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Kriminalität Zahl der Straftaten in Findorff stagniert

Die Polizei sieht für die Menschen in Findorff keinen Grund zu übermäßiger Angst vor Straftaten. Das Gefühl der Menschen im Stadtteil ist allerdings ein anderes.
05.05.2022, 09:00 Uhr
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Von Anke Velten

In Findorff kann man sich sicher fühlen. Die Zahl der registrierten Straftaten ist in den vergangenen Jahren nicht nennenswert gestiegen und in vielen Deliktbereichen sogar gesunken. Auch bestimmte Örtlichkeiten, die von manchen Bürgerinnen und Bürgern als problematisch empfunden werden – etwa der Bereich um Findorfftunnel und Plantage sowie der Platz vor der Jan-Reiners-Lok – stellen aus polizeilicher Sicht keine Brennpunkte dar.

Im Vergleich mit den anderen Stadtteilen im Bremer Westen hat die Polizei mit Findorff erheblich weniger zu tun. Das heißt nicht, dass es im Stadtteil keine Kriminalität gibt. Besonders auf Fahrräder sollte man gut aufpassen. Und auch bei Straftaten zum Nachteil älterer Menschen sind Aufmerksamkeit und Aufklärung gefragt. Soweit das Konzentrat des Vortrags, den Polizeirätin Kathleen Linke, Leiterin des Polizeikommissariats West, und ihre Kollegin Kirsten Dambek, Leiterin des Waller Reviers, auf Bitten des Findorffer Fachausschusses für Wirtschaft, Inneres und Sport vorbereitet hatten.

Unterschiedliche Gefühlslagen

Mit der Kriminalität wird es immer schlimmer, abends kann man nicht mehr gefahrlos aus dem Haus, bestimmte Orte sollte man meiden: Das individuelle Unsicherheitsgefühl und die Faktenlage müssen nicht immer übereinstimmen und klaffen mitunter weit auseinander. Die Beunruhigung über Medienberichte, die Tatsache, dass eine Bekannte oder man selbst Opfer einer Straftat wurde, Ruhestörungen, Unrat oder Unordnung in der Umgebung: All dies könne dazu führen, dass die Lage als gefährlicher wahrgenommen werde, als sie tatsächlich ist, wie Polizeihauptkommissarin Dambek eingangs erläuterte. Exakt 2767 Straftaten sind bei der Bremer Polizei in Findorff im vergangenen Jahr aktenkundig geworden. Deutlich mehr Arbeit hatten die Kriminalisten in Walle (4796 Straftaten) und Gröpelingen (6533).

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In vielen Deliktgruppen seien die Findorffer Zahlen in Relation zu den Vorjahren deutlich zurückgegangen – etwa im Bereich der Wohnungseinbrüche (28 Fälle) oder beim Taschendiebstahl (49 Fälle): Ein Effekt der Pandemie, die dazu geführt habe, dass Läden zeitweise geschlossen waren, sich viele Menschen tagsüber zu Hause aufhielten und beim Einkaufen viel Wert auf Abstand halten gelegt wurde, erklärte Dambek.

Kriminelle Energie umgeleitet

Parallel sei die kriminelle Energie umgeleitet worden. Auffällig gestiegen seien Fälle von Einbrüchen in Geschäften (101) und in Keller oder Waschküchen (118). Bei einem Großteil sei es indes bei erfolglosen Einbruchsversuchen geblieben, und diverse Serien von Wohnungs- und Kellereinbrüchen hätten auf Einzeltäter zurückgeführt werden können, die gestellt und dingfest gemacht wurden, so Dambek.

Bei den 28 registrierten Raubdelikten habe es sich in fast der Hälfte der Fälle um räuberischen Diebstahl in Supermärkten gehandelt. Der Rest seien oft Taten im Umfeld von Freimarkt und Osterwiese, sagte die Polizistin. Entgegen dem bundesweiten Trend, der einen deutlichen Anstieg von Fällen häuslicher Gewalt beobachtete, seien die entsprechenden Fallzahlen in Findorff sogar gesunken. Bei den sieben Sexualdelikten, die im vergangenen Jahr im Stadtteil angezeigt worden seien, habe es sich um Beziehungstaten gehandelt, so Dambek.

Hochburg der Fahrraddiebe

Im Bereich der Fahrraddiebstähle gelte Findorff aber nach wie vor als Hochburg. Knapp 400 Zweiräder verschwanden im vergangenen Jahr, oft auf Nimmerwiedersehen in Sprintern organisierter Gruppen. Der Stadtteil sei in Täterkreisen wegen der großen Auswahl an hochpreisigen Rädern beliebt, die oftmals nicht sorgfältig genug gesichert würden: Minderwertige Fahrradschlösser, die „mit einer Rosenschere geknackt“ werden könnten, würden in der Szene als „Geschenkbänder“ bezeichnet, wusste die Kommissarin. Andere Gruppen hätten sich auf den Diebstahl hochwertiger Profi-Werkzeuge aus Firmenfahrzeugen oder auf Teile-Diebstahl spezialisiert. Auch in diesem Bereich habe die Polizei Serientäter ermitteln und inhaftieren können.

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Überhaupt nicht bestätigen könne sie die Befürchtung, dass sich vor der Jan-Reiners-Lok eine Problematik wie im Bahnhofsumfeld etabliere, so Dambek. Es handele sich dort um eine völlig andere Klientel. Auffällig sei vor allem eine Gruppe Jugendlicher geworden, von denen einige zwischenzeitlich in Einrichtungen außerhalb Bremens untergebracht oder in Gewahrsam genommen wurden. „Ich denke, dass wir da Ruhe reinkriegen“, so die Polizistin. Aus polizeilicher Sicht habe die Drogenszene, die sich am Bahnhof, im Nelson-Mandela-Park und in der Friedrich-Rauers-Straße aufhalte, keinerlei Strahlwirkung auf Findorff, erklärte sie weiter. Aus polizeilicher Sicht ebenfalls unauffällig seien der Bereich des Findorfftunnels und die Plantage, so Dambek auf Nachfrage des Beirats. An unschönen Ecken wie diesen, an denen man sich ungern aufhalte, könne man städtebaulich arbeiten – etwa, durch eine bessere Beleuchtung, wie sie im Tunnel bereits geplant sei.

Wachsamkeit notwendig

Die „perfiden“ Fälle von Straftaten, die sich gezielt und erfindungsreich gegen ältere Menschen richten – Klassiker sind der Enkeltrick, der Besuch des Wasserwerkers oder der Zetteltrick, mit dem sich Täter Zugang in die Wohnungen und Handtaschen verschaffen – seien laut Polizeistatistik zwar ebenfalls gegenüber den Vorjahren gesunken, bedürften aber weiterhin der Wachsamkeit, so Dambek.
Bei den als zunehmend unangenehm empfundenen Fällen von Bettelei, die Ingo Steinhaus (CDU) anführte, und von denen auch Geschäftsinhaberin Marcella Dammrat-Tiefensee (SPD) sich „drangsaliert“ fühlt, greife die Polizei nur ein, wenn die Betreffenden penetrant ansprechen oder hinterherlaufen, so Dambek. „Betteln an sich ist nicht verboten.“ Als sichtbar problematisch wurde seitens mehrerer Ausschussmitglieder die Zunahme von Graffiti im Stadtteil betrachtet – darunter auch Nazi-Schmiererien, wie sie Linken-Sprecher Christian Gloede immer häufiger beobachtet.

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