Es war genau das, wonach es ausgesehen hatte: Bei einem Findorffer Rewe-Markt würden größere Mengen Lebensmittel in den Abfall entsorgt, teilte eine Anruferin dem WESER-KURIER am Mittwoch mit. Einen Tag später kam die Bestätigung der Rewe-Group-Unternehmenskommunikation in Köln. In der Filiale sei es zu einem "unerwartet langwierigen Ausfall der Kühltechnik gekommen", teilte eine Sprecherin mit.
"Für das Geschäft wäre es ideal gewesen, uns sofort anzurufen, wenn es Kühlprobleme gab", sagt Uwe Schneider, der Vorsitzende der Bremer Tafel, die Bedürftige mit Essen versorgt, das sonst vernichtet würde. Für Rewe kam es in diesem Fall allerdings nicht mehr infrage, die Nahrungsmittel weiterzugeben, auch wenn das Unternehmen grundsätzlich eng mit den Tafeln zusammenarbeite und Lebensmittel, die nicht mehr verkauft, aber noch bedenkenlos verzehrt werden könnten, den Tafeln zur Verfügung stelle.
Kühlkette sei unterbrochen gewesen
Die Kühlkette der "kühlpflichtigen Ware" sei unterbrochen, die Lebensmittelsicherheit dadurch nicht mehr zu gewährleisten gewesen, schreibt die Rewe-Sprecherin, ohne darauf einzugehen, um welche Nahrungsmittel es sich gehandelt hat und wie hoch der entstandene Schaden ist. "Diese Lebensmittel müssen entsprechend den gesetzlichen und hygienischen Vorgaben sachgerecht entsorgt werden. Hier hat ein Handelsunternehmen keinen Handlungsspielraum – Verbraucherschutz geht vor."
Das sieht der Tafel-Vorsitzende Uwe Schneider genauso. "Bei Tiefkühlware wie Fleisch sind wir ganz vorsichtig, und wenn es um Hackfleisch geht, noch viel mehr", sagt er. "Aber bei Tiefkühlgemüse kriegen wir es hin, das am selben Werktag mittags auszugeben. Unser Kühlhaus in Hemelingen hat eine Zelle, die wir auf Tiefkühltemperatur bringen können, minus 18 Grad und kälter." Im Zweifelsfall hänge alles daran, die Ware schnell holen zu können oder sie geliefert zu bekommen.
Normale Kühltransporte, im Bereich von drei bis sechs Grad Celsius, seien kein Problem für die Tafel, dafür gebe es ein entsprechendes Fahrzeug. Aber Gefrierguttransfers ließen sich kaum in die normalen Touren einbauen, bei denen täglich rund 160 Adressen angesteuert würden. Anlass zur Klage sieht Uwe Schneider nicht. "Die Geschäfte hier in Bremen geben uns Lebensmittel. Wir stehen nicht schlecht da, das liegt natürlich daran, dass wir in der Stadt sind." Dort und in nächster Nachbarschaft unterhielten Handelsketten Kühllager oder es fielen Chargen aus Überproduktion an. "Ein paar könnten sich öfter mal einen Ruck geben", sagt Schneider, "das sind oft Geschäfte in privater Hand."

Uwe Schneider, Vorsitzender des Vereins Bremer Tafel, spricht von einem großen Zulauf. Aktuell dauert es bis zu zwei Monate, bis neue Kunden aufgenommen werden.
Etwa 200 zumeist ehrenamtliche Helferinnen und Helfer kümmern sich darum, Lebensmittel bei Händlern einzusammeln, sie zu sortieren und auszugeben. Das Angebot enthält vor allem Backwaren, Obst, Gemüse und Frischeprodukte. Aktuell hat die Tafel ungefähr 2600 Namen in der Datei. "Dahinter stehen mehr als 5500 Personen", sagt Schneider, nicht selten zählten Haushalte, die hier Bedarfsgemeinschaften genannt werden, bis zu zehn Mitglieder.
"Im Moment haben wir einen sehr großen Andrang, weil seit dem Kriegsausbruch in der Ukraine unheimlich viele Geflüchtete zu uns kommen", sagt Uwe Schneider. "Wir müssen Kunden, die neu aufgenommen werden wollen, aktuell vier bis acht Wochen vertrösten." Sehr gut würden die noch recht neuen, an bestimmten Tagen angebotenen Seniorentafeln in Obervieland, der Vahr und Huchting angenommen. Zwischen 120 und 160 Ausweise seien dort jeweils an Bezieherinnen und Bezieher ausgegeben worden. "Viele Menschen, denen die Preise davonlaufen, besinnen sich endlich auf die Tafeln. Wenn der Druck größer wird, gerade Ältere", sagt Schneider. "Das ist schambehaftet", weiß er, "aber man ist unter seinesgleichen. Wer einmal den Weg zur Tafel gefunden hat, bleibt dabei."