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Grundschule Horn Verkehrschaos vor Unterrichtsbeginn

Morgens kurz vor Schulbeginn in Horn: Kinder sind zu Fuß, mit dem Roller oder auf dem Fahrrad auf dem Weg zur Schule. "Eltern-Taxis" sorgen für zusätzliches Chaos. Und was wurde aus dem "Schulexpress"?
03.03.2022, 06:00 Uhr
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Von Silja Weißer
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Die Reflektoren an den Ranzen tanzen hin und her. Eine Horde Kinder, die einen mit, die anderen ohne Leuchtweste, bewegt sich allmorgendlich in Richtung Grundschule an der Horner Heerstraße. Zu Fuß, mit dem Roller oder auf dem Fahrrad. In Gruppen, begleitet von den Eltern, einige ältere Schüler und Schülerinnen allein. Dazwischen klingeln sich Jugendliche den Weg auf der einzigen Zufahrtsstraße zur Schule frei, um zur anliegenden Oberschule an der Ronzelenstraße zu gelangen. Das normale Chaos um kurz vor acht.

Was Eltern dazu bewegt, ihre Sprösslinge in diesem Durcheinander bis vor die Schultür der Grundschule zu fahren, ist für Sebastian Scholze, Elternbeiratssprecher der Schule, ein Rätsel. Mehr noch. Ein absolutes Ärgernis. Das Problem der sogenannten „Eltern-Taxis“ sei kein neues, doch in letzter Zeit habe es ein neues Ausmaß angenommen, bedauert Scholze, der viele Gründe für diesen Zustand nennt.

Warum bringen jetzt mehr Eltern ihre Kinder bis vor die Schultür als früher?

Der Austausch unter den Eltern und das Bilden von Fahrgemeinschaften seien in Corona-Zeiten vielfach auf der Strecke geblieben. Weihnachtsfeiern, Einschulungen, Schulfeste, Elternabende – die Gelegenheiten, bei denen sich Eltern kennenlernen und eventuell feststellen, dass ihre Kinder den gleichen Schulweg haben, hätten sich nicht wie gewohnt ergeben.

In persönlichen Gesprächen mit den Müttern und Vätern, die morgens nicht wie andere mit ihren Autos in die parallele Ronzelenstraße oder auf den Lestra-Parkplatz ausweichen, habe er erfahren, dass oft die Bequemlichkeit eine Rolle spiele. „Das Kind auf dem Weg zur Arbeit eben mal ausladen und weiter“, sei zwar eine zeitsparende Sache, die aber auf Kosten der Sicherheit der anderen Kinder gehe.

Wo entstehen gefährliche Engpäss

Etliche der 340 Schülerinnen und Schüler der Schule bewegen sich aus Richtung Ronzelenstraße mit dem Fahrrad oder zu Fuß auf das Schulhaus zu. Eltern, die ihre Kinder bis vor die Eingangstür bringen, müssen hier wenden und durch den Strom der von zwei Seiten ankommenden Schüler zurück zur Hauptstraße fahren.

„Es sind keine Unmengen, aber manche Eltern drehen hier ihre Runden und nutzen den Wendekreis wie einen Drive-in“, berichtet Schulleiter Stephan Menne. Das große Banner eingangs des Stichwegs mit dem Hinweis „Autofreie Schule“, schrecke leider Lieferanten der Schule ab, nicht aber Mütter und Väter von ihrem Bringdienst bis auf den letzten Meter.

Was wurde bisher unternommen?

Seitens der Schule seien vergeblich Versuche gestartet worden, diesen Zustand zu ändern. In den 1. Klassen würden die Wege zur Schule mit all ihren Gefahrenpunkten im Rahmen der Verkehrserziehung abgelaufen, berichtet Menne. Auf Elternabenden sei das Thema ebenfalls immer wieder an der Tagesordnung, und auch Haltestellen-Zeichen auf dem Bürgersteig hätten keinen großen Erfolg gezeigt.

