Im Herbst dieses Jahres sollten eigentlich die Arbeiten zur Verschönerung des Findorfftunnels beginnen. Doch wie man sieht, sieht man noch nichts. Der Baubeginn wurde auf die Sommerferien 2023 verschoben. Zwar ist beschlossen: Senatorin Maike Schaefer wird für das Projekt Mittel in Höhe von 600.000 Euro aus ihrem Klimaschutz-Topf zur Verfügung stellen. Doch weil es dauerte, bis die nötigen Beschlüsse aus Senat, Haushalts- und Finanzausschuss vorlagen, konnte die Verkehrsbehörde erst mit Verspätung die Ausführungsplanung beauftragen, heißt es zur Erklärung. Im Findorffer Beirat ist man geduldserprobt. „Hauptsache, es kommt“, sagt Bauausschusssprecher Ulf Jacob (Grüne).
Mit der konkreten Planung ist seit dem Sommer dieses Jahres das Büro des Diepholzer Lichtdesigners Oliver Christen beschäftigt, dessen Konzept vor drei Jahren bei den Beiräten Findorff und Mitte einhellige Zustimmung gefunden hatte. Die Lichtplaner hatten die rund 170 Meter lange Unterführung genau vermessen und die Ausleuchtung mithilfe eines 3-D-Modells simuliert. Die Lichtquellen sollen dabei so eingesetzt werden, dass unschöne Bereiche des Industriebauwerks kaschiert und die präsentableren betont werden. „Es ist wie ein Make-Up mit Licht“, erklärte Christen damals.
Historisches "Bremer Blau"
Der Vorschlag des Ingenieurbüros, das sich auf die professionelle Inszenierung von Straßen und Gebäuden spezialisiert hat: Der düstere „dampfgelbe Farb-Brei“ soll durch eine Beleuchtung in Blautönen ersetzt werden, die zur Mitte des Tunnels hin kräftiger und intensiver wird. Genauer: in der Nuance „Bremer Blau“, die laut Christen in der Stadt von historischer Bedeutung sei. Es handele sich dabei um das klassische Himmelblau der Theatermalerei, das einst durch das Pigment Kupferkarbonat erzeugt wurde, und im 18. und 19. Jahrhundert in Bremen besonders beliebt war. Noch wichtiger für die Farbwahl der Lichtplaner war jedoch, dass das menschliche Auge die Farbe Blau in dunkler Umgebung besonders gut wahrnehme.
Wer das Umstyling bezahlen würde, blieb dagegen lange im Unklaren. Die Deutsche Bahn sah keinen Grund, sich zu beteiligen. Ende des vergangenen Jahres machten Behördenvertreter dem Findorffer Bauausschuss erste Hoffnungen auf eine Finanzierung über das senatorische Klimaschutz-Budget. Im Februar dieses Jahres stimmte der Bremer Senat der Mittelverteilung der dritten Tranche des „Handlungsfeld Klimaschutz“ der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau zu.
20 Tonnen CO2 weniger
Im Gesamtpaket in Höhe von 30,9 Millionen Euro für mehr als 60 Klimaschutz-Projekte sind die Maßnahmen im Findorfftunnel mit Kosten in Höhe von 600.000 Euro berücksichtigt. Die vollständig erneuerte Grundbeleuchtung werde ein Viertel des Energieverbrauchs und damit jährlich 20 Tonnen CO2 einsparen, heißt es in der Projektbeschreibung. Die neue Lichtgestaltung soll zudem für eine Erhöhung des subjektiven Sicherheitsempfindens sorgen. Durch die verbesserte Beleuchtungssituation sei zu erwarten, „dass für alle, insbesondere für Frauen und queere Menschen, der ,Angstraum Findorfftunnel‘ so nicht weiter bestehen wird; ebenfalls ist zu erwarten, dass die Anpassung der Beleuchtung gehandicapten Menschen zugutekommen wird“, heißt es darin weiter.
Die fertige Ausführungsplanung soll jetzt im Frühjahr 2023 den Beiräten vorgestellt werden, Anschließend werden die Bauverträge ausgeschrieben und vergeben, erklärt Rick Graue, Leiter des Amts für Straßen und Verkehr. Der Bau sei für die Sommerferienzeit 2023 vorgesehen, da voraussichtlich die Sperrung jeweils eines Fahrstreifens inklusive der Nebenanlagen erforderlich sein wird.
Bedauerliche Verzögerung
Der Wunsch nach einer Sanierung und Aufwertung treibt die Beiräte dies- und jenseits des düsteren Tunnels seit vielen Jahren um. Die erneute Verzögerung sei bedauerlich, sagt Ulf Jacob. „Wir hatten gehofft, dass es Ende dieses Jahres losgeht. Aber unter den derzeit schwierigen Rahmenbedingungen dauern manche Dinge eben länger. Das Wichtigste ist für uns, dass die Maßnahme umgesetzt wird, und davon sind wir überzeugt.“
Auch Beiratssprecherin Anja Wohlers gibt sich langmütig. „Wir freuen uns auf die Maßnahmen im Findorfftunnel. Aber tatsächlich gibt es zurzeit andere Probleme im Stadtteil, die mir noch viel mehr am Herzen liegen. Mein Wunsch wäre, dass auch bei den Themen Barrierefreiheit und Rettungssicherheit endlich etwas in Gang kommt.“