„Jeder Bewohner der Freien Hansestadt Bremen hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Es ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden, die Verwirklichung dieses Anspruchs zu fördern“: So steht es in Artikel 14 der bremischen Landesverfassung. Dennoch leben hierzulande mehrere Hundert Menschen, die in Bushaltestellen, unter Brücken oder in Parks übernachten. Das Sozialressort geht von 500 bis 600 Wohnungslosen in Bremen aus.
Der im Januar gegründete und seit Ende März als gemeinnützig anerkannte Verein Obdachlosen Wohnraumhilfe will dafür sorgen, dass eines Tages niemand mehr auf der Straße leben muss. „Es gibt genug Menschen, die aufgrund von unglücklichen Umständen obdachlos geworden sind und sonst keine Probleme hätten – dadurch haben sie sie dann aber. Bei uns bekommen sie Wohnraum und können dort erst einmal wieder auf die Füße kommen – egal wie lange es dauert“, sagt der Vereinsvorsitzende Pete Ording, der schon vor der Vereinsgründung privat Obdachlose aufgenommen hat.
Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, Wohnungen und Häuser anzumieten – wenn möglich auch zu kaufen – und deren Räume jeweils mit eigenem Kühlschrank, Fernsehen und Internet an Obdachlose weiterzuvermieten. Die Mieten werden vom Amt gezahlt, mit dabei erwirtschafteten Überschüssen will der Verein nach und nach immer mehr Immobilien finanzieren. Und, so Ording: „Wir machen vor allem mit der Wohnraumhilfe auch eine Lebensbegleitung, soweit jemand dies wünscht und wir es können.“ Der Bedarf sei groß, ist der Vereinsgründer überzeugt: „Mit den Leuten, die suchen, würden wir 100 Objekte vollkriegen.“
Sein erstes Objekt konnte der Verein im März anmieten: Ein 110 Quadratmeter großes Haus im Ohlenhof-Quartier in Gröpelingen, in dem aktuell vier Männer und eine Frau wohnen. Die 40-Jährige hat seit 2018 auf der Straße gelebt und hat Ording vor einigen Wochen vor einem Supermarkt kennengelernt, wo sie die „Zeitschrift der Straße“ verkaufte. Jetzt, wo es kälter werde und auch die Corona-Pandemie noch nicht überstanden sei, habe sie das Angebot gerne wahrgenommen, erzählt sie: „Auch wenn Leute zu mir gesagt haben, ich soll mir das gut überlegen.“
Die Immobiliensuche war Fleißarbeit und der Fund in Gröpelingen Zufall: „Dieses Haus war ungefähr die 600. Anfrage, die ich losgeschickt habe“, erzählt Ording. Regelmäßig antwortet der ehemalige Jockey und gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann auf Immobilienangebote im Internet und fragt bei Eigentümern an, ob sie sich vorstellen könnten, ihre Häuser seinem Verein zu vermieten. „Vermieter, die das unterstützen wollen, gibt es fast gar nicht – unter 100 000 vielleicht einen“, hat er dabei erfahren.
In Gröpelinger war ein Eigentümer damit einverstanden, dass die Miete vom Amt kommt. Er musste allerdings einige Monate darauf warten, da die beim Jobcenter eingereichten Anträge auf Übernahme der Kosten für Unterkunft Ording zufolge nur schleppend bearbeitet und noch nicht alle bewilligt wurden: „Eigentlich müsste ich jetzt neue Objekte suchen – bin aber eher damit beschäftigt, mich mit dem Amt auseinanderzusetzen.“
Entmutigen lässt sich der 54-Jährige davon nicht. Vor mehreren Jahren hat er sich angesichts verschiedener sozialer Ungerechtigkeiten das Ziel gesetzt, Menschen ohne ein Dach über dem Kopf zu helfen. „Ich werde mit diesem Projekt erst aufhören, wenn weltweit kein Mensch mehr auf der Straße leben muss“, sagt er und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: „Das werde ich wahrscheinlich nicht mehr erleben.“
Weitere Informationen
Mehr Informationen unter www.obdachlosen-wohnraumhilfe.de.