns dagegen entschieden – denn der Weg soll keine Rennstrecke sein.“
Und weil Radfahrer mit ihren Reifen in den Wintermonaten erhebliche Schäden am Ökopfad verursachen, soll der Weg gegen Ende des Jahres für den Radverkehr gesperrt werden, wobei Spaziergänger ihn natürlich weiterhin nutzen können, so die Naturschützerin vom BUND.
Nach mehr als 20 Jahren sind auch die Beschilderungen entlang des Ökopfads in die Jahre gekommen und müssen erneuert werden. „Einige Infotafeln waren gar nicht mehr lesbar, andere wurden durch Vandalismus zerstört“, sagt Olbrich. Doch Neuanschaffungen für Schilder verursachen eher geringe Kosten, verglichen mit Baumaßnahmen, die auch in Naturschutzgebieten immer wieder notwendig sind: „Wir müssen in Kürze auch die Verwallungen um die Polder erneuern“, sagt Olbrich, „solche Bauarbeiten in einem sensiblen Schutzgebiet sind alles andere als einfach“, sagt Birgit Olbrich: „Um Störungen der Tierwelt zu vermeiden, darf nur außerhalb der Brutzeit gearbeitet werden, und es muss überlegt werden wo das Erdmaterial für die Verwallungen abgelagert wird“, sagt sie.
Ein Schutzgebiet zu betreuen, in dem die Landwirtschaft weiterhin aktiv sein soll, bedeutet auch, ständig Kompromisse zwischen Nutzung und Naturschutz zu finden: „Die Wasserstände müssen so eingestellt werden, dass beide Seiten damit leben können“, sagt Birgit Olbrich, „und der Klimawandel wirkt sich mit trockenen Frühjahren und Sommern erheblich auf das Gebiet aus - Amphibien sind zum Beispiel in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen.“ Insgesamt würden die Klimaveränderungen zu einer enormen Dynamik in den Tier- und Pflanzenbeständen führen. Mit Hilfe eines Integrierten Erfassungsprogramms (IEP) werden in Bremen ausgewählte Arten zwar auch im Werderland regelmäßig gezählt, „doch dieses Programm ist angesichts des Klimawandels längst veraltet und müsste dringend überarbeitet werden“, sagt Birgit Olbrich.