Eigentlich wollte Hendrik Ruchel Hotelfachmann werden, und nicht Bäcker, wie sein Vater und sein Großvater. Während seiner Ausbildung in Hamburg merkte er allerdings schnell, dass das Hotelgewerbe nichts für ihn war. „Ich habe wohl doch Mehl im Blut“, sagt er. Er kehrte Hamburg den Rücken und begann eine Bäckerlehre – erst beim Großvater, dann bei seinem Vater, Peer Ruchel. Von dem hat der 27-Jährige jetzt den Schlüssel für die mittlerweile drei Bäckerei-Filialen überreicht bekommen, um den Betrieb gemeinsam mit seinem Onkel Dennis Otten weiterzuführen.
Die Bäckerei besteht seit 114 Jahren, erzählt Peer Ruchel. Er selbst höre nun nach 30 Jahren auf. Dass es mit den Filialen Am Brahmkamp, an der Scharnhorststraße in Schwachhausen und an der Borgfelder Heerstraße weitergehen würde, sei zuletzt alles andere als gewiss gewesen, erzählt er. Die Energiekrise habe dem Handwerksbetrieb schwer zu schaffen gemacht. So schwer, dass Peer Ruchel dem Bürgermeister geschrieben hat, um ihm seine Not zu schildern.
Regelmäßiger Austausch
„Ich kann mich noch wie heute an die erste Nachricht von Peer Ruchel erinnern“, erzählt Andreas Bovenschulte (SPD). „Er habe schon viele Krisen erlebt, schrieb er mir, und alle überstanden, sogar Corona. Aber jetzt habe er angesichts der explodierten Energiepreise keinen Funken Hoffnung mehr, dass die Bäckerei noch zu retten sei, dass er sie tatsächlich, wie vereinbart, in ein paar Jahren in jüngere Hände geben könne. Dabei habe er das mit seinem Sohn Hendrik doch fest vereinbart gehabt.“ Das sei der Anfang eines regelmäßigen Austauschs gewesen, in dem er viel über das Handwerk gelernt habe, so Bovenschulte. Unter anderem, wie die Energiekosten einen Bäckereibetrieb in Schwierigkeiten bringen können, und was Politik tun muss, um das Handwerk zu unterstützen, erzählt der Bürgermeister. Mit seinen Schilderungen habe Ruchel ihn damals in der Absicht bestärkt, sich für eine Energiepreisbremse stark zu machen. „Zwischen uns beiden hat sich im Laufe der Zeit eine freundschaftliche Verbundenheit entwickelt. Deshalb freut es mich umso mehr, dass die Bäckerei die Energiepreiskrise überstanden hat und mit Hendrik Ruchel jetzt die nächste Generation übernimmt.“
Die Verantwortung für den Laden alleine zu übernehmen, war für den jungen Bäckermeister anfangs allerdings ein Gedanke, der ihm nicht behagte, erzählt er. Da traf es sich gut, dass sein Onkel, Bäckermeister Dennis Otten, Interesse signalisierte, die insgesamt vier Filialen beider Familien zusammenzulegen, und sich die Verantwortung zu teilen. Der 52-Jährige arbeitete viele Jahre auf See und zuletzt sieben Jahre in Dubai, bevor er 2011 die Bäckerei Schroeder in Walle übernahm. Hier liegt der Schwerpunkt inzwischen auf dem Backen von Broten, während Neffe Hendrik Ruchel in Horn-Lehe vor allem Brötchen und Torten produziert. Als Namen für den gemeinsamen Betrieb haben sich Onkel und Neffe auf Bäckerei Schroeder geeinigt.
Dass sie einmal an diesem Punkt stehen würden, war während der Energiekrise streckenweise allerdings kaum noch denkbar, erinnert sich Ruchel. „Wir haben in dieser Zeit eigentlich nur noch für die Nebenkosten gearbeitet“, erzählt er. Unterm Strich sei es die Kundschaft gewesen, die den Betrieb in dieser Zeit über Wasser gehalten habe. „Das Ladengeschäft lief weiterhin gut, das hat uns gerettet“, betont Ruchel. Einen Mitarbeiter habe sein Vater während der Krise allerdings schweren Herzens entlassen müssen. Einige Monate später, als sie aus dem Gröbsten raus waren, hätte er ihn gerne wieder eingestellt, aber da hatte der Mitarbeiter bereits zur BSAG gewechselt, erzählt Ruchel.