Es ist eine Ortsmarke, ortsbildprägend würden einige sagen: das Walter-Kott-Haus an der Hastedter Heerstraße/ Ecke Malerstraße in Hastedt. Das "ortsbildprägend" nicht immer auch "gefällig" heißt, haben in den vergangenen 50 Jahren täglich Tausende Autofahrer und Passanten erfahren, denn das wuchtige Gebäude mit der vorgehängten Waschbetonfassade drängt sich beinahe bedrohlich auf. Doch damit soll bald Schluss sein: Die Eigentümer bauen das Haus zu einem Wohngebäude um.
In der Architektur ist der Stil des Walter-Kott-Hauses auch als "Brutalismus" bekannt. Darunter verstehen Bau-Ästheten einen Baustil, der vor allem auf Baustoffe wie Stahl und Beton setzt und diese markant, zum Beispiel als Sichtbeton, in Szene setzt.

Es hängen nur noch Teile der Waschbetonfassade am Walter-Kott-Haus.
Grauer Beton nicht mehr zeitgemäß
Aus dem Baustoff Beton leitet sich auch der Stilname ab, der mitnichten Bezug auf das deutsche Adjektiv "brutal" nimmt, sondern auf das französische "béton brut" zurückgeht, was so viel wie "roher Beton" heißt. Was in den vergangenen Jahrzehnten als roh und authentisch bezeichnet wurde, ist inzwischen in die Jahre gekommen und wird eher mit negativen Vokabeln umschrieben.
Seit 2021 ist das Gebäude in der Hand des Bauunternehmens KWG Erste aus Norderfriedrichskoog in Schleswig-Holstein. Dessen Geschäftsführer sieht großes Potenzial in dem Gebäude. "Wir haben die Entwicklungsmöglichkeiten erkannt", sagt Geschäftsführer Willi Heise über den Kauf. Annähernd 7500 Quadratmeter Grundfläche weise das Bürohaus auf. "Mit entsprechenden Stellplätzen im Gebäude", ergänzt Heise.
Auf die Frage, ob er lange überlegen musste, ob er das Gebäude zu einem Wohnhaus umbauen oder weiter als Gewerbeimmobilie nutzen möchte, hat Willi Heise eine kurze, prägnante Antwort: "Nein, wir machen Wohnungsbau", sagt er. "Man kann hier ein sehr interessantes Gebäude schaffen, das zeitgemäß ist." Nach dem Umbau sollen statt Büros 84 barrierefreie und altersgerechte Wohnungen in dem Gebäude zur Verfügung stehen. "Die Betriebe im Erdgeschoss werden erhalten", ergänzt Heise. Derzeit sind dort ein türkisches Restaurant und eine Druckerei Mieter.

Architekt Axel Zimmermann und die Vertreter der Eigentümer Willi Heise und Hatice Ersoy.
Herausforderungen beim Umbau
Im Inneren des voll untergekellerten Gebäudes, das Anfang der 70er-Jahre gebaut wurde, sind viele der sieben Etagen schon freigeräumt. Teilweise sind nur noch die tragenden Stahlbeton-Träger zu erkennen. Auch die Fassade ist größtenteils abgebrochen. 3,8 Tonnen wiegen die einzelnen Fassadenteile, die mit dem Kran vorsichtig nach unten gelassen werden müssen. Keine einfache Aufgabe, denn das Baufeld ist sehr eng, es gibt nur wenig Bewegungsspielraum.
Und es gibt weitere Herausforderungen für den Umbau. Die exponierte Lage an der Hastedter Heerstraße, die Straßenbahn und mit Einschränkungen auch die Eisenbahn bringen eine starke Lärmbelastung mit sich. Spezielle Lärmschutzfenster sollen den Krach aus den Wohnungen halten. "Da wird eine komplett neue Fassade vorgestellt, mit Schall- und Sonnenschutz", erklärt Architekt Axel Zimmermann vom Architekturbüro AJP. Dazu komme eine entsprechende Lüftungstechnik. "Und wir wollen Qualität schaffen mit Austrittbalkonen in den meisten Wohnungen", sagt Zimmermann. Die Wohnungen sollen zwischen 45 und 130 Quadratmeter groß sein. Mit Wärme wird das Walter-Kott-Haus künftig über das Fernwärmenetz versorgt.
Weiterer Vorteil des Gebäudes: Die hohen Decken erlauben größere Deckenhöhen in den Wohnungen, gleichzeitig lassen sie genügend Raum, diese abzuhängen – das ist nötig, um die neuen Versorgungsleitungen, zum Beispiel für die Bäder, unsichtbar verlegen zu können.
Stadtplanung eingebunden
Weil das Gebäude in exponierter Lage steht, hat es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Eigentümern und der Bremer Stadtplanung gegeben. Eigentümer Willi Heise und Architekt Axel Zimmermann sprechen von einer sehr guten Zusammenarbeit mit der Stadt. Letztlich konnten Eigentümer und Architekt mit ihrem Entwurf offenbar überzeugen. "Wir sind relativ schnell zu einer Einigung gekommen", erklärt Zimmermann. Und: "Wir sind sehr zufrieden mit dem Ablauf." Das Gebäude sei sehr wichtig für den Stadtteil. "Man kann es schon von Weitem erkennen, deswegen das große Interesse an der Gestaltung", sagt Zimmermann.
Überraschend unproblematisch ein anderer Aspekt, der beim Wohnungsneubau insbesondere in der umgebenden Nachbarschaft immer wieder zu Fragen führt: die Parkplatzsituation. Über 100 Stellplätze stehen für die künftigen Mieter im Keller des Gebäudes zur Verfügung – beinahe ideal, wie auch die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr kaum besser sein könnte: Die Straßenbahn hält vor der Tür, der Weg zur Autobahn ist kurz und mit den Bahnhöfen Föhrenstraße Oben und Unten entsteht einer der größten Eisenbahn-Knotenpunkte Bremens nur wenige Hundert Meter weiter entfernt. 2024 soll der Umbau abgeschlossen sein.
Mit der Sanierung des Walter-Kott-Haus in Hastedt wird ein Trend in der Bauwirtschaft deutlich, der in der Politik unterstützt wird: der Umbau von Büro- und Industriegebäuden zu dringend benötigtem Wohnraum. Ein Beispiel dafür ist der Umbau des Bundeswehrhochhauses in der Innenstadt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Durch die Umnutzung wird einerseits Energie gespart, auf der anderen Seite sinkt der Flächenverbrauch – bis 2050 soll dieser in Deutschland auf Netto-Null sinken, das heißt es dürfen dann nur noch Flächen in dem Maße versiegelt werden, wie andere entsiegelt werden.
Der Name des Hauses leitet sich offenbar von einem Bremer Unternehmer ab. Das Archiv schweigt sich zur Historie allerdings aus, einzig ein Insolvenzeintrag Mitte der 70er-Jahre verweist auf das Unternehmen.