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Schulwegsicherheit Demo gegen Elterntaxis in Sebaldsbrück

In Sebaldsbrück protestieren Kinder und Eltern gegen das Chaos durch Elterntaxis vor ihrer Schule. Sie fordern mehr Sicherheit auf dem Schulweg und die Einrichtung von Schulstraßen.
13.06.2024, 05:00 Uhr
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Demo gegen Elterntaxis in Sebaldsbrück
Von Christian Hasemann

Annähernd 20 Kinder der Grundschule Parsevalstraße stehen auf dem Gehweg und skandieren: "Wir wollen geh'n, lasst die Autos steh'n!". Das ist der Slogan mit dem die Kinder, Eltern und das Netzwerk Sicherer Schulweg auf ein Problem aufmerksam machen, das sich tagtäglich insbesondere vor Kitas und Schulen abspielt. Die sogenannten Elterntaxis.

An der Grundschule Parsevalstraße herrscht eine besondere Situation, denn sie liegt in einer Sackgasse und Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto zur Schule bringen, müssen am Ende der Straße wenden. Die Parsevalstraße wiederum mündet in die Kreuzung Vahrer Straße/Zeppelinstraße. Diese ist eher komplex und viel befahren.

Paradoxe Situation vor der Schule

"Das Paradoxe ist, dass es Eltern gibt, die ihre Kinder zu Fuß schicken würden, aber dann doch mit dem Auto kommen, weil sie Angst um ihre Kinder haben, weil diese mit Auto gebracht werden", bringt Silvia Schumacher vom Netzwerk, das sich unter anderem aus mehreren Schulen Hemelingens zusammensetzt, die oft auch wörtlich zu verstehende verfahrene Situation auf den Punkt. "Es wird wild geparkt, auf dem Fußweg, rücksichtslos", hat sie beobachtet.

Mit der Aktion möchte das Netzwerk für mehr Sicherheit vor den Hemelinger Grundschulen werben und Druck auf Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD) aufbauen. Konkret geht es der Arbeitsgruppe darum, in Hemelingen vor Grundschulen sogenannte Schulstraßen einzurichten. Zu Beginn und zum Ende des Schultages können solche Straße für den Verkehr zeitweise gesperrt werden.

Das Netzwerk hatte dafür im Hemelinger Beirat einen Bürgerantrag eingereicht und sich dabei auf das Verkehrsgutachten des Berliner Verkehrsforschers Olaf Dilling bezogen, der die Regelungen in der aktuell gültigen Straßenverkehrsordnung (StVO) für ausreichend hält. In Auftrag gegeben wurde die Studie von Kidical Mass, dem Verkehrsclub Deutschland und dem Kinderhilfswerk Deutschland. Das Verkehrsressort hingegen hat zumindest für den jetzigen Zeitpunkt die Ausweisung von Schulstraßen abgelehnt.

Schulstraßen in NRW als Vorbild

Das Netzwerk bezieht sich auch auf Nordrhein-Westfalen. Dort ist per Erlass geregelt, in welcher Form Schulstraßen mit zeitlich beschränktem Fahrverbot eingerichtet werden können. Möglich ist dies auch in Form eines Verkehrsversuchs. Bedingung ist, dass die Straßenverkehrsbehörde in der betreffenden Straße eine "einfache Gefahrenlage" sieht.

Allerdings gibt es Einschränkungen. Demnach sind Schulstraßen nicht auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen möglich, weil diese eine überörtliche Funktion haben. Auch Haupterschließungsstraßen in Wohngebieten scheiden als Schulstraßen aus. Bei einer dauerhaften Einrichtung sind laut Erlass auch Schranken und versenkbare Poller möglich.

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Die Arbeitsgruppe fordert nun so einen Verkehrsversuch auch für Hemelingen. "So könnte man zumindest schon mal einsteigen", sagt Elisabeth Laß (Grüne) vom Hemelinger Beirat. Nicht nachzuvollziehen sei es, dass noch nicht mal ein Versuch gestartet würde, ergänzt Schumancher. "Wir wollen dran bleiben und es soll noch jemand aus der senatorischen Behörde in den Beirat kommen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen", hofft Laß. Die Aktionen sollen jedenfalls auch an den anderen Hemelinger Schulen weiterlaufen.

An diesem Tag soll für die Elterntaxis direkt an der Einmündung Schluss sein. Dort stehen Mitglieder des Netzwerks und verteilen an die Eltern Flyer und bitten sie, in unmittelbarer Nähe zu halten. Jetzt zum Nachmittag mit nicht eindeutigem Erfolg. Ein Vater fährt nach kurzer Diskussion weiter – gesperrt ist die Straße nicht – andere suchen sich tatsächlich einen anderen Haltepunkt. Und wiederum andere kommen direkt mit dem Fahrrad, nachdem sie bereits morgens auf die Aktion aufmerksam wurden. Wie die Reaktion des Fahrers war? "'Keine Zeit, habe noch einen Termin', hieß es", sagt Schumacher.

Polizei: "Immer wieder das gleiche Problem"

Stephan Rother ist Kontaktpolizist (Kop) in Hemelingen und sorgt an diesem Tag dafür, dass alles sicher abläuft. Zu seinen Aufgaben als Kop gehört auch, Eltern und Schüler für die Gefahren im Straßenverkehr zu sensibilisieren. "Es ist immer wieder das gleiche Problem", sagt er. "In Spitzenzeiten sind es 26 Elterntaxis, die ich auch anspreche."

Seit vier Jahren ist er dabei und jedes Jahr mit Schulbeginn gehe es von vorne los. "Das gehört eben zur Schulwegsicherung dazu." Was sagen die Angesprochenen? "Manche sagen Zeitdruck, andere sagen, dass sie auf dem Weg zur Arbeit seien. Sie versuchen sich mit Ausreden, das Verhalten schön zu reden." Letztlich sei das Problem aber auch stark Wetter- und von der Jahreszeit abhängig.

Am Nachmittag verläuft sich die Aktion, die Kinder gehen nach Hause, es ist Wochenende. Am Montag ist wieder Schule, da treffen sie sich wieder: Die Kinder, die zu Fuß kommen, und die Generation Rücksitz, die im Auto sitzen muss.

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