Wie könnte die Oslebshauser Heerstraßenkreuzung so umgestaltet werden, dass schwächere Verkehrsteilnehmer sie besser passieren können und der Ortsteil vom Durchgangsverkehr entlastet wird? Darüber ist in einer Sitzung des Gröpelinger Beirats in der Gesamtschule West durchaus kontrovers diskutiert worden.
Immer wieder ist von Anwohnern zu hören, dass sie der Verkehr aus dem Umland stört, der die Oslebshauser Landstraße täglich als schnelle Verbindung in den Hafen nutzt. Würde man allerdings diese Verbindung kappen, wie es nun Stadt- und Verkehrsplaner vorschlagen, dann müssten viele Oslebshauser Umwege fahren, um mit dem Auto zum Nahversorgungszentrum beim Oslebshauser Bahnhof zu gelangen.
2014 war eine Umgestaltung der Oslebshauser Heerstraßenkreuzung ins Integrierte Entwicklungskonzept Gröpelingen (IEK) aufgenommen worden, und seit Ende vergangenen Jahres arbeiten drei Planungsbüros im Austausch mit Beirat, Bürgern und Behördenvertretern an einer Studie zum Kreuzungsbereich.
Vorrangiges Ziel ihrer Empfehlung ist es, den Oslebshauser Bahnhof als Mobilitätsdrehscheibe zu stärken, das Haupt-Wohnquartier (südlich der Heerstraße) und das Nahversorgungszentrum (nördlich der Heerstraße) besser miteinander zu verbinden, die Kreuzung attraktiver zu machen und die Nord-Süd-Achse gegenüber der Ost-West-Achse zu betonen – und all diese Punkte nicht vom Autoverkehr her zu denken, sondern vom Fuß- und Radverkehr.
Sie haben verschiedene kleinere Maßnahmen wie Fußgänger-Sprunginseln, einen Unterstand und Bike-and-Ride-Plätze am Bahnhof sowie eine attraktivere Gestaltung des Bahntunnels aufgelistet, die auch unabhängig voneinander umgesetzt werden könnten. Aber, so Charlotte Herbst vom Büro BPW: „Wir haben gemerkt: Wenn man wirklich den Ort für den Fuß- und Radverkehr aufwerten, die Verknüpfungen verbessern und mehr Sicherheit herstellen möchte, dann geht es nicht, wenn man nicht den Knotenpunkt anfasst.“ Um die überdimensionale Straßenkreuzung übersichtlicher und kompakter zu machen, sollte aus Expertensicht die Oslebshauser Landstraße abgehängt werden. Nur noch Rechtsabbieger von der Oslebshauser Heerstraße aus könnten dort dann hineinfahren.
„Wie wollen Sie denn das Linksabbiegen verhindern?“ fragt Martin Reinekehr (SPD), der nicht glaubt, dass sich Autofahrer daran halten würden. Dieser Ansicht ist auch Rolf Vogelsang (SPD), der sagt: „Da muss man sich noch was anderes überlegen. Bald 90 Prozent der Bevölkerung wohnen südlich der Heerstraße, und das Einkaufszentrum ist eben nördlich. Und jeder muss dorthin, wenn er etwas zum täglichen Bedarf einkaufen will. Viele sind älter und können die Lasten nicht mit dem Fahrrad transportieren. Das sind alles lange Wege, die man zurücklegen muss, wenn die Landstraße abgehängt wird.“
Wenn Anwohner mit ihren Autos nicht mehr von einer Seite der Heerstraße auf die andere kämen, wäre dies nach Ansicht von Birgit Erdogan (SPD) ein echter Schildbürgerstreich: „Ich weiß nicht, was dann in Oslebshausen los ist, wenn die da alle durch die ganzen Seitenstraßen fahren. Chaos ohne Ende. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit, das funktioniert nicht.“
„Das ist wirklichkeitsfremd“, meint auch ein Anwohner, und Carina Claus vom Bürgerhaus Oslebshausen ist überzeugt: „Es wird einen Aufstand geben.“ Vor allem für Familien mit vielen Kindern und Alleinerziehende wären zusätzliche Umwege problematisch, weshalb Carina Claus die Planer nun einlud: „Kommen Sie bitte einen Abend ins Bürgerhaus und sprechen Sie mit den Bürgern und Bürgerinnen darüber, was die wirklich brauchen.“
Etwas anders sieht es die Grünen-Fraktion. „Der Umbau der Kreuzung ist notwendig, wenn man den Bereich insgesamt attraktiver machen will“, ist etwa Fraktionssprecher Dieter Steinfeld überzeugt. Sein Fraktionskollege Lutz Liffers meint: „Die Nachbarn klagen über Lärm und Feinstaub. Wenn wir eine lebenswertere Stadt haben wollen, müssen wir uns von der autogerechten Stadt verabschieden. Auch die Einkaufssituation ist eine Folge der autogerechten Stadt. Wenn wir noch überall viele kleine Läden hätten, gäbe es diese Diskussion jetzt nicht.“
Viele Anwohner seien nicht mit dem Auto, sondern mit Kinderwagen, Fahrrädern oder ‚Hackenporsche‘ unterwegs, sagt dazu Charlotte Herbst. „Es geht um eine Verbesserung für sie. Das heißt im Umkehrschluss, dass der kürzeste Weg zu Fuß oder mit dem Fahrrad ist und nicht mehr mit dem Auto.“ Die Studie solle zunächst lediglich aufzeigen, was möglich wäre, betont die Planerin gleichzeitig: „Das hat Einschränkungen beim Komfort des Autoverkehrs, aber es würde für die Oslebshauser Landstraße eine Qualitätssteigerung bedeuten. Der Vorschlag wäre, dies weiter zu verfolgen und weitere Untersuchungen in diese Richtung anzustellen.“
Die im IEK für das Projekt veranschlagten Mittel würden für einen Umbau der Kreuzung nicht ausreichen, ergänzt Claus Gieseler vom Referat Stadtumbau. Er empfiehlt, schon jetzt einige kleinere Maßnahmen anzuschieben und parallel die für einen Umbau der Kreuzung notwendigen Untersuchungen weiter voranzutreiben: „Es ist eine sehr einschneidende Maßnahme für alle Anwohner, weil sie wirklich in den täglichen Ablauf ihres Lebens eingreift.“ Nach Abschluss der Studie gehe es deshalb darum, sich dazu zu positionieren, ob man die Kreuzung grundsätzlich umbauen wolle.