Es ist ein Sonnabendvormittag – Trainingszeit in der Surfschule am Grambker Sportparksee. Elin Holldorf steht in ihrem Neoprenanzug auf dem Surfbrett, das am Ufer des Sees liegt – eine Trockenübung, bevor es auf das Wasser geht. Die Elfjährige zieht den Mast mit dem Segel an der Aufholleine, dem Startschot, hoch. „Vordere Hand an den Mast“, sagt Windsurflehrer Andreas Mertens. Er trägt eine blaue Windjacke, sein Gesicht ist von der Sonne gebräunt.
„Schritt zurück, Segel leicht, Tür zu“, sagt er zu Elin. Sie nickt und zieht das Segel mit der Hand an dem Gabelbaum zu sich heran, als würde sie eine Tür schließen wollen. „Super, jetzt der Nächste.“ Mertens zeigt auf Elins Vater Carsten Holldorf, der neben dem Surfbrett mit seiner Frau Astrid und dem neunjährigen Sohn Jaap steht. Die ganze Familie Holldorf macht den Basiskurs im Windsurfing, es ist ihr dritter Tag. Der Kurs dauert insgesamt zwei Wochenenden, plus einer Abschlussprüfung. Normalerweise sind bis zu zehn Kursteilnehmer beim Windsurftraining dabei. Aufgrund von Corona sind es momentan nur vier bis fünf Teilnehmer.
Seit 13 Jahren gehört Andreas Mertens bereits die Surfschule Bremen. „Wir haben ganz klein angefangen und hatten am Anfang nur einen Anhänger“, sagt der Surflehrer. Mittlerweile werden in der Schule nicht nur Windsurfkurse angeboten. Es gebe unter anderem Bootcamp-Kurse, Zumba-Training und Stand-up-Paddeln. „Die Lage ist einfach perfekt“, meint Mertens. „Der See hier ist nicht nur der größte Badesee Bremens. Hier kommt der Wind immer an, deswegen kann man hier super windsurfen. Heute haben wir starken Südwind.“
Familie Holldorf ist das zweite Wochenende hier. „Da wegen Corona so viele Termine weggefallen sind, haben wir uns überlegt, dass wir diesen Kurs als gemeinsame Aktivität machen“, sagt Astrid Holldorf. „Schon nach dem ersten Tag waren wir alle fix und fertig. Aber es bringt sehr viel Spaß.“
Die nächste Trockenübung ist an der Reihe: das Wenden. Mertens macht es Schritt für Schritt vor, die Holldorfs ahmen es nach. Das Wenden üben sie immer und immer wieder und helfen sich dabei gegenseitig. Mertens verlässt die Familie für einen Augenblick und spricht mit einer jungen Frau, Ronja, die mitten im Training aufgetaucht ist. Vor zehn Jahren hat sie hier in der Surfschule-Bremen den Anfängerkurs im Windsurfen absolviert, erzählt sie. Damals war sie 13. Sie war seitdem ab und zu Windsurfen. „Aber ich glaube, ich kann das gar nicht mehr“, sagt sie. Sie würde erst einmal beim Kurs zuschauen und dann entscheiden, ob sie sich auf das Brett traue.
Für die Holldorfs geht es mittlerweile aufs Wasser. Mertens zeigt die Wende auf dem See vor. Der neunjährige Jaap ist als Nächster an der Reihe. Er steht erst zögerlich auf dem Brett, dann fährt er los und nimmt im Südwind schnell an Fahrt auf. Die Wende gelingt ihm erst nicht. Das Segel fällt immer wieder ins Wasser. Mertens surft zu ihm und erklärt ihm Schritt für Schritt, wie er wieder ans Ufer kommt. Jaap gelingt es, das Segel wieder heranzuziehen, zu wenden und ans Ufer zu fahren. Die letzten Meter wird gepaddelt.
Immer wieder probieren es die Holldorfs. Sie fahren an, wenden und landen dabei ab und zu im Schilf oder verlieren das Gleichgewicht und fallen ins Wasser. Astrid Holldorf gelingt es dabei immer, einen Kopfsprung zu machen. „Sieht auf jeden Fall sehr elegant aus“, ruft Mertens ihr zu und lacht. Der Surflehrer gibt Anweisungen vom Ufer aus: Körperspannung, gerade stehen, den vorderen Fuß nach hinten. „Die machen es super. Man muss bedenken: Es ist erst ihr dritter Tag. Gerade die beiden Kinder lernen sehr schnell“, sagt Mertens und ist sichtlich zufrieden.
Er schaut zu Ronja, die die Holldorfs die ganze Zeit im Wasser beobachtet. „Willst du es ausprobieren?“, fragt er. Sie nickt zögerlich. Im Neoprenanzug zieht sie Brett und Segel ins Wasser. „Ich finde es toll, dass es diese Wiederkehrer wie Ronja gibt“, sagt Mertens. Es komme oft vor, dass Menschen vor Jahren einen Windsurfkurs gemacht haben und nach einer Pause wieder einsteigen wollen. „Am Wochenende sind sowieso die Kurse. Ich kann einen Blick auf sie werfen und ihnen helfen“, meint Mertens. Ronja steht mittlerweile auf dem Brett. Sie zieht das Segel an der Aufholleine hoch, greift den Mast, zieht das Segel an sich heran und fährt los.