Ein Unverpackt-Laden – so etwas hatte in Findorff gerade noch gefehlt. Das dachten sich nicht nur Nora Osler, Caro Güldner und Nele-Marie Leemhuis, sondern auch mehr als 300 andere Menschen, die für die Ladeneinrichtung über 20 000 Euro investierten. Nun können alle sehen, was daraus geworden ist. Die Füllerei Findorff öffnet am Sonnabend, 1. Februar, um 10 Uhr ihre Türen an der Borgfelder Straße 17 / Ecke Herbststraße. Und sie wird zeigen, was in ihr steckt.
Das ehemalige Versicherungsbüro wurde dafür in den vergangenen Wochen aufgemöbelt und appetitlich hergerichtet. Dort können sich die Kunden künftig Produkte für den täglichen Gebrauch abfüllen lassen, die ohne überflüssigen Ballast auskommen: Im Sortiment sind Getreide, Nudeln, Nüsse, Hülsenfrüchte und Süßwaren, Essig, Öl und Milch, aber auch eine Auswahl an Hygieneartikeln, Reinigungs- und Körperpflegeprodukten, einschlägigen Ratgebern und Accessoires.
Vieles davon wird aus kleinen Manufakturen bezogen, und vorzugsweise aus der unmittelbaren Nähe. So stammt die Milch aus dem Blockland, der „Hinterhof-Honig“ aus einer kleinen Findorffer Imkerei. Cremes, Seifen und Shampoo liefert die Seifenmanufaktur Martha’s Corner an der Münchener Straße, Stoffbeutel und wiederverwendbare Kosmetikpads fertigt Sina Simon, Inhaberin des plastikfreien Ladens Oceanlovers an der Admiralstraße. „Wir wollen keine Konkurrenz sein, sondern eine Ergänzung“, erklärt Nora Osler. „Wo immer es geht, suchen wir die Kooperation.“
Die 34-jährige gelernte Raumausstatterin wird den Laden führen. Als studierte Biologin beschäftige sie sich schon lange damit, was achtlos entsorgter Müll auf der Welt anrichtet, so Osler. „Ich wollte etwas machen, womit ich wirklich etwas bewirken kann. Es geht mehr um Idealismus als um Gewinnabsicht.“ Die Idee für den Branchenwechsel sei vor etwa einem Jahr konkret geworden, und mit Güldner und Leemhuis fanden sich zwei Gleichgesinnte für die Existenzgründung. „Was uns verbindet: Uns ist es wichtig, so nachhaltig wie möglich zu leben“, sagt Osler.
Die Füllerei wird der vierte Unverpackt-Laden im Bremer Stadtgebiet sein. Bereits seit vier Jahren gibt es Selfair im Steintor, es folgten L’Epicerie Bio und Füllkorn in der Neustadt. Als weltweit erster Zero-Waste-Store gilt Unpackaged, das seit 2007 im Londoner Szeneviertel Islington zu finden ist. 2014 wurde der erste deutsche Laden dieser Art in Kiel eröffnet.
Mittlerweile wird die Zahl der Unverpackt-Läden in Deutschland auf rund 100 geschätzt. Die Motivation erklärt sich von selbst: Laut Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) wird in Deutschland immer mehr Verpackungsmüll produziert. Allein private Verbraucher werfen jährlich durchschnittlich 107 Kilogramm an Verpackungen weg. Mit 38 Kilo Plastikabfall pro Kopf und Jahr liegt Deutschland weit über dem Durchschnitt der Europäischen Union.
Nachhaltig ist in der Füllerei auch die Ladeneinrichtung, die überwiegend aus aufgearbeiteten Second-Hand-Möbeln besteht. Die hochwertigen Lebensmittelspender aus Holz und Glas indes sind funkelnagelneu. Damit sich die Füllerei die Anschaffung leisten konnte, wurde im November des vergangenen Jahres eine Crowdfunding-Kampagne gestartet, die innerhalb von nur zehn Tagen 12 000 Euro zusammenbrachte. Das zweite Spendenziel über 8000 Euro wurde ebenfalls erreicht: Rechtzeitig vor der Eröffnung konnte eine professionelle Nussmus-Mühle angeschafft werden.
Die Entdeckung des leerstehenden 100 Quadratmeter großen Geschäfts im Gebäude der Espabau sei in mehrerer Hinsicht ein echter Glücksfall gewesen, erzählt Nora Osler: Erstens, weil die Vermieter die Geschäftsidee mit offenen Armen begrüßten und die Räume komplett renoviert übergaben. Perfekt sei auch die Nähe zum Findorffmarkt. So könne die Kundschaft ihre Einkäufe mit einem Besuch im Unverpackt-Laden um die Ecke verbinden.
In der Nachbarschaft habe sich das Team sofort ausgesprochen herzlich willkommen gefühlt. „Die Findorffer sind so süß“, erzählt Osler, die im Barkhof-Viertel wohnt. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht angesprochen werde oder mir jemand mir durchs Fenster zuwinkt.“
Weitere Informationen
Die Füllerei, Borgfelder Straße 17, wird montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, sonnabends 10 bis 14 Uhr geöffnet sein. Nähere Informationen im Internet: www.fuellerei.de.