Was verbirgt sich hinter Begriffen wie Sandarium, Lehmsenke oder Sonnenfalle? Sie bezeichnen Elemente, die Vielfalt in den neuen Insektenschaugarten des BUND bringen sollen. Ein Sandarium ist vermeintlich nur eine Sandfläche, doch in dem feinen, lockeren Substrat legen zahlreiche Wildbienen ihre Brutröhren an. Eine Lehmsenke bringt eine stets nasse Stelle in den Garten, und eine Sonnenfalle als südexponierter Standort spendet Licht und Wärme für Insekten, die höhere Temperaturen bevorzugen.
Nahe am Weserwehr hat der BUND Bremen auf 800 Quadratmetern einen neuen Insektenschaugarten eröffnet. An dem Projekt waren die Regionalgruppe Weser-Ems des Naturgartenvereins und der Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Niedersachsen-Bremen als Kooperationspartner beteiligt.
„Nur fünf Wochen haben rund 20 Auszubildende aus dem Gartenbau gebraucht, um die großen Mengen von Erdmassen, Steinen und Baumstämmen hin und her zu bewegen“, berichtet Heike Schumacher vom BUND, die das Projekt initiiert hat. Dazu stellten zehn Gartenbaufirmen ihre Auszubildenden unentgeltlich tage- oder wochenweise für den Bau von Wegen, Beeten, Steinmauern und vielem mehr zur Verfügung.
Erste Ideen 2018 gesammelt
Allerdings hatte das Projekt eine weit längere Vorlaufzeit: „Im Jahre 2018 wurden die ersten Ideen gesammelt“, berichtet Martin Rode, Geschäftsführer beim BUND Bremen, „und anschließend kamen viele Experten zusammen, deren Vorschläge schließlich in einem präzisen Plan integriert wurden. Das Weserkraftwerk Bremen stellte die Fläche für den Garten zur Verfügung, und finanziert wurde das Vorhaben von der Postcode Lotterie, der Umweltsenatorin, vom Umweltbetrieb Bremen sowie von vielen weiteren Stiftungen, Betrieben und auch Privatpersonen.“ Mehr als 1 500 Wildpflanzen und ebenso viele Blumenzwiebeln wurden bereits in verschiedenen Themenbeeten gepflanzt, auch wenn derzeit noch nicht allzu viel von ihnen zu sehen ist. Insgesamt stehen mehr als 150 Wildpflanzenarten bereit, die für Insekten Pollen und Nektar, aber auch frische grüne Biomasse liefern sollen. Besonders wichtig: Der Garten ist mit heimischen Pflanzenarten bestückt. Denn viele Insektenarten haben sich an die Flora unserer Region angepasst – was bei exotischen Gartenpflanzen nicht der Fall ist.
„Mit dem Insektenschaugarten möchte der BUND vor allem für Laien umsetzbare Handlungsmöglichkeiten gegen das Insektensterben aufzeigen,“ sagt Heike Schumacher, „der Garten ist jederzeit geöffnet, und auch im November lässt sich dort vieles entdecken.“ Ein neuer Arbeitskreis beim BUND wird sich intensiv um den Insektenschaugarten kümmern. „Die ehrenamtlichen Mitarbeiter werden häufig vor Ort sein und damit auch eine Art sozialer Kontrolle ausüben, wenn zum Beispiel Vandalismus droht oder Hunde im Garten ihr Geschäft machen wollen“, sagt Michael Kinder vom Naturgartenverein. Er und Ehefrau Sabine haben maßgeblich an der Planung des Gartens mitgewirkt. Michael Kinder führt am Eröffnungstag eine große Schar von Gästen durch das Gelände: Von der Steinklee-Natternkopf-Flur mit demnächst hoch aufschießenden Pflanzen über ein Beet mit wärmeliebenden Wegrandbegleitern, wie Storchschnabelarten, bis zu einer Zone, in der Wiese, Saum und Gehölze eng aneinander grenzen. In diesem Bereich sollen zum Beispiel Weiden und Berberitzen in Nachbarschaft zu Fingerhut oder Knoblauchsrauke blühen. „Denn viele Schmetterlingsarten, wie der Aurorafalter, brauchen ein solches Nebeneinander mehrerer Biotope“, erklärt Kinder, „sie nutzen die Kräuter der Wiese und brauchen zugleich den Windschutz von Gehölzen.“ Zum Insektenschaugarten gehören aber auch ein Rosenbeet mit ungefüllten Blüten, ein Heidebeet mit Besenheide, Ginster oder Bergwohlverleih und nicht zuletzt zahlreiche liegende Baumstämme und Steine, die aus der Region stammen. Schon von weitem sind hoch aufragende Baumstämme im Garten auffällig. „Sie wurden mit zahlreichen Bohrlöchern versehen, um Holz besiedelnden Insekten Brutmöglichkeiten zu bieten“, sagt Michael Kinder.
Doch der Insektengarten soll nicht nur Gartenbesitzern Anregungen geben, selbst für den Insektenschutz aktiv zu werden – als Erlebnis- und Lernort werden in ihm künftig auch Führungen und Veranstaltungen zum praktischen Insektenschutz angeboten. „Außerdem erhalten Auszubildende im Bereich Gartenbau Anschauung vor Ort, wie man einen insektenfreundlichen Garten anlegen kann“, sagt Martin Rode, „und in ihrem späteren Beruf können sie dieses Wissen umsetzen und weitergeben.“ „Auch Kinder sind willkommen, auch wenn dies kein Spielplatz ist“, sagt Heike Schumacher, „wenn zum Beispiel von einem der Baumstämme in die Beete gesprungen wird, würden die Pflanzen das nicht überleben.“ Auch die Sandfläche unter den hohen Baumstämmen sei verlockend als potenzielle Sandkiste, doch solche Störungen sind unvereinbar mit der erfolgreichen Brut empfindlicher Hautflügler, so Schumacher.
„Städte wie Bremen können Orte des Artenreichtums sein“, sagt Martin Rode, „und mit der Gestaltung dieses Schaugartens wollen wir aktiv etwas gegen das gegenwärtige Insektensterben tun. Denn vor allem private Gärten und Vorgärten sind Räume, in denen viel für den Schutz von Insekten getan werden kann.“
Weitere Informationen zum Insektenschaugarten auf www.bund-bremen.net.