Bereits vor zwölf Jahren hat die Polizei zum Projekt „Schulexpress“ an allen Schulen aufgerufen, an dem viele Bremer Schulen teilnehmen. Sie haben im Umfeld der Schulen Haltestellen eingerichtet, an denen sich die Kinder treffen und von dort aus gemeinsam zur Schule gehen können. „Gelbe Füße“, auf den Gehwegen gesprühte gelbe Fußabdrücke, dienen als Hinweise für die Sammelpunkte der Geh-Gemeinschaften. Diese würden im Frühjahr erneuert, kündigt Polizei-Pressesprecherin Franka Haedke an.

Warum ist das Projekt „Schulexpress“ eingeschlafen?

„Doch die meisten kennen die Bedeutung gar nicht“, bedauert Jens Kaup, Kontaktpolizist für den Bereich Horn. Auch das sei Corona geschuldet, vermutet Schulleiter Menne, warum das Projekt in letzter Zeit ein wenig eingeschlafen ist. Mit den neu eingeschulten Kindern werde zeitnah eine Schulwegbegehung unternommen, um die Zahl der Eltern-Taxis zu reduzieren“, erklärt Haedke und weist darauf hin, dass die Zufahrt zur Grundschule nur für Anlieger freigegeben ist.

Plant das Amt für Straßen und Verkehr weitere Maßnahmen?

Die Grundschule an der Horner Heerstraße sei mit ihrem schmalen Zufahrtsweg diejenige in ihrem Umfeld mit dem deutlich schwierigsten Schulweg, urteilt Kaup. Den Kontaktpolizisten wundert es, dass in den vergangenen 13 Jahren, die er den Posten als Kontaktpolizist inne hat, nur ein Unfall zu verzeichnen war, bei dem ein Radfahrer einen Fußgänger angefahren hat.

Auch für die Stadt ist das Problem nicht neu. Vor und in der Stichstraße wurde Tempo 30 eingeführt. „Weitere Maßnahmen sind hier vorerst nicht geplant“, berichtet Andrea Voth vom Amt für Straßen und Verkehr.

Warum lassen viele Eltern ihre Kinder nicht alleine gehe?

Manche trauten ihren Kindern schlicht keine, auch noch so kurze Strecke im Alleingang zu, bedauert Menne, der neben einer Verkehrsberuhigung weitere Vorteile darin sieht, wenn noch mehr Kinder ihren Schulweg in Eigenregie meistern würden. Stärkung des Selbstbewusstseins, das Fördern sozialer Kontakte, Kondition, nennt er nur einige Stichpunkte. Menne appelliert an die Eltern, die Schulwege ab der 1. Klasse mit den Kindern abzulaufen, um sie für eventuelle Gefahrenstellen zu sensibilisieren.

Besonders der Knotenpunkt an der Bedarfsampel, an der nicht selten rasant vorbeipreschende Radfahrer ignorieren würden, dass die Rotphasen auch für sie gelten, habe sich zusammen mit dem Autoverkehr zu einem Gefahrenpunkt entwickelt, warnt Scholze.

Wie geht es nun weiter?

Für die nahe Zukunft sieht der Elternbeiratssprecher schwarz, denn mit dem geplanten Bau einer neuen Kita neben der Grundschule sowie einer Mensa und Turnhalle auf dem Gelände der Ronzelenschule werde die Verkehrssituation noch angespannter. Erst würden über Monate und Jahre Baufahrzeuge das Verkehrsaufkommen erhöhen. Nach Fertigstellung der Kita befürchtet Scholze noch mehr Eltern-Bringdienste als bislang.

Vielleicht müsse dann doch über den mehrfach verworfenen Plan nachgedacht werden, die Einfahrtsstraße mit einer Schranke zu versehen, überlegt Kontaktpolizist Kaup. Dieses Projekt sei bislang immer wieder verworfen worden - aus Rücksicht auf die Anwohner der Stichstraße und weil zu befürchten sei, dass viele Autofahrer sich Wochen auf die neue Situation einstellen müssten. Kaup bedauert: „Dann müssten wir über Monate einen Schutzmann an der Einfahrt postieren, um den Verkehr zu regeln. Das lässt sich personell nicht leisten.“

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