In Oslebshausen steigt offenbar die Bereitschaft, sich an einem Klageverfahren gegen den Bau der Bahnwerkstatt an der Reitbrake zu beteiligen: Rund 50 Bürgerinnen und Bürger haben bislang gegenüber der Bürgerinitiative (BI) Oslebshausen und umzu Interesse an Informationen zu möglichen Einwendungen im Zuge des Planfeststellungsverfahrens bekundet, wie BI-Sprecher Dieter Winge mitteilt.
Bei der BI sitzt die Enttäuschung über den Umgang der Politik mit dem Thema Bahnwerkstatt tief, wie Winge und BI-Mitbegründer Rolf Vogelsang am Donnerstagabend bei einer Informationsveranstaltung im Bürgerhaus Oslebshausen den rund 75 Besucherinnen und Besuchern schilderten. Bei ihrem Rückblick auf die nun endende Legislaturperiode kommen insbesondere SPD und Grüne nicht gut weg. Denn diese hätten – obwohl es schon 2018 unter Rot-Grün Gespräche über die Ansiedelung der Bahnwerkstatt an der Reitbrake gab - den Oslebshausern 2019 im rot-grün-roten Koalitionsvertrag eine Entlastung von Lärm, Müll und Verkehr versprochen.
Die bis dato einzige Möglichkeit, die Bahnwerkstatt in Oslebshausen zu verhindern, wurde Winge zufolge verpasst: „Das wäre gewesen, dass man sich in der Politik nochmal mit der Standortfrage befasst. Es ist aber leider nicht gelungen, das nochmal auf die politische Bühne zu bringen. Darüber bin ich sehr enttäuscht.“ Nun bleibe „eigentlich nur die Klage“ im Zuge des Planfeststellungsverfahrens, das für die Zulassung größerer Infrastrukturprojekte erforderlich ist. Die BI rechnet damit, dass die entsprechenden Unterlagen ab Anfang Juni öffentlich ausgelegt werden könnten. Wer durch das Vorhaben seine Rechte und Belange beeinträchtigt sieht, kann ab diesem Zeitpunkt binnen vier Wochen eine Einwendung einreichen und sich dazu auch bei der BI Rat und Unterstützung holen. Nur wer eine Einwendung eingereicht habe, sei später auch klageberechtigt, unterstreicht Winge außerdem. Für ihn und seine Mitstreiter steht fest: „Wir müssen ein deutliches Zeichen setzen. Das können wir nur in Form einer Klage.“
Für solch eine gerichtliche Auseinandersetzung veranschlagt der BI-Sprecher Kosten in Höhe von 10.000 bis 20.000 Euro. Mit Unternehmer Henrik Sander und dem Diako hat die BI ihm zufolge bislang zwei größere Unterstützer an ihrer Seite, die im Falle einer Klage auch finanziell helfen würden. Finanzielle und organisatorische Unterstützung hat außerdem auch Ekkehard Lentz vom Bremer Friedensforum angekündigt.
Jeder Anwohner und Eigentümer sei betroffen
Von den massiven städtebaulichen Auswirkungen der geplanten Ansiedlung ist nach Ansicht von Winge und Vogelsang jeder Anwohner und Eigentümer in Oslebshausen betroffen: „Damit wird Oslebshausen weiter geschwächt und der Segregation weiterer Vorschub gegeben.“ Klageberechtigt seien alle, die die Bahnwerkstatt unmittelbar betreffe, unterstreicht Winge: Die rund 1000 Bewohnerinnen und Bewohner der Wohnanlage Wohlers Eichen etwa, in deren unmittelbarer Nähe die Bahnwerkstatt gebaut werden soll. Oder auch die Vonovia als Eigentümerin des Gebäudekomplexes – die sich bislang jedoch nicht zu dem Thema geäußert habe. Ebenso die Eigentümer der Reihenhäuser entlang der Straße An der Finkenau, hinter deren Gärten die Abstellanlage für Züge geplant ist, die nach Einschätzung der BI für zusätzlichen Lärm sorgen wird. Aber auch die Wallerinnen und Waller, die entlang der Bahnstrecke leben, über die in Zukunft regelmäßig die leeren Züge zur Bahnwerkstatt gefahren werden sollen. „Was sagt denn eigentlich der Waller Beirat dazu?“ wollte am Donnerstag nun eine Besucherin der Informationsveranstaltung von den BI-Vertretern wissen. Die Antwort lieferte die Waller CDU-Fraktionssprecherin Kerstin Eckardt, eine der wenigen Politikerinnen im Publikum: „Dass das Planfeststellungsverfahren schon so weit ist, ist bei uns noch nicht angekommen.“
Rolf Vogelsang ist kürzlich wie berichtet aus Enttäuschung über die Haltung seiner Partei in Sachen Bahnwerkstatt nach 60 Jahren aus der SPD ausgetreten und hat auch sein Beiratsmandat niedergelegt. Was er ziemlich unglücklich findet: Wenn die Wahlperiode am 7. Juni endet, werden die Unterlagen zum Planfeststellungsverfahren womöglich noch nicht ans Ortsamt verschickt worden sein. Der neue Beirat konstituiert sich am 5. Juli – am Tag darauf beginnen die Sommerferien, in denen die Stadtteilparlamente nicht tagen. „Es wurde gesagt, dass der Antragsteller Anspruch auf eine Stellungnahme des Beirats innerhalb von vier Wochen hat. Die könnte also vielleicht entfallen, denn im Moment sieht es so aus, als könnte der Beirat gar nicht beteiligt werden – selbst wenn er wollte“, fürchtet Vogelsang.
Umso mehr wollen aber die Bürgerinnen und Bürger mitreden, für viele von ihnen stand am Ende des Abends fest: Zumindest müssen sehr gute Lärmschutzwände errichtet werden, um sie und ihre Gesundheit in Zukunft wirkungsvoll zu schützen – und dafür werden sie kämpfen.