„Vorsicht, Bauklotz auf der Fahrbahn – bitte umfahren!“ – Wie bringt man einem Roboter aus Lego bei, dass er beim autonomen Fahren Hindernissen ausweichen kann? Indem die Maschine Sensoren sowie ein Programm enthält, das Signale aus der Umwelt erkennt und richtig zuordnet. Die beiden Achtklässlerinnen Sidelya und Ecrin, beide 14 Jahre alt, sitzen am Bildschirm und bauen in ein Computerprogramm solche Handlungsanweisungen ein. Wenn das kleine Fahrzeug fertig ist, kann es entlang einer blauen Linie fahren und kriegt rechtzeitig die Kurve, wenn ein Klotz auf der Fahrbahn steht.
„Das Thema autonomes Fahren ist eines von 18 Angeboten im Rahmen unseres Forscher- und Entdeckertags. Schüler der siebenten bis neunten Klasse können selbst Projekte auswählen, für die sie sich interessieren“, sagt Robert Mews, der den Forscher- und Entdeckertag an der Neuen Oberschule Gröpelingen initiiert hat und Fachsprecher Naturwissenschaften an der Schule ist. „Dieses Angebot gibt es bereits zum dritten Mal, und nach dem ersten Forscher- und Entdeckertag kamen immer mehr Lehrerkollegen mit eigenen Ideen, die sie einbringen wollten“, sagt Robert Mews.

Matheuß (14, vo links), Sezyi (14) und Erdem (13) trainieren ihrem Lego-Roboter das autonome Fahren.
Entdeckertag soll für Mint-Fächer begeistern
Der Forscher- und Entdeckertag soll bei den Schülern vor allem Begeisterung und Motivation für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, die sogenannten Mint-Fächer, wecken. Mit den Angeboten erhalten sie Einblicke in die praktischen Anwendungsbereiche der Mint-Fächer, indem sie sich forschend und entdeckend einer Thematik nähern. „Dabei spielen vor allem auch fächerübergreifende Aspekte eine große Rolle, die im Unterricht oft zu kurz kommen, sagt Robert Mews: Wenn zum Beispiel hölzerne Eisstiele auf ein Brett geschraubt werden und ein Stück weit überstehen, lassen sich Töne wie auf einer Kalimba erzeugen – einem Zupfinstrument aus Afrika. „Die Schüler lernen, dass die Töne von der Länge der Hölzer abhängig sind – zwischen Musik und Mathematik besteht also eine enge Beziehung“, sagt Robert Mews.
„Ich habe genau ausgemessen, wie weit die vielen Eisstiele über das Brett ragen müssen und fixiere sie anschließend mit Schrauben“, sagt die 13-jährige Alina aus der siebenten Klasse. Nachdem einige der Kalimbas bunt bemalt wurden, werden die Schüler auf der Abschlusspräsentation ihr eigenes Stück vorspielen.
Lego-Roboter fährt autonom
Die Lego-Roboter sind inzwischen bereit für ihre erste autonome Fahrt: Sie können vorwärts und nach links und rechts fahren und sind mit Abstands-, Richtungs- und Drucksensoren ausgestattet, um auf ihre schlicht gestrickte Umwelt aus Klötzen und Fahrbahnmarkierungen reagieren zu können, ohne dass ein Fahrer benötigt wird. „Das Programmieren war schon recht kompliziert“, sagen Sidelya und Ecrin übereinstimmend. Ihnen habe die Arbeit zwar Spaß gemacht, doch beruflich wollen sie später nichts im Bereich angewandter Informatik machen.
„Wichtig ist jedenfalls, den Schülern Perspektiven für ihren künftigen Beruf zu zeigen“, sagt Robert Mews, denn viele würden gar nicht wissen, welche enorme Auswahl an Berufsfeldern es in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik gibt. Zu den Projektangeboten auf dem Forscher- und Entdeckertag gehören aber auch eher selten gewählte Berufe, wie die eines Archäologen: „Eine Gruppe von Schülern geht zu der Ausgrabungsstätte Reitbrake in Oslebshausen, wo ein früherer Friedhof für sowjetische Kriegsgefangene liegt“, sagt Robert Mews, „dort zeigt ihnen eine Archäologin, was in diesem Beruf zum Alltag gehört, welche Methoden man bei Ausgrabungen anwendet und wie man die Fundstücke auswertet.“ Beim Forscher- und Entdeckertag an der Neuen Oberschule Gröpelingen wird großer Wert auf Kooperation mit anderen Einrichtungen gelegt: Mit dem Zentrum für Marine Umweltwissenschaften (Marum) an der Universität Bremen zum Beispiel wird an einem Antrieb aus Brennstoffzellen für Autos gearbeitet, und mit den Makemedia-Studios am Landesinstitut für Schule (Lis) erhalten die Schüler Einblicke in Medientechnik: Sie lernen dabei, wie die Pixilation funktioniert, bei der Personen oder Gegenstände in Einzelbildschaltung gefilmt werden.

Muhammed (12, von links), Juliano (13) und Ani (13) schrauben ein Mobiltelefon auf und lernen dessen Innenleben kennen.
Projekte haben Anwendungsbezug
Einen starken Anwendungsbezug hat auch ein Projekt, bei dem Schüler ein Smartphone aufschrauben und zum ersten Mal das Innenleben eines Handys kennenlernen: „Die Geräte sind alle kaputt, zum Beispiel wegen eines Wasserschadens“, sagt Jasper Fleischhauer, der die Schülergruppe betreut, „die Teilnehmer werden zwar die Handys nicht reparieren können, doch sie erfahren mit eigenen Augen, was außer dem Prozessor an winzigen Kabeln und Schrauben in dem Gerät steckt“, sagt er. Etwa 30 verschiedene Metalle werden in einem Mobiltelefon verarbeitet, darunter auch seltene Erden oder Gold. „Repair Cafés, bei denen Handys wieder gebrauchstüchtig gemacht werden, nehmen an Bedeutung zu. So lernen die Schüler auch, welche Möglichkeiten sich zu mehr Nachhaltigkeit auftun“, sagt Robert Mews.
Dass Kunst und Chemie gemeinsame Wege gehen können, zeigt das Projekt mit dem doppelsinnigen Namen „Wir machen blau“: Bei der Cyanotypie werden edle Drucke produziert, indem saugfähiges Papier mit Objekten belichtet wird – so entstehen wunderbare Drucke in blauen Farben, zum Beispiel von Farnpflanzen oder Blüten.
Doch auch die Bildung für nachhaltige Entwicklung kommt beim Forscher- und Entdeckertag nicht zu kurz: Eine Schülergruppe erlebt mit allen Sinnen das umstrittene Palmöl, für dessen Gewinnung in großem Maßstab tropische Regenwälder abgeholzt werden. Palmöl findet sich nach Angaben des World Wildlife Fund (WWF) inzwischen in jedem zweiten Supermarktprodukt – von Creme über Lippenstift bis zu Keksen – und wird von den Schülern in seiner ganzen Verarbeitungsvielfalt kennengelernt.