Versteckt hinter den Fahrgeschäften und Verkaufswagen ist ein kleines Dorf aus Wohnwagen aufgebaut. Hier, eingekuschelt zwischen dem Trubel der Freimarktsgänger und dem Verkehr am Bremer Hauptbahnhof, hat auch die Familie Veldkamp ihr Zuhause auf Rädern aufgestellt. Fast wie durch ein kleines Labyrinth zwischen Kabeln, Anhängerkupplungen und Wetterplanen bahnt sich Symon Veldkamp einen Weg zu seinem Zuhause. Im Wohnwagen wartet bereits seine Familie – Ehefrau Jenny (37) und die fünf gemeinsamen Kinder Leni (12), Mila (9), Mimi (7), Jona (5) und Symon Junior (3).
Sobald die Tür zum Wohnwagen aufgeht, betritt man eine Ruheoase. Der Trubel vor der Tür scheint vergessen und auch das Innere des mobilen Zuhauses wirkt wie eine ganz normale Wohnung – nur eben auf Rädern. „Wir haben hier alles: Wasch- und Spülmaschine, ein Badezimmer mit Toilette und Dusche und eine Küche“, sagt Symon Veldkamp. Der Hauptraum ist gleichzeitig Eingangsbereich, Küche, Büro und Wohnzimmer. Daran schließt sich das Badezimmer an sowie das Schlafzimmer für die Eltern und das für die jüngsten Kinder. Nebenan befindet sich ein weiterer Wohnwagen für die drei ältesten Kinder. Man spürt: Symon Veldkamp, der in sechster Generation gebrannte Mandeln auf den Jahrmärkten verkauft, hat es sich mit seiner Familie gemütlich gemacht.

Die Arbeitsaufteilung: Jenny Veldkamp bereitet das Mittagessen für die siebenköpfige Familie vor, während Symon Veldkamp sich um die Buchhaltung kümmert.
Ab Ostern beginnt das Schaustellerjahr und die Familie lebt größtenteils in ihrem Zuhause auf Rädern. In den Sommermonaten ist die Familie Veldkamp mit ihren Verkaufswagen allerdings nicht unterwegs. „Das ist der Branche geschuldet. Im Sommer wird lieber Eis gegessen, statt gebrannten Mandeln“, sagt Veldkamp. In dieser Zeit dreht sich alles um die Pflege der Wagen, Reparaturen und Überholungen. Ab Herbst nimmt der Betrieb dann wieder volle Fahrt auf. Immerhin beginnt ab Oktober unter anderem der Freimarkt in Bremen und im Anschluss der Weihnachtsmarkt Weißerzauber in Hamburg.
„Wir haben uns 2005 hier auf dem Bremer Freimarkt kennengelernt“, erinnert sich Symon Veldkamp an den Beginn der Liebe mit seiner heutigen Frau. Zu der Zeit habe Jenny eine Ausbildung als Industriekauffrau bei der örtlichen Brauerei absolviert. „Meine Ausbildung war sehr gut und es hat mir auch Spaß gemacht, da ich viel Abwechslung hatte. Aber das halbe Jahr fest in einem normalen Job, da habe ich gemerkt, dass das nichts für mich. Ich bin als Schaustellerin geboren und dann ist man so“, sagt Jenny Veldkamp. Sie kommt aus der Schaustellerfamilie Fischer. Früher hat ihre Familie einen Autoscooter betrieben, jetzt führen die Eltern den Ausschank Friesendiele. „Das Schaustellersein wird einem in die Wiege gelegt“, sagt ihr Ehemann.
Kurz nach dem Kennen- und Liebenlernen hat sich das Paar selbstständig gemacht und betreibt mittlerweile zwei Verkaufswagen. Sie verkaufen gebrannte Mandeln, schokolierte Früchte und Zuckerwatte aus eigener Herstellung.
Während sich die Eheleute Veldkamp auf dem Freimarkt um den Verkauf kümmern, geht der Alltag der Kinder ganz normal weiter. „Die Kinder gehen fest in Syke zur Schule. Einer von uns ist in der Woche bei den Kindern, bringt sie zur Schule. Wenn es mal gar nicht geht, sind die Kinder bei unseren Eltern“, sagt die 37-Jährige. In ihrer Kindheit sei das noch ganz anders gewesen. Regelmäßiger Schulwechsel durch die verschiedenen Veranstaltungsorte sei damals gang und gäbe gewesen. „Ich wusste schon als Kind, dass ich die Schulwechsel für meine Kinder nicht will“, erinnert sich die Mutter.

Die fünf Kinder der Veldkamps (von links): Leni, Mila, Mimi, Symon Junior und Jona spielen im Wohnwagen.
„Früher war das noch so, dass man in den Schulen vor Ort den Schulstoff mitgemacht hat. Heute ist es so, dass die Stammschule, wo man zu Hause ist, Unterlagen mitgibt und man arbeitet parallel damit“, sagt der Vater. Wenn früher der Familienbetrieb in ein anderes Bundesland gereist sei, habe sich der Schulstoff geändert. So sei es vorgekommen, dass man beispielsweise Bruchrechnung nie in der Schulzeit gelernt habe. Heute aber werden von den Eltern der Schaustellerfamilien Schultagebücher geführt, die sie den Lehrern für eine schriftliche Bewertung zukommen lassen.
Ob die Kinder nach ihrer Schulzeit in die Fußstapfen der Eltern treten wollen, ist zumindest für die älteste Tochter Leni ganz klar. Kein Wunder, findet Symon Veldkamp, immerhin lebten die Kinder hier auf einem großen Spielplatz, könnten kostenlos in jedes Fahrgeschäft und würden alle Standbetreiber sowie deren Kinder kennen. „Es ist wie eine Stadt in einer Stadt“, sagt der 36-Jährige. Der Familienvater würde sich freuen, wenn der Betrieb von seinen Kindern übernommen werde. „Aber ich will nichts bestimmen“, sagt er. Jenny Veldkamp ergänzt: „Sie sind frei in ihrer Entscheidung und sollen zunächst ihr Abitur oder eine Ausbildung machen, um auch mal andere Luft zu schnuppern.“

Symon Veldkamp, Tochter Leni und Mutter Jenny in ihrem mobilen Zuhause.
Im neuen Jahr gönnt sich die Familie dann wieder eine dreimonatige Auszeit. „Tatsächlich sind wir am Ende des Jahres aufgebraucht“, sagt Symon Veldkamp. „Aber der Motor muss immer weiterlaufen. Sobald man runterfährt, wird man krank“, ergänzt seine Frau. Denn auch das ist klar: Ohne die Märkte hat das Ehepaar nur geringe Einnahmen, lediglich der Onlinehandel mit gebrannten Mandeln bringt ein wenig Umsatz. Die Familie zehrt dann von dem finanziellen Plus aus den Herbstmonaten und den Weihnachtsmärkten.