„Wenn Du mich fragst, wann ich in meinem Leben am glücklichsten war, würde ich sagen: Jetzt!“ Als Agnes Kondering im Januar diesen Satz von ihrer langjährigen Bekannten Gertrud zu hören bekam, staunte sie zunächst nicht schlecht. Schließlich ist Gertrud bereits 93 Jahre alt, auch wenn sie meistens jünger geschätzt wird.
„Diese Aussage hat mich so beeindruckt, dass ich beschloss, einen Film darüber zu drehen. Häufig wird mit hohem Alter ja eher eine gewisse Verbitterung assoziiert“, erklärt Kondering, die in den vergangenen Jahren bereits häufiger mit Filmbeiträgen – unter anderem über ehrenamtliche Flüchtlingshelfer im Bremer Norden – in Erscheinung getreten ist.
In ihren Gesprächskreisen der St.-Martini-Gemeinde, durch die sich die beiden Frauen kennenlernten, fand Kondering daraufhin bald weitere Seniorinnen mit einem ähnlichen Lebensgefühl, die sich zu einer Mitwirkung an dem Filmprojekt bereit erklärten.
In den darauf folgenden Monaten führte Kondering mit den vier Frauen zahlreiche Gespräche, begleitete sie mit laufender Kamera in ihrem Alltag – und montierte aus den so entstandenen acht Stunden Filmmaterial ihren jüngsten Film, der nach einem Zitat des Kabarettisten Hanns-Dieter Hüsch den Titel „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“ trägt.
„Genau so habe ich die Damen in den Gesprächen empfunden, was mich sehr beeindruckt hat“, erklärt Kondering. Im Rahmen des einstündigen Films gewähren dessen vier Hauptdarstellerinnen Einblicke in ihre Gedanken- und Lebenswelt, deren Tiefe sie nach gemeinsamer Betrachtung des fertig geschnittenen Films selbst zu überraschen schien.
„Agnes kitzelt mit Ihren Fragen alles aus uns heraus. Manchmal erzählt man dann auch mehr, als man ursprünglich beabsichtigte“, erklärt Gertrud schmunzelnd. „Bislang habe ich mein Leben halt einfach gelebt und sollte noch nie dazu Stellung beziehen.“
„Es fragt ja sonst auch keiner danach“, ergänzt Angelika. Aus diesem Grund einigten sich die Filmemacherin und ihre Mitwirkenden darauf, die Frauen lediglich mit Vornamen vorzustellen. Neben der Geschichte von Gertrud erzählt der Film also auch die Geschichten von Vera, Irmgard und Angelika – allesamt Nordbremerinnen im Alter zwischen 80 und 93.
„Es geht allerdings nicht um Biographien“, erklärt Kondering. „Allerdings wird im Film auch deutlich, dass in jedem Leben Entscheidungen getroffen werden müssen, die im Idealfall zu der im Titel angesprochenen Befreiung führen können“. Sie selbst habe die Dreharbeiten als spannend und lehrreich empfunden: „Die Gespräche haben mir Mut gemacht, und ich glaube, der Film wird auch seinen Zuschauern Mut machen.“
Unter den Damen scheint Einigkeit darin zu bestehen, wann der wohl einschneidenste Wendepunkt in ihren jeweiligen Biographien erfolgte: „Gerade bei Frauen tritt eine gewisse Befreiung ein, wenn sie ihre Aufgabe in der Familie, der Erziehung und dem Beruf abgeschlossen haben. Selbst ein Witwendasein hat nicht nur Schattenseiten“, erklärt Vera.
„Nach dem Auszug der Kinder und der Pensionierung kommt irgendwann Ruhe rein – und eine Gelegenheit, über das eigene Leben zu reflektieren und sich zu fragen, ob man wirklich gemacht hat, was man wollte“, ergänzt Gertrud – nicht ohne hinzuzufügen: „Im sogenannten Lebensabend geht's eigentlich erst richtig los.“
Im Rahmen des einstündigen Films lüften die Damen nicht nur ihr jeweiliges Geheimnis, auf welche Weisen sie sich ihren Optimismus und Lebensfreude auch im Alter bewahrt haben, sondern formulieren auch ihre Gedanken über das „Danach“. „Es ist ein sehr wort- und gedankenlastiger Film geworden“, so Kondering.
Dieser wird am Mittwoch, 16. November, um 17 Uhr seine Premiere in der Vegesacker Stadtbibliothek feiern. Weitere Vorführungen sind angedacht. Konkrete Termine hierfür gibt es jedoch noch nicht. Ins Internet stellt Kondering ihre Filme nicht mehr: „Wer den Film sehen oder vorführen will, kann mich über meine Homepage www.aki-film.de kontaktieren.“
Der Eintritt zur Premierenvorführung ist frei, aufgrund begrenzter Zuschauerplätze wird um eine telefonische Voranmeldung unter der Nummer 04 21 / 361 72 44 gebeten.