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Stadtteil Finanzen Leiterin Eva Bärwolf geht: Sorge um das Jugendhaus Horn

Bis Leiterin Eva Bärwolf in Rente geht, ist das Team des Jugendhauses Horn personell gut aufgestellt. Aber wie es mit der derzeitigen Finanzierung weitergehen soll, bereitet allen Sorge.
30.10.2023, 05:00 Uhr
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Von Maren Brandstätter

Rente war für Eva Bärwolf bislang ein eher abstrakter Begriff. „Und jetzt ist es plötzlich nur noch ein Jahr hin“, sagt die Leiterin vom Jugendhaus Horn. Dem Termin sieht sie mit gemischten Gefühlen entgegen. Die Vorstellung, mehr Zeit für sich zu haben, findet sie durchaus reizvoll. Präsenter ist allerdings zurzeit ihre Sorge, wie es im Jugendhaus dann personell weitergeht.

Im Moment ist das Team im Jugendhaus relativ gut aufgestellt – zumindest deutlich besser als noch Anfang des Jahres. Seit Mai verstärkt Lydia Sander das Team, erzählt Bärwolf. In Vollzeit arbeite allerdings niemand von ihnen. Bis Ende April haben Denis Kedzierski und Eva Bärwolf die Arbeit rund anderthalb Jahre zu zweit gestemmt. „Das war absolut grenzwertig“, erzählt Kedzierski. Im Krankheits- oder Urlaubsfall habe das bedeutet, alleine dafür verantwortlich zu sein, dass im zweistöckigen Jugendhaus nichts aus dem Ruder läuft. „Diese Zeit hat uns sehr viel Substanz gekostet,“ sagt er.

Dass diese Zeit wiederkommen könnte, ist im Moment das große Thema, das die beiden Mitarbeiter umtreibt. Denn bewilligt ist die Stelle ihrer neuen Kollegin nur bis April kommenden Jahres. Das liegt daran, dass sie von der Stadt gesondert finanziert wird – im Rahmen von Zuwendungen für institutionelle Einrichtungen, heißt es vom Träger Petri und Eichen. Daher müsse die Stelle nach einem Jahr neu beantragt werden. Ob es klappt oder nicht, werde sich aber erst im kommenden Februar herausstellen.

Sozialindex des Stadtteils

Als Eva Bärwolf im Sommer 2007 im Jugendhaus angefangen hat, hatte es für die Einrichtung gerade den großen finanziellen Einschnitt gegeben, erzählt sie. Die Budgets wurden fortan nach Sozialindex des jeweiligen Stadtteils berechnet, und das habe für das Jugendhaus im gutbürgerlichen Horn-Lehe massive Kürzungen bedeutet. Erschwerend hinzu kämen die trotz steigender Nebenkosten seit Jahren eingefrorenen Mittel für offene Jugendarbeit (OJA). „Das Argument des reichen Stadtteils kann ich langsam nicht mehr hören“, betont Bärwolf. Schließlich stehe das Jugendhaus inmitten einer Hochhaussiedlung, und es kämen Kinder und Jugendlichen mit vielschichtigen Problemlagen zu ihnen – seit einiger Zeit auch aus benachbarten Stadtteilen.

Das Argument des reichen Stadtteils kann ich langsam nicht mehr hören.
Eva Bärwolf, Leiterin des Jugendhauses Horn

Ein Blick auf ihre Anfänge im Jugendhaus belege ebenfalls, dass es sich hier keineswegs um ein einfaches Pflaster handele. Bärwolf erinnert sich beispielsweise an eine kriminelle Clique, die damals höchst aktiv im Quartier war. Es habe immer wieder eingeschossene Scheiben im Jugendhaus gegeben, und der zivile Jugendeinsatzdienst sei regelmäßig vor Ort gewesen. Und dann war da die Brandstiftung 2010, als ein Teil des Jugendhauses abbrannte, erzählt sie. Die Täter seien nie gefasst worden. Damals sei ihr häufig mulmig gewesen, wenn sie abends als Letzte das Jugendhaus verlassen habe.

Zulauf merklich verstärkt

Die Themen, mit denen die Mitarbeiter des Jugendhauses konfrontiert werden, sind laut Bärwolf heute im Wesentlichen dieselben wie damals. „Die Lebensfragen, mit denen die Jugendlichen zu uns kommen, sind ähnlich“, sagt sie. „Medienabhängigkeit ist allerdings noch als weiteres Feld dazugekommen, und natürlich haben die Einschränkungen während der Corona-Pandemie deutliche Spuren hinterlassen.“ Das sei vermutlich auch der Grund, weshalb sich der Zulauf im Jugendhaus merklich verstärkt habe, seit die Corona-Auflagen aufgehoben wurden.

Natürlich haben die Einschränkungen während der Corona-Pandemie deutliche Spuren hinterlassen.
Eva Bärwolf, Leiterin des Jugendhauses Horn

Dass die derzeitige Finanzierung der Einrichtung nicht länger haltbar ist, will das Team Anfang November im Jugendhilfe-Ausschuss zur Sprache bringen. Im Sozialausschuss des Horn-Leher Beirats haben sie ihre schwierige Situation kürzlich ebenfalls geschildert – und breite Unterstützung bekommen. In einem Haushaltsantrag hat der Beirat daraufhin geschlossen gefordert, die personelle Ausstattung im Jugendhaus zu verbessern.

Der Stadtteil stehe angesichts des hohen jährlichen Durchschnittseinkommens selten bis gar nicht im Fokus von Sozialpolitik – ungeachtet verdeckter Armut und der tatsächlichen Bedürfnisse eines Teils seiner Einwohner. Zur Sicherung eines kontinuierlichen Angebots im Jugendhaus müsse das Personal daher zwingend aufgestockt werden. Der Beirat fordere deshalb eine personelle Ausstattung im Umfang von drei Vollzeitstellen.

